© Gerd Altmann/clock:nemo ; Pixelio
“Ich würde ja gerne sehr viel mehr auf all den Plattformen machen, aber mir fehlt dafür leider die Zeit.” Diesen Satz habe ich letzte Woche in leicht abgewandelter Form einige Male gehört und ich kann ihn gut verstehen. Mein letzter Blogbeitrag ist vor zwei Wochen erschienen, nicht ganz ideal, um erfolgreich Social Media zu betreiben. Aber ich verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis: Mir ist bis jetzt noch niemand begegnet, der sie hat, diese Zeit. Sie brauchen also nicht beunruhigt zu sein, es ist kein Problem, das nur Sie alleine haben. ;-)
Und wie gehen wir nun damit um, mit dieser fehlenden Zeit? Am besten, wir halten uns mit dieser Frage gar nicht lange auf, sondern schauen uns ein paar erfolgreiche Beispiele an, entwickeln anschließend eine Social Media-Strategie und setzen die dann um. 30 Minuten pro Tag müssen dafür reichen, mehr haben wir einfach nicht. So kann man das natürlich machen, vor allem wenn Sie etwas anzubieten haben, was alle brauchen und suchen. Das ist der Ansatz des Inbound-Marketing, demzufolge wir wertvolle Inhalte generieren, die unsere potenziellen Zielgruppen suchen und dann im Idealfall bei uns finden.
Wie gesagt: Wenn Sie etwas anzubieten haben, was heiß begehrt ist, dann geht ihr Konzept unter Umständen auf. Der Kunst- und Kulturbereich hat da ein Problem, denn wir können noch so tolle Inhalte produzieren, aber wer garantiert mir, dass sie auch gesucht werden? Vermutlich niemand, aber sucht sie keiner, klappt das mit dem Inbound- oder auch dem Content-Marketing nicht.
Das ist schlecht, denn wenn unsere Inhalte für niemanden relevant sind, dann werden unsere Konzepte, pardon, Strategien nie aufgehen. Viele Menschen interessieren sich grundsätzlich für Kunst und Kultur, aber es sind andere Inhalte, die für sie relevant sind. Die Frage lautet also: Wie schaffe ich es, dass meine Inhalte für die vielen UserInnen, die ein grundsätzliches Interesse an Kunst und Kultur haben, relevanter werden?
Mahendra Palsule hat vor gut zwei Jahren in seinem Artikel “The Age of Relevance” beschrieben, wie sich unser Umgang mit Informationen verändert (siehe dazu mein Blogpost “Relevanz als Schlüsselbegriff in der digitalen Welt“) und es nicht mehr nur um das einfache Teilen von Inhalten geht, sondern um die Entwicklung von Angeboten, die personalisierte und relevante Informationen zur Verfügung stellen. Auf der vierten und letzten Entwicklungsstufe auf diesem Weg dorthin spielt “personalized serendipity” eine wichtige Rolle. “Serendipity”, dahinter verbirgt sich kein Zufallstreffer, sondern etwas, was Jeff Jarvis als “unerwartete Relevanz” bezeichnet.
Ein Grundinteresse muss vorhanden sein, sonst verpufft die Informationen. Ich glaube, dieser Aspekt der unerwarteten Relevanz spielt für den Kunst- und Kulturbereich eine ganz große, bis jetzt unterschätzte Rolle. Millionen von UserInnen warten nicht verzweifelt auf hochwertigen Content aus diesem Bereich, sondern haben lediglich Interesse daran, das es zu wecken gilt. Und weil die Relevanz für die meisten gering ist, suchen sie es nicht aktiv. Palsule verweist in seinem Artikel auf verschiedene Tools, die mich als UserIn dabei unterstützen, Inhalte zu entdecken, die dann plötzlich relevant werden. Aber auch hier müssen die UserInnen von sich aus aktiv werden und unerwartete Relevanz zulassen.
Was aber kann eine Kultureinrichtung tun, um für unerwartete Relevanz zu sorgen? Genau das, was wir auch schon vor den Zeiten des Internets getan haben, nämlich Menschen für unsere Angebote zu begeistern, damit sie für sie relevant werden. Erst wenn sie dann im nächsten Schritt mehr darüber wissen wollen, werden unsere Inhalte für sie relevant beziehungsweise wertvoll. “Märkte sind Gespräche” lautet gleich die erste der insgesamt 95 Thesen des Cluetrain-Manifests.
Gespräche sind die Vorbedingung für alle Konzepte, Programme und Strategien. Kerstin Hoffmann hat vor einigen Tagen einen Beitrag über die fehlende Zeit für das Networking in Social Media veröffentlicht. Die Vorteile, die sie darin beschreibt, sind nicht zu leugnen. Aber mir fehlt der Aspekt der Relevanz. Dass ich mit geteilten Inhalten mehr Menschen erreiche und damit eine größere Reichweite erziele, ist klar. Aber wie viele Informationen ziehen an uns jeden Tag vorüber, die verpuffen, weil sie für uns nicht relevant sind?
Relevanz zu erzeugen, damit unsere Social Media-Aktivitäten etwas bringen, dafür braucht es im ersten Schritt nicht viel: Die Freude am Gespräch und die Begeisterung für die eigene Sache. Wenn Sie sich zurückerinnern, wird Ihnen vielleicht auffallen, dass es sehr häufig andere Menschen sind, die uns mit ihrer Begeisterung angesteckt und neugierig gemacht haben. Und erst dann haben wir die Suchmaschine angeworfen und mit der Suche nach mehr Inhalten begonnen. Aber wenn niemand nach Ihnen sucht, können Sie nie an erster Stelle im Suchmaschinenranking stehen und all Ihre Aktivitäten, für die Sie Ihre Zeit verwenden, – die Sie dann für Social Media nicht mehr haben – sind mehr oder weniger nutzlos.
Überflüssige Zeit haben wir, wie gesagt, alle nicht. Daher müssen wir Prioritäten setzen, eine Entscheidung, die uns (leider) niemand abnehmen kann. Aber sich Zeit für Gespräche zu nehmen, ist in meinen Augen eine kluge Investition. Probieren Sie es aus. ;-)
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