So hätte Google in der Vorzeit des Internets funktioniert. Man gibt seinen Suchbegriff in das vorgegebene Textfeld ein und schickt die Karte dann auf dem Postweg los. Bis zu 30 Tage kann es dauern, bis man dann die gewünschte Auskunft erhält, heißt es auf der Karte, die ich übrigens von Frank Tentler zugeschickt bekommen habe.
Ich vermute, wenn ich so eine Karte vor fünf Jahren bekommen hätte, wäre die Aufmerksamkeit nicht sehr groß gewesen. Ganz abgesehen davon, dass es solche Karten nicht gegeben hätte. Heute aber hat sie etwas Besonderes, genauso wie persönlich an einen gerichtete Weihnachtskarten. Von Susanne und Norbert habe ich zum Beispiel eine bekommen, das Foto auf der Vorderseite selbst geschossen (danke dafür!!).
Tatsache ist: nachdem die digitale Kommunikation sich in (fast) allen Bereichen durchgesetzt hat, schlägt das Pendel anscheinend wieder um. Haben Sie in der Vorweihnachtszeit alle Mails mit Weihnachtsgrüßen samt Anhängen geöffnet? Und wie ist das außerhalb der Weihnachtszeit? Reagieren Sie noch auf Mails, in denen Sie beispielsweise zu Veranstaltungen eingeladen werden? Verlangen solche Mails überhaupt noch nach einer Reaktion? Oder akzeptiert man sie als notwendiges Übel, auf das man am besten gar nicht mehr reagiert?
Was bedeutet das für den Kunst- und Kulturbereich, der erst gerade dabei, sich an die Kommunikation im Web 2.0 zu gewöhnen? Macht es überhaupt Sinn, die eigenen Veranstaltungen via Facebook und Xing zu bewerben? Oder sind wir auf dem Weg zurück zur Karte bzw. zum Brief?
Nina Simon macht da auf ihrem Blog Museum 2.0 eine ganz interessante Feststellung. In dem Beitrag “Dear Jack, Dear Snoopy: Using Letter-Writing for Visitor Response” schreibt sie:
“I’ve been collecting stories and images of really effective visitor-response stations for awhile now, and I’ve noticed an intriguing trend: exhibits that invite visitors to write a letter to someone, especially with a typewriter, tend to yield elaborate and interesting responses.”
Ihre drei Beispiele zeigen, wie es Museen gelungen ist, über den klassischen Brief mit den BesucherInnen ins Gespräch zu kommen. In allen drei Fällen bekamen die Museen ungewöhnlich viele Rückmeldungen in Form von Briefen. Simon nennt vier Gründe, die zum Erfolg der beschriebenen Aktionen führten:
- “They force people to slow down.”
- “They have an intended audience.”
- “They imply a response.”
- “All of these stations were well-designed to fit into the overall exhibit experience.”
Für den Verfasser des Briefes bedeutet das, so Simon, sich konkrete Gedanken darüber zu machen, was man überhaupt schreiben möchte. Man müsse sich Zeit nehmen, um dann das angestrebte Ziel auch erreichen zu können. Man beschäftigt sich aber auch sehr genau mit den Adressaten der Briefe und überlegt sich, wie man sie erreichen kann, so Simon. Und, was in meinen Augen das wichtigste ist: ein Brief verlangt nach einer Antwort. “(I)t’s the beginning of a conversation”, schreibt Nina Simon. Während die Besucher in einem der von ihr erwähnten Beispiele dann auch tatsächlich eine Antwort vom Museum erhielten, sei die schriftliche Kommunikation mit in dem Fall verstorbenen oder fiktiven Empfängern der Beginn einer “mentalen” Kommunikation.
Ich finde den Ansatz interessant, denn Kunst und Kultur haben ja häufig nicht so sehr ein Qualitätsproblem, sondrn werden einfach nur nicht mehr wahrgenommen. Wie oft entfährt uns der Satz “hätte ich das doch nur gewusst”, wenn wir feststellen, dass wir ein interessantes Event verpasst haben. Vielleicht liegt in unserer heutigen Zeit, in der wir unsere Einladungen auf vielen unterschiedlichen Kanälen unter die Leute zu bringen versuchen, die Lösung des Problems, nicht mehr wahrgenommen zu werden, im Schreiben von (handgeschriebenen) Briefen?
Aber keine Angst, Sie müssen nun nicht jede Ausstellung mit hunderten handschriftlich verfasster Briefe bewerben. Nina Simon ist nämlich der Überzeugung, dass dieser Ansatz nur dann funktioniere, wenn der Brief auch inhaltlich zum jeweiligen Thema passe. Antworten auf die Fragen, die sie am Ende ihres Blogpost stellt, interessieren mich auch, deshalb wiederhole ich sie an dieser Stelle einfach. Glauben Sie, dass es sich bei den von Nina Simon beschriebenen Beispielen nur um glückliche Zufälle gehandelt hat und kennen Sie selbst ähnliche Beispiele? Ich muss in dieser Hinsicht passen, aber vielleicht sind Sie ja schon einmal handschriftlich eingeladen worden?
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