Content Marketing: das große Missverständnis

Bild: 28th June 2012“; von themostinept (CC BY-SA 2.0) auf Flickr

Content Marketing sei spätestens seit dem von Red Bull inszenierten Weltraumsprung Felix Baumgartners die Schlüsseldisziplin der Unternehmenskommunikation, beginnt ein kurzer Artikel über den aktuellen Social Media Trendmonitor. Der besagt, dass immer mehr Kommunikationsabteilungen auf Content Marketing setzen, sowohl im Profit- als auch im Non-Profitbereich.

Gute Inhalte statt Werbung, um neue KundInnen zu erreichen, das klingt natürlich verlockend und so haben sich auch die Kultureinrichtungen auf die Suche nach einzigartigen Inhalten gemacht. Storytelling steht seitdem hoch im Kurs und so werden sämtliche Register gezogen, um mit tollen Geschichten das Publikum anzulocken oder zum Kauf von Filmen, Musik, Büchern etc. zu bewegen. Nur leider passiert da meist gar nicht viel und wenn die Verkaufszahlen nach dem fünften oder sechsten Blogpost noch nicht angestiegen sind, lassen es viele wieder bleiben. Die Zweifler sehen sich dann darin bestätigt, dass das Internet ja eh überbewertet sei und man deshalb nicht mehr Ressourcen dafür zur Verfügung stellen müsse.

Diese Sichtweise bezeichnet Rand Fishkin als das größte Missverständnis des Content Marketing. In der Ausgabe seines Video-Magazins “Whiteboard Friday” spricht er über “The Greatest Misconception in Content Marketing” (Video und Transkription) und meint:

“People think that the reason you’re putting out content is so that someone will consume that content and be inspired from it to go and make a purchase.”

Viele glauben, so Fishkin, man müsse nur einfach tolle Inhalte produzieren, die über die sozialen Netzwerke verteilt werden und dann nur darauf warten, dass ein bestimmter Prozentsatz derer, die damit in Berührung kommen, das Angebot wahrnehme. Zwar sei es wichtig , so der Autor weiter, viele Inhalte zu produzieren und die auch über die sozialen Netzwerke zu verteilen. Aber dass dadurch einfach so eine Kaufentscheidung ausgelöst werde, sei ein Irrglaube. Der Weg vom Inhalt zur Kaufentscheidung sei ein viel längerer, gibt sich Fishkin überzeugt.

Die Wirklichkeit sieht für ihn ganz anders aus. Die Menschen würden immer und immer wieder den Ort, an dem sie den Content finden, besuchen und so langsam Vertrauen fassen. Fishkin spricht von einem Bankkonto, auf dem wir aber kein Geld ansammeln:

“There are experiences and touches with your brand. Those content touches, and those social media touches, and those touches that come through performing a search and seeing you listed there, those build up the capital in the account.”

Es geht also um eine ganze andere Art von Kapital, um positive Assoziationen, die wir mit einer Marke verbinden, um uns dann, wenn der Bedarf besteht, ihrer zu erinnern und das Angebot in Anspruch nehmen.  Aber diese Art Kapital anzuhäufen ist sehr aufwendig und die meisten geben viel zu schnell wieder auf.

Und noch einen Fehler spricht Fishkin in dieser Ausgabe des Whiteboard Friday an: Wir konzentrieren uns auf den viralen Erfolg, also die Verbreitung unserer Inhalte und vergessen dabei auf entsprechende Verlinkung zu achten, extern und intern. Statt unsere Bloginhalte mit der Hauptseite zu verbinden, Google+ zu nutzen, um die Suchergebnisse zu beeinflussen und entsprechende Keywords festzulegen, über die wir gesucht und gefunden werden, konzentrieren wir uns auf diesen einen Artikel, der ganz alleine für sich steht und aus uns bisher unbekannten LeserInnen ein zahlendes Publikum machen soll. Weil die Inhalte so toll sind…

