Community-Building: leichter gesagt als getan


© Gerd Altmann/graphicxtras ; Pixelio

Natürlich ist es nicht leicht, die eigenen Veranstaltungen und Produkte zu bewerben und dafür zu sorgen, dass sie besucht bzw. gekauft werden. Das war früher so und ist es auch heute noch, allerdings unter veränderten Rahmenbedingungen. War es in der Vergangenheit die Werbung, die nicht so funktioniert hat, wie wir uns das vorstellten, ist es heute das Social Web, in dem nicht immer alles nach Wunsch verläuft.

Dabei klingt die Sache doch sehr verlockend: ich richte mir meine Accounts ein, erstelle meine Profile und beginne zu informierenkommunizieren, um auf mich aufmerksam zu machen und die UserInnen dazu zu bewegen, meine Inhalte zu bewerten, zu kommentieren und im Idealfall weiter zu geben. Klappt das nicht, ist der Grund schnell gefunden: ich habe vergessen, eine Comunity zu gründen. Habe ich die, dann verkaufen sich meine Produkte quasi von alleine. Wenn darauf immer noch niemand anspringt, dann liegt es auf alle Fälle an den anderen, die meine Angebote entweder nicht verstehen oder nicht schätzen.

Stimmt so nicht, wie Chris Brogan in seinem hier schon oft zitierten Blogpost “Audience or Community” schreibt:

“(…) if all you’re hoping to achieve through building community is to sell more products, that might not be the best way to consider the problem. Communities don’t sell product. Communities empower users of products or services, or people with like-minded interests to interact.”

Was aber muss ich tun, um die Menschen zu empowern? Was muss ich tun, damit aus einer Ansammlung von Individuen wirklich eine Community wird, die mir und allen anderen, die ein Teil davon sind, auch wirklich etwas bringt? Deirdre Breakenridge hat dazu ein recht schönes Blogpost geschrieben. In “Building a Strong & Supportive Community” nennt sie fünf Erfolgsfaktoren, die beim Aufbau ihrer Community entscheidend waren:

  • Focus“: Ihrer Meinung nach muss es einen klar abgesteckten Themenbereich geben, Breakenridge spricht von einer “strong brand identity which is clear and consistent across all of our platforms”. Wichtig ist hierbei nicht so sehr das einzelne Produkt, sondern das, was dahinter steht. Im Kunst- und Kulturbereich ist das oft die thematische Ausrichtung, d.h. die Inhalte sind es, die die Anziehungskraft besitzen und nicht so sehr das einzelne Produkt, die spezielle Veranstaltung. Aber wenn ich mich für die Inhalte interessiere, werde ich mich auch für die Angebote in diesem Kontext interessieren.
  • Passion“: “The community is comprised of individuals who care and have a supportive environment in which they can voice their opinions”, schreibt Breakenridge und macht damit deutlich, dass es hier nicht darum geht, dass andere uns einfach nur folgen, sondern sich aus der Vielstimmigkeit der Community und den unterschiedlichen Standpunkten und Sichtweisen, die in ihr zu finden sind, die Community weiterentwickelt. Und zwar im Hinblick auf das, was im “Fokus” steht. Die Beschäftigung damit führt dann unter Umständen auch dazu, dass das kommende Programm gemeinsam entwickelt wird.
  • Networking“: eine Community lässt aus lauter bilateralen Kontakten und Verbindungen erst ein “richtiges” Netzwerk entstehen. Breakenridge formuliert es recht schön: “The community takes networking to the next level” und versteht darunter eine Ebene, auf der sich die Mitglieder dieser Community untereinander vernetzen und miteinander aktiv werden (siehe dazu: “In vier Schritten ein Netzwerk bauen“).
  • Development“: eine Community lebt dann, wenn sie mit Leben erfüllt ist und sich ständig weiterentwickelt. Fehlt das Entwicklungspotenzial, dann verlieren die Mitglieder den inhaltlichen Fokus aus den Augen, die Community zerfällt. Es ist nicht leicht, dazu beizutragen, dass eine Community entsteht, aber wahrscheinlich ist es noch viel schwerer, diesen Entwicklungsaspekt im Auge zu behalten und Stillstand zu verhindern.
  • Collaboration“: Für Deirdre Breakenridge ist der Wunsch und die Fähigkeit, nach außen hin offen zu sein, mit anderen zusammen zu arbeiten und nicht als geschlossene Gruppe aufzutreten, ein weiteres Merkmal einer Community, die sich eben nicht nur aus sich selbst heraus weiterentwickelt, sondern in der Lage ist, Impulse von außen aufzunehmen und darüber hinaus mit anderen zu kollabieren. Oder wie Breakenridge schreibt: “Our community does not exist in a universe unto itself.”

Die größte Herausforderung für den Kunst- und Kulturbereich besteht wohl darin, die dominierende Rolle aufzugeben und sich als Teil einer Community zu verstehen. Auf Augenhöhe zu kommunizieren funktioniert erst dann, wenn man alle anderen auch auf Augenhöhe sieht.

Siehe dazu auch: Community-Building: auf die Haltung kommt es an


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Kommentare

5 Antworten zu „Community-Building: leichter gesagt als getan“

  1. Das ist genau richtig formuliert. Mir fehlt nur ein Punkt: Beim Publikum ist das Bewusstsein für die “Community” bisweilen auch nicht sonderlich stark ausgeprägt. Während die eher jüngeren Leute das natürlich sofort verstehen, ist Social Media für ältere Menschen bisweilen eben doch nur eine Art Werbekanal, der sie interessiert. In diesem Fall muss man fast einen Spagat machen, um einerseits die Ebene von Dialog und Partizipation auf Augenhöhe umzusetzen, gleichzeitig aber auch ein etwas passiveres Publikum einbinden, das vorrangig nur informiert und unterhalten werden möchte. Keine ganz leichte Sache…

  2. @Matthias: danke für die Ergänzung. Forrester zeigt mit seiner “Leiter” ja recht deutlich, dass viele an der Community gar nicht interessiert sind. Aber ich denke, zumindest derzeit ist das Thema Community-Building noch die größere Hürde oder was meinst Du?

  3. Im Bereich Kunst ist für mich der Kernpunkt, dass die dominierende Rolle aufgegeben wird. Nicht nur im Netz sondern auch real.
    Wie oft kommt ein Kunde in eine Galerie und kommst sich schon beim öffnen der Tür als Störelement vor! Auch ich als Künstlerin schaue mir die Galeristen an und für mich ist ein wichtiger Faktor, dass die Galeristen beim öffnen der Tür freundlich sind und lächeln und von der älteren Dame nebenan bis zum Sammler die gleiche Freundlichkeit “versprühen”. Es ist eine Aroganz im “Galeriengewerbe”, die mich mitunter erschaudern läßt!
    Gruß Susanne

  4. Hallo Christian, herzlichen Dank für den Beitrag. Community-Building ist in so ziemlich allem Bereichen wichtchtig — häufig aus den von dir genannten verqueren Gründen. Ich hatte dazu auch schon mal etwas geschrieben (“Ein eigenes Social Network …”) und würde hier noch die Unkontrollierbarkeit einer “eigenen” Community unterstreichen wollen.

  5. @Hannes: die Unkontrollierbarkeit ist der entscheidende Punkt. Wer nicht auf Macht und Kontrolle verzichten will oder kann, wird nie ein wirklich funktionierendes Netzwerk schaffen können.

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