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Die Angst vor Kritik, vor bösen Kommentaren oder destruktiven “Trollen” ist bei vielen Kultureinrichtungen so groß, dass sie lieber auf Social Media-Aktivitäten verzichten, da dort ihrer Ansicht nach die Gefahr besonders groß ist. Das ist sicher richtig, denn die Hürde, sich über etwas zu äußern, positiv oder negativ, ist sehr niedrig. In Zeiten, wo man seine Statusmeldungen und Tweets mobil loswerden kann, ist das innerhalb Sekunden geschehen.
Gut, im Social Web möchte man aus dieser Angst heraus nicht präsent sein, die JournalistInnen lädt man aber bei jedem Anlass wieder aufs Neue ein und ärgert sich, wenn der Artikel negativ ausfällt. Und was passiert nach so einem Artikel? In der Regel nicht viel. Viele Menschen schauen sich ein Theaterstück nicht an, ob wohl die Kritiken gut ausgefallen sind, genauso wie viele sich ein Stück anschauen, obwohl die Kritiken schlecht waren. Ob gut oder schlecht, ihr Einfluss hat nachgelassen.
Im Social Web gibt es nun nicht mehr nur eine KritikerIn, sondern jede Menge. Und sie tun dort ihre Meinung kund und schreiben über all die Dinge, die ihnen nicht gefallen haben. Manche nett und konstruktiv, andere eher beleidigend. Ob Sie sich nun für oder gegen Aktivitäten im Social Web entscheiden, ist dabei nicht so wichtig, denn Ihre KritikerInnen sind schon dort.
Solche Kommentare werden Sie nie verhindern können, gerade im Kunst- und Kulturbereich, wo der eigene Geschmack eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Was also tun?
“From time-to-time somebody will make a negative comment about your museum on social media websites. If this happens you shouldn’t take it personally”,
schreibt Jim Richardson in seinem Beitrag “Dealing with negative feedback“. So ein Kommentar ist schnell geschrieben, meint er, und ebenso schnell wieder vergessen. Hinzu kommt aber noch ein weiterer Punkt. Nehmen wir den obigen Kommentar, den ich – nach längerer Suche – auf einer Bewertungsplattform gefunden habe. Er ist eindeutig negativ, aber angenommen, Sie wollen sich in diesem Theater genau dieses Stück ansehen. Inwieweit beeinflusst Sie dieser Kommentar?
Mich würde er gar nicht beeinflussen, weil hier nicht von Fakten die Rede ist, sondern der Verfasser lediglich – in durchaus eloquenter Weise – beschreibt, warum er nach bereits einer halben Stunde gegangen ist. Müsste ich mir als Theater deshalb Sorgen machen? Ich denke nicht, es sei denn, die ZuschauerInnen verlassen das Stück nach dreißig Minuten in Scharen. Dann habe ich aber kein Kommentarproblem. ;-)
Ein anderes Beispiel: bevor ich ein mir unbekanntes Hotel buche, werfe ich immer einen Blick auf die diversen Hotelbewertungsplattformen. Dort finden sich sehr viele negative Kommentare, die häufig äußerst unsachlich und polemisch geschrieben worden sind. Ich weiß nicht, wie es Ihnen dabei geht: ich kann mit solchen Kommentaren wenig anfangen und filtere sie quasi aus. Sie haben keinen Einfluss darauf, ob ich das Hotel als gut oder schlecht einstufe. Das passiert anhand der Kommentare, in denen sachliche Informationen geliefert werden. Etwa dass das Frühstück nicht ausreichend ist oder die Zimmer laut sind.
Auf den Kunst- und Kulturbereich übertragen könnte das bedeuten, dass in den Kommentaren die teuren Cafehauspreise kritisiert werden. Aber diese Kritik ist für Sie ja wertvoll, vor allem, wenn dieser Kommentar dann auch noch positiv bewertet wird oder andere Kommentare diese Kritik bestätigen. Der große Vorteil, wenn Sie selbst im Social Web vertreten sind und solche Kommentare direkt an Sie gerichtet sind: sie können darauf reagieren und solche Kommentare für sich nutzen.
“By engaging with users on social media websites you can influence the way that your institution is seen by the communities which exist on these websites. One of the ways that you will do this is by being seen to take negative comments seriously and responding to complaints”,
meint etwa Jim Richardson und sieht den großen Vorteil darin, dass eine Kultureinrichtung von ihrem Publikum lernen könne. Wie geht man aber mit solchen Kommentaren um? Richardson empfiehlt zwei Wege. Entweder Sie laden Ihre KritikerInnen ein, sich mit Ihnen telefonisch oder per Email auszutauschen. Oder Sie reagieren offen und transparent darauf, indem Sie öffentlich auf den Kommentar antworten. Den ersten, eher konservativen Ansatz, empfiehlt Richardson all denen, die im Bereich Social Media noch nicht über viel Erfahrung verfügen.
Wer sollte antworten? Nicht einfach “das Museum”, rät Richardson, sondern der oder die verantwortliche MitarbeiterIn. Ist die Kritik konstruktiv, sollte eine Kultureinrichtung auf alle Fälle darauf reagieren, egal wo die Kritik veröffentlicht wurde. Das bedeutet, dass ich das Social Web beobachten, aktives Monitoring betreiben muss, um überhaupt mitzubekommen, wo über mich gesprochen wird.
Auf der anderen Seite gibt es aber natürlich auch die unsachliche und beleidigende Kritik. Findet die Kritik in meinem “Einflussbereich” statt, also beispielsweise auf meinem Blog oder meiner Facebook-Fanseite, dann kann ich beleidigende Inhalte einfach löschen. Ist die Kritik zwar unsachlich, aber nicht beleidigend, lasse ich den Kommentar einfach stehen. Habe ich es geschafft, im Laufe der Zeit eine Community aufzubauen, kann es sein, dass meine Mitglieder mich zu verteidigen beginnen. Passiert so etwas, ist das eigentlich ein hohes Maß an Wertschätzung, das man auf diese Weise erfährt.
Aber auch wenn das nicht passiert (und der Kommentar nicht beleidigend ist), würde ich solche Kommentare stehen lassen. Positive Meinungen werden nämlich vor allem dann als positiv wahrgenommen, wenn es auch Kritik gibt. Niemand von uns ist vollkommen, deshalb wirkt das Fehlen von kritischen Kommentaren eher unglaubwürdig. Daher sollten Sie eigentlich für jede konstruktive Kritik dankbar sein. Angst müssen Sie davor nicht haben.
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