Die meisten KundInnen oder BesucherInnen gewinnen wir, indem wir es schaffen, dass sie immer wieder zu uns zurückkommen. Die Customer Journey macht klar, dass dieser Weg lang ist und es auf jeden einzelnen dieser Touchpoints, über die wir weitere Inhalte zur Verfügung stellen ankommt. Fishkin wählt am Ende seines Vortrags das Bild einer Fussballmannschaft, um zu veranschaulichen, dass nicht nur der Torschütze im Blickpunkt stehn sollte, sondern auch die, die die Pässe davor geschlagen haben. Auf das Content Marketing übertragen heißt das: Jeder einzelne Inhalt stellt ein wichtiges Mosaiksteinchen dar, um am Ende den Ball ins Tor zu bringen beziehungsweise das Geld in die Kasse. Content Marketing ist ein Prozess, der entwickelt werden muss. Wenn es heißt “schreib mal schnell ein Blogpost für die morgige Veranstaltung”, dann ist das vermutlich Zeitverschwendung. Das gilt auch für kurzfristig angesetzte Kampagnen, wenn keine Substanz vorhanden ist.

Der Kunst- und Kulturbereich hat, wenn es um die Entwicklung der jeweiligen Angebote geht, sehr lange Vorlaufzeiten. Alles muss geplant und auch inhaltlich entwickelt und vorbereitet werden. Oft wird das als Nachteil empfunden, aber für das Content Marketing ist das ideal. Je früher ich damit beginne, die Inhalte zu produzieren und zur Verfügung zu stellen, desto eher gebe ich anderen die Chance, mir zu vertrauen und an den Punkt zu kommen, wo sie mein Angebot annehmen können und wollen. Hier das richtige Konzept zu entwickeln ist nicht ganz einfach, aber es lohnt sich.


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Kommentare

10 Antworten zu „Content Marketing: das große Missverständnis“

  1. Dass der Weg zum Erfolg lang ist, macht es hinsichtlich der Motivation nicht einfacher. Aber ein weiteres Argument für Content Marketing: Pressemeldungen und ähnlicher Corporate-Content interessieren NIEMANDEN. Die Leute wollen Unterhaltung, Geschichten, Persönliches.

  2. Sehr schöne Zusammenfassung!

    Bevor man einen wirklichen Erfolg einer Content Strategie messen kann vergehen meist 12-18 Monate sage ich immer. Dafür ist die Strategie so viel nachhaltiger als die üblichen Strategien, die eigentlich fast nur eine Reihe von mehreren Kampagnen sind. Content Marketing dagegen ist keine Kampagne, es ist ein Commitment :-)

  3. @Thomas Kohler: Stimmt, der lange Weg, den man zurücklegen muss, ist natürlich oft ein Problem. Auf der anderen Seite ist das auch die große Chance für die, die durchhalten. Das sollte Motivation genug sein. ;.)

    @Mael Roth: Danke! :-) Ein schöner Satz, den muss ich mir merken. Ich vermisse oft eine Idee, aus der heraus die Inhalte dann entstehen. Oft ist es einfache Berichterstattung, also die Fortführung der PR in einem neuen Gewand. Das ist aber zu wenig.

    Aber Geduld, das wird schon noch mit dem Content Marketing… ;-)

  4. das Salzburger Brauselabel lädt seine Marke mit Emotionen auf. Aber am Ende bleibt es Brause, die der Käufer trinkt. Er entscheidet sich für diese Brause weil er es toll findet, dass die so was Verrücktes unterstützen/finanzieren. Die Brause selbst schmeckt wie immer, und das passt auch so.

    und nun zur Kunst/Kultur:
    der Besucher will keine Brause. Er riskiert. Er weiß eben nicht ob in der “Dose” die er kauft, Brause oder Champagner drin ist. Der unentschiedene Besucher muss ermutigt werden, etwas zu riskieren. Der potentielle Kunstrezipient ist nicht der Brausetrinker sondern derjenige der sich auf einen freien Fall in den Raum des Kunsterlebnisses einlassen möchte und dazu ermutigt werden sollte.

    auch auf das sollte Content Marketing bzw. Kommunikation im Kulturbereich konzentrieren und nicht immer nur beschreiben wie toll das alles ist, was da gezeigt ist.

