Was bringt eigentlich die Blogroll?

Als ich mit dem Bloggen begann, gab es nur sehr vereinzelt Blogs, die sich mit Themen wie Kulturmanagement, -marketing oder Social Media im Kunst- und Kulturbereich beschäftigten. Sie zu finden war über die verschiedenen Suchmaschinen nur bedingt möglich, denn häufig ließ und lässt der Name eines Blogs nicht unbedingt Rückschlüsse auf seine Inhalte zu.

Umso erfreuter war ich dann immer, wenn ich ein Blog fand, das eine gut gefüllte Blogroll hatte. Auf diese Weise habe ich begonnen, meinen RSS-Reader zu füllen und profitiere heute noch von den damaligen Fundstücken. Mittlerweile ist das nicht mehr so ganz einfach, denn erstens vernetzen wir uns heute anders, zum Beispiel über Empfehlungen im Google Reader oder über Facebook. Und es ist zweitens auch gar nicht mehr so nötig, denn wer über ein gutes Netzwerk verfügt und es versteht, mit Filtern zu arbeiten, der ist auf die Blogroll eigentlich nicht mehr angewiesen. Auch hier gilt: nicht wir suchen die für uns interessantesten Blogs, sie finden uns. Sie werden uns empfohlen oder tauchen irgendwann in einem unserer Feeds auf, die wir für die Suche eingerichtet haben.

Wozu dann noch eine Blogroll? Wer neu in ein Thema einsteigt und noch nicht über ein entsprechendes Netzwerk verfügt, wird immer noch froh sein, wenn er darin andere Blogs aufgelistet findet. Darüber hinaus ist die Blogroll aber auch eine Art Visitenkarte. Sie zeigt mir, welche Blogs der Blogbetreiber für lesenswert hält. Das müssen gar nicht unbedingt immer nur Blogs aus dem eigenen Themenbereich sein, sondern ganz im Gegenteil. Ich persönlich freue mich über Empfehlungen auch aus ganz anderen Bereichen. So bin ich zum Beispiel auf Blogs aus dem Mode- und dem Designbereich gestoßen, auf Blogs zum Thema Innovation oder auf sehr persönlich geführte Blogtagebücher. Für mich ist die Blogroll deshalb mehr als eine Visitenkarte, denn sie erweitert das Themenspektrum des eigenen Blogs.

Deshalb macht es eigentlich auch keinen Sinn, andere nach einem Linktausch zu fragen. So nach dem Motto: komme ich in Deine Blogroll, kommst Du auch in meine. Das ist langweilig und würde langfristig dazu führen, dass in den Blogrolls immer nur die gleichen Blogs zu finden sind. Natürlich kann ich es verstehen, wenn man gerade mit dem Bloggen begonnen hat und sich um die ersten Links bemüht. Kurzfristig mag das Funktionieren, langfristig schaden Sie sich damit, denn es mag Ihnen anfangs (zumindest fast) egal sein, wer da auf Sie verlinkt, Hauptsache, es verlinkt wer. Irgendwann später, wenn Ihr Blog dann gewachsen ist und Sie sich einen Namen gemacht haben, werden Sie Ihre Blogroll anschauen und feststellen, dass sie eher eine Art Bauchladen haben.

Aber da kommen Sie dann nicht so leicht raus, denn Sie sind ja ein Geschäft auf Gegenseitigkeit eingegangen. Zumindest ein schlechtes Gewissen bleibt unter Umständen. Bleiben Sie unabhängig in der Zusammenstellung Ihrer Blogroll, dann können Sie sie jederzeit nach Lust und Laune verändern.

Betrachtet man die Blogs von Kultureinrichtungen, dann fällt einem auf, dass viele gar keine Blogroll haben. Das ist schade, denn sie vermittelt mir als BesucherIn des Blogs einen Eindruck, mit wem ich es zu tun habe, so bekommt der Kulturbetrieb ein Gesicht. Aber wen nehme ich in meine Blogroll auf? Die Konkurrenz natürlich nicht. :-) Stopp, natürlich kommt die in die Blogroll. Vorausgesetzt, sie hat ein Blog. Wenn Sie Sorge haben, dass Ihnen dadurch BesucherInnen verloren gehen könnten, dann arbeiten Sie an der Qualität Ihres Angebotes, nicht an den Mauern um Ihre Einrichtung herum. Heute kann eh jeder über Ihre Mauern schauen, das hilft nicht.

Eine interessante Frage hat Axel Kopp in diesem Zusammenhang gestellt. Er wollte wissen, ob man auch die vielen regionalen Kunstblogs, die über das Geschehen vor Ort berichten, in die eigene Blogroll nehmen solle? Das hängt jetzt davon ab, wofür man seine Blogroll verwenden möchte. Strategisch gedacht macht das natürlich Sinn, wenn man sich mit solchen Blogs vernetzt. Die Frage ist nur, ob es unbedingt die Blogroll sein muss?

Ich würde solche Blogs durchaus unterstützen, denn sie unterstützen mich ja auch, indem sie über mich bzw. meine Tätigkeit berichten. Aber ich würde solche Kooperationen eher inhaltlich kommunizieren und dementsprechend in den jeweiligen Beiträgen die Links setzen. Das kann zum Beispiel ein Beitrag über alle Blogs sein, die vor Ort über das Kunst- und Kulturgeschehen berichten. Viele Menschen werden erst auf diese Weise davon erfahren, denn die Zahl der BlogleserInnen ist noch nicht so überwältigend. Gerade im deutschsprachigen Raum. Blogrolls können dazu beitragen, dass es mehr werden.


