In den meisten Kultureinrichtungen erfolgt der Zugang zum Thema Social Media über die Marketingschiene. Während man auf diese Weise versucht, den Ticketverkauf anzukurbeln und das direkte Gespräch mit neuen Zielgruppen sucht, ändert sich im PR-Bereich recht wenig. Pressekonferenz bleibt Pressekonferenz und Aussendungen müssen weiter verfasst und verschickt werden.
Immer häufiger erkennen die PR-Verantwortlichen aber, dass auch für sie das Social Web ein Feld ist, in dem sie aktiv werden müssen. Da tritt es sich gut, dass Marie-Christine Schindler und Tapio Liller mit PR im Social Web
Man merkt, dass Marie-Christine Schindler und Tapio Liller zwei PR-ExpertInnen sind, die sich schon lange im Social Web bewegen und über ein entsprechend großes Erfahrungswissen verfügen. Sie weisen darauf hin, dass das Web2.0 kein Hype ist, der demnächst vorüber ist, sondern sprechen von einer “tiefgreifenden Veränderung”, die auch vor der Unternehmenskultur und den damit verbundenen Werten nicht Halt macht.
Wer wissen möchte, was sich hinter dem Begriff der Online-PR verbirgt, bekommt in diesem Buch das von Thomas Pleil in seinem Blogbeitrag “Von der digitalisierten PR zur Cluetrain-PR: Ein Modell der Online-PR als Hilfe zur Strategieentwicklung?” vorgestellte Modell erklärt und beschrieben. Ob Sie nun informieren, überzeugen oder sich mit Ihren Dialoggruppen verständigen wollen, im mehr als 200 Seiten dicken Praxisteil geht es um die Frage, wie sich diese Ziele erreichen lassen?
Da sind zum einen die BloggerInnen, die in vielen Branchen eine mittlerweile wichtige Multiplikatorfunktion übernommen haben und in die PR-Arbeit eingebunden werden sollten. Das funktioniert am besten, so der Rat der beiden AutorInnen, indem man den persönlichen Kontakt sucht und diverse Bloggerveranstaltungen besucht. Eine im Kunst- und Kulturbereich große Herausforderung, denn so leicht sind die relevanten Blogs gar nicht zu identifizieren.
Aber auch JournalistInnen haben mittlerweile das Social Web entdeckt und nutzen die verschiedenen Plattformen für ihre Recherche. Die Social Media Release oder ein Social Media Newsroom sind zwei Wege, sie mit für sie relevanten Informationen zu versorgen und das nicht nur im Textformat.
PR im Social Web heißt aber nicht nur, andere mit Informationen zu versorgen, sondern auch zu erfahren, was andere über einen sprechen beziehungsweise schreiben. Schindler und Liller erklären, welche Analysedimensionen für das Social Media Monitoring relevant sind und nennen einige Monitoringtools.
Etwas unkritisch wird in meinen Augen das Thema Events im Social Web abgehandelt. Natürlich kann ich mittlerweile eine Pressekonferenz oder einen Produktlaunch live ins Web streamen und mit Hilfe von Twitter und Facebook auch einen Rückkanal anbieten. Wer sich noch an die mittlerweile legendäre Vodafone-Pressekonferenz erinnert, weiß, was passieren kann, wenn man die Dinge nicht wirklich im Griff hat. Und das haben, behaupte ich, nur wenige, denn seien wir ehrlich: von der von Thomas Pleil propagierten Cluetrain-PR sind die meisten Unternehmen und Kultureinrichtungen noch meilenweit entfernt. Dazu ist es notwendig, authentisch und glaubwürdig zu wirken, um “weitgehend spontan und unverkrampft” kommunizieren zu können. Die Regeln, wie eine “ansprechende” Kommunikation im Web funktioniert, mögen manchem weiterhelfen. Warum dieses Unterkapitel aber die Überschrift “Mit Storytelling die Fakten einkleiden” trägt, erschließt sich mir nicht wirklich.
Nichtsdestotrotz ist “PR im Social Web” ein sehr empfehlenswertes Buch, das sich vermutlich recht schnell als Pflichtlektüre etablieren wird. Hilfreich ist es auch, Henning Krieg ein eigenes Kapitel beisteuern zu lassen, in dem dieser den Rechtsrahmen für die PR im Social Web absteckt. Vor allem das Kapitel “Spamfalle Direct Messages” könnte für so manchen Aha-Effekt sorgen, schließlich wird die DM recht gerne für solche Zwecke eingesetzt. Ob ich das als User will oder nicht.
So gut und praxisnah das Buch geschrieben ist, indirekt ist es aber auch eine Bestätigung der von Thomas Pleil diskutierten These, die PR sei dabei, sich selbst abzuschaffen. Die strategische Ebene der PR wird eigentlich komplett ausgeblendet, ihre Managementrolle nicht erwähnt. Das ist einerseits verständlich, schließlich handelt es sich um ein “Handbuch”. Andererseits ist es aber genau das, was die PR zusehends in eine Nebenrolle drängt. Warum sonst ist Social Media – ich kann nur für den Kunst- und Kulturbereich sprechen – meist in der Marketingabteilung angesiedelt?
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