  5. michaelmberlin

    Dass man beim Content-Marketing (am besten als integraler Bestandteil einer Content-Strategie) einen langen Atem braucht, ist sicherlich richtig. Spannend finde ich die Frage, wie man dabei trotzdem erfolgs- und ergebnisorientiert arbeitet. Neben mangelnder Geduld scheint mir eine andere Haltung ebenso gefährlich: Wenn man sich mit dem Verweis auf die Langzeitwirkung um die Erkenntnis drückt, dass man am Publikum vorbei produziert.
    Die Serie der Whiteboard Fridays finde ich übrigens selbst ein grandioses Beispiel für Content Marketing.

  6. Daniela Unterholzner

    Danke Christian für die übersichtliche Aufschlüsselung.
    Bei einem deiner Seminare haben wir ja über die Touchpoints und den Customer Journey gesprochen und dies war für meine Arbeit sehr wichtig. Wenn ich diesem Ansatz auch zustimme, macht er dennoch die Evaluierung extrem schwierig. Auch bei Befragungen ist es schwer den konkreten Journey herauszuarbeiten. Bleiben wir da auch der Ebene der Vermutungen?

  7. @Walter: Ich gebe Dir Recht, nur immer darauf hinzuweisen, dass einen was ganz Tolles erwarte, ist wenig zielführend. Aber glaubst Du wirklich, dass die Mehrzahl der Menschen so risikofreudig ist? Ich bin mir da gar nicht so sicher, denn warum entscheiden sich viele im Zweifelsfall für die etablierten Häuser, die guten Namen und gehen das Risiko nicht ein, z.B. ein ihnen unbekanntes Theater zu besuchen? Aber die Kunst hat den Vorteil. dass sie die Emotionen nicht künstlich erzeugen muss, um ein Produkt zu verkaufen, sie sind untrennbar mit der Kunst verbunden. Aber es gilt gerade für die kleinen und unbekannten Einrichtungen, Vertrauen aufzubauen und dafür ist Content Marketing kein schlechter Ansatz.

    @Michael: Ja stimmt, langer Atem heißt nicht, keine Zielvorgaben zu haben und mal abzuwarten, was so alles passiert. Zwei Dinge sind, denke ich, am Anfang von entscheidender Bedeutung: Erstens braucht man konkrete Ziele mit entsprechenden Zielvorgaben, um den Erfolg auch messen zu können. Zweitens braucht man eine Bestandsaufnahme, also Daten, auf die man aufbaut und so erkennen kann, dass etwas weiter geht. Darauf zu warten, ob die Zahlen in drei Jahren zeigen, ob die Ticketverkäufe gestiegen oder gesunken sind, um dann sagen zu können, der Plan sei aufgegangen oder gescheitert, ist eindeutig zu wenig. Viele beginnen gleich mit der redaktionellen Planung, haben aber ansonsten keinen Plan.

    @Daniela: Am Anfang sind es Vermutungen, aber durch Beobachtung können wir herausfinden, ob unsere Vermutungen richtig oder falsch sind. Gerade die Wege, die die potenziellen Besucher/Kunden, etc. gehen sollen, kann ich nicht vorab festlegen. Ich kann aus der Erfahrung heraus vermuten, welchen Weg sie einschlagen. Aber eine Garantie gibt es nicht. Hinzu kommt: Diese Wege können sich verändern. Warten wir mal noch zwei Jahre, bis Facebook an Bedeutung verliert. Wer überlegt sich denn schon, welche Messengersysteme für ihn in Frage kommen? Es wird nicht einfacher, sondern eher schwieriger. ;-)

  8. Wir haben den Blogartikel gerne gelesen. Danke dafür!
    Content Marketing ist nichts für zwischendurch. Wer mit Content Marketing etwas erreichen will, muss viel denken, planen, produzieren, nachbessern – immer mit der Zielgruppe vor Augen. Deshalb darf die Definition der Zielgruppe niemals übersprungen werden. Es muss klar sein, welchen Content sie braucht und mag.
    Wir halten Storytelling im Content Marketing für ein wichtiges Instrument. Die Frage muss sein: Welche Geschichte wird das Zielpublikum so sehr ansprechen, dass es diese im besten Fall weitererzählt?

    @Mael Roth: Uns gefällt dein Satz “Dafür ist die Strategie so viel nachhaltiger als die üblichen Strategien, die eigentlich fast nur eine Reihe von mehreren Kampagnen sind”.

  9. […] Content Marketing: das große Missverständnis […]

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