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Kommentare

10 Antworten zu „Was bringt eigentlich die Blogroll?“

  1. Vielen Dank für die lange Antwort auf meine kurze Frage! Offen bleibt jetzt nur noch, ob es der oder die Blogroll heißt. Aber da man sich bereits beim Geschlecht von Blog nicht einigen konnte, wird auch hier alles möglich sein, sogar das Blogroll. Eben wie in der Kunst: Everything goes.

  2. Ich schreibe “das Blog” und “die Blogroll”, habe aber kein Problem damit, wenn jemand eine andere Variante bevorzugt. :-)

  3. Schwierige Frage, ob Kunst-/Kulturblogs, die sich in erster Linie inhaltlich mit dem Programm befassen in die Blogroll aufgenommen werden sollten. Wenn man das macht, müssten konsequenterweise auch alle Online-Medien, die über das Programm berichten, aufgenommen werden. Und da diese Medien alle im Pressespiegel vertreten sind, gehören die Kunstblogs auch dahin.

    Entscheidender finde ich die Frage ob nicht Kulturblogs, die sich mit dem Thema Social Web befassen, in die Blogroll einer Kultureinrichtung gehören. Und sie gehören auf jeden Fall rein, tragen sie doch auch dazu bei, dass deren Social-Media-Aktivitäten in die Web-2.0-Welt getragen werden.
    Auf Museen und Orchester runtergebrochen (da kenn ich mich nun mal am besten aus), hat bisher nur das Städel Kulturblogs in ihrer Blogroll.

  4. @Ulrike Schmid: es hängt von den Zielen ab, Ulrike. Ob Du nun sagst, mir sind die Kunstblogs wichtig, die über mich berichten oder die Social Web-Blogs, die meine Social Media-Aktivitäten weitertragen, in jedem Fall suchst Du Dir eine Zielgrupp heraus, die Dir wichtig ist. Beides ist richtig…

    Darüber hinaus hängt es aber wahrscheinlich davon ab, wie vernetzt man selbst ist. Bei einem hohen Vernetzungsgrad stellt sich, so behaupte ich, die Frage gar nicht, weil Du vor lauter interessanten Blogs gar nicht weißt, für welche Du Dich entscheiden sollst. ;-)

  5. @Christian Letztendlich brauchst Du beide. ;-)) Bei einer guten Vernetzung kannst Du Dich auch nicht mehr entscheiden, welchen Kunstblog Du aufnimmst und welchen nicht.

  6. Ich würde mal nicht unterschätzen wollen, dass eine Menge potentieller Blogleser eben nicht vernetzt sind und daher noch ganz altmodisch in Blogrolls schnüffeln. Über interessante Kommentatoren und Links in Beiträgen findet man dann weiteres.

    Ich finde den Punkt mit der Visitenkarte sehr wichtig. Mit einer Blogliste (so drückt man sich vor der-die-das-Fragen) zeige ich meine eigene Lektüre und bilde damit zusätzlich ein eigenes Profil. Bloglisten, in denen jedoch hauptsächlich “eingeschlafene” Blogs hängen, stoßen ab. Man sollte sie öfter pflegen.

    Ich werfe z.B. gnadenlos Blogs hinaus, die nicht regelmäßig bestückt werden, und gebe nie automatisch Backlinks. Dafür versuche ich, die verlinkten Blogs auch einigermaßen regelmäßig zu lesen, die Teilnehmer variieren also.

    Über direkte Konkurrenz habe ich noch nie nachgedacht, könnte mir aber vorstellen, dass sich eine Verlinkung sogar lohnen könnte. Jemand, der Salat sucht, wird vielleicht auch mal den benachbarten Bauern ausprobieren, anstatt immer zum Gleichen zu gehen? ;-)

    Insgesamt erschreckend ist allerdings, wie wenig viele Blogbetreiber überhaupt kommunikativ oder vernetzt arbeiten.

  7. @Ulrike Schmid: ja stimmt :-)

    @Petra: Ich sehe das genauso, auch den Verweis auf die Konkurrenz. Viele glauben, man muss sich von der Konkurrenz abgrenzen. Ich denke, das ist der falsche Weg. Der Beste kann man nur sein, wenn Vergleiche möglich sind. Ansonsten lebe ich in einem Luftschloss… Abgesehen davon glaube ich, dass man miteinander weiter kommt als gegeneinander. Aber das ist dann ein anderes Thema. ;-)

  8. Bisschen spät, aber immerhin hab ich es noch gelesen :-)
    1. Ich finde, eine Blogroll kann man aus zwei Blickwinkeln sehen: zum einen bietet sie aus Sicht des Betreibers echte Empfehlungen. Zum anderen setzt sie den Betreiber damit für den Leser in einen Kontext. Die Links sind somit wie “Eckpunkte”. Es ist irgendwie, als ob man einen Blick ins eigene Bücherregal gewährt.

    Den Begriff “Konkurrenz” kann ich im Blog-Kontext gar nicht verstehen. Für mich bedeutet Bloggen: gemeinsam Dinge voranbringen. In meinem tagSeoBlog habe ich schon mehrfach Fragen angestoßen, die dann quasi durch Hin- und Herspielen der Gedanken richtig voran kamen.

  9. @Martin: ich denke, die Blogroll macht beides möglich: einerseits sind es Empfehlungen und andererseits vermittelt sie ein Bild.

    Zum Thema Konkurrenz: ich denke, dieses Denken, gemeinsam geht es leichter, hat sich noch nicht wirklich durchgesetzt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. ;-)

  10. Hallo Christian, vielen Dank für die Denkanstöße. Ich persönlich nutze meinen Blogroll eigentlich nur um zu zeigen, welche Blogs ich regelmäßig lese. Würde ich schließlich nur Blogs nehmen, die sich — vielleicht auch nur am Rande — mit Freiwilligenarbeit beschäftigen, wäre der Blogroll erstaunlich kurz, befürchte ich.

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