Auf der Suche nach dem Publikum: interessante Inhalte alleine reichen nicht aus


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Stellen Sie sich vor, Sie inszenieren ein tolles Stück und niemand geht hin. Oder Sie schreiben ein spannendes Buch und niemand liest es. Gute Qualität ist heute kein Alleinstellungsmerkmal, sondern eher die Grundvoraussetzung, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Schaue ich mir all die Einladungen an, die ich jeden Tag per Email, Xing oder Facebook erhalte, dann finde ich dort viele Angebote, die mich interessieren würden. Das heißt, sie sind zwar interessant, aber das alleine reicht noch nicht. Ideen, dieses Problem zu lösen, gibt es viele. Ich kann mich mit meinen Angeboten auf bestimmte Nischen konzentrieren in der Hoffnung, die Streuverluste zu reduzieren. Ich kann aber natürlich auch versuchen, mein Publikum enger an mich zu binden und auf das Prinzip der Community setzen. In beiden Fällen ist die Grundidee, über das Wecken von Interesse hinauszugehen und so meine kulturellen oder künstlerischen Angebote “verkaufen” zu können.

Die Frage, wie so etwas gelingen kann, ist natürlich auch für den Social-Media-Bereich relevant. Wer nur über seine Aktivitäten informiert und darauf baut, dass die Inhalte interessieren, wird seine LeserInnen früher oder später langweilen. Welche Alternativen gibt es? Maggie Langrick hat dazu in der Vancouver Sun einen ganz interessanten Artikel verfasst. In “Strong stories, interactivity key to engaging the audiences of tomorrow” fasst sie die Ergebnisse einer “interactive narrative framework masterclass” zusammen, einem Workshop, der sich mit der Frage beschäftigte, wie es die Filmbranche verhindern kann, das Publikum von morgen zu verlieren. Langrick beschreibt darin ein jugendliches Publikum, das sie als hyperconnected bezeichnet und dessen Aufmerksamkeit nur schwer zu gewinnen ist. Dies unter anderem auf Grund eines Medienverhaltens, bei dem die Jugendlichen gleichzeitig TV gucken, über ihre Mobilfunkgeräte kommunizieren und permanent mit dem Internet verbunden sind. Was für viele als Bedrohung empfunden wird, sahen die TeilnehmerInnen der Masterclass eher als Chance an, so die Autorin: “Multi-platforming is the future of audience engagement.” lautet die Botschaft. Oder mit den Worten eines der Teilnehmer:

“The idea that a story lives in one single place is starting to erode.”

Da ist sie wieder, die Idee, die Inhalte auf verschiedenen Plattformen anzubieten und es so den UserInnen zu erlauben, sie auf die von ihnen bevorzugte Art und Weise zu erleben. Interaktivität spielt dabei eine wichtige Rolle, wobei damit nicht das Anklicken von Bildern oder Videos gemeint ist, sondern die Entscheidungsgewalt über die Story selbst, schreibt Langrick und meint damit verschiedene Handlungsstränge, für die sich die UserInnen entscheiden können. Je mehr Handlungssstränge es gebe, desto schlüssiger müsse aber die ganze Geschichte aufgebaut sein, zitiert sie Matt Toner, den Chef einer kanadischen Medienproduktionsfirma.

Wie so etwas funktionieren kann? Das Rezept klingt interessant:

“We just start with a strong story, written in a linear fashion that’s got a great arc to it. And then we work backwards. The story is then deconstructed into its components, with pieces added here and there to make it play across a non-linear format,”

zitiert sie Jeremy Mendes vom National Film Board.

Gut, dieser Ansatz bezieht sich auf die Filmbranche. Lässt er sich für andere Bereiche auch nutzen? Ich denke schon, vor allem für die Kommunikation im Social Web sehe ich hier erhebliches Potenzial. Die Herausforderung besteht darin, weg von der reinen Information zu kommen und stattdessen narrative Räume zu schaffen. In denen haben die UserInnen dann die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Handlungssträngen zu wählen. Die Aktivitäten des Neanderthal Museum z.B. gehen für mich in diese Richtung, denn hier wird der Neanderthaler zum Mittler zwischen zwei Welten, deren eine – längst vergangene – durch die Geschichten und Aktivitäten des Museums für die UserInnen und das Publikum greif- und erlebbar wird.


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