Bild: Headstone Tunnel“; von Darren Harvey (CC BY-SA 2.0) auf Flickr
Ein dunkler kurviger Weg führt zu einem Ziel, das man nicht sieht und vielleicht auch noch gar nicht so genau kennt. Diese Situation erleben wir in Tunnels nur noch selten, meist sind sie gerade und gut ausgeleuchtet. In Projekten kommt es allerdings immer wieder mal vor, dass der Weg dunkel und kurvenreich scheint und das Ziel noch nicht ganz klar ist. Bleibt die Frage, warum man da eigentlich “hineingefahren” ist? Eine Antwort darauf sollte sich auf der strategischen Ebene finden lassen. Das Unternehmensleitbild (Mission, Vision etc.) bildet den Überbau für das, was wir dann auf der operativen Ebene an Vorhaben umsetzen. Über so etwas verfügen Unternehmen als auch Kulturbetriebe in der Regel, aber die Verbindung zu dem, was das tägliche Geschäft ausmacht, fällt vor allem im Kunst- und Kulturbereich schwer.
“Wir brauchen ein Blog, können Sie uns dabei unterstützen?” Diese Frage hörte ich vor einiger Zeit am Telefon. Natürlich haben wir uns zusammengesetzt und über das Blog gesprochen. Herausgekommen ist etwas ganz anderes, ein Blog wäre für das, worum es ging, nicht das geeignete Instrument gewesen. Nun ist es ja nicht verkehrt, ein Blog oder was auch immer haben zu wollen. Nur muss es halt auch in den Rahmen passen, in dem es zum Einsatz kommen soll. Das Ziel ist klar, wir brauchen ein Blog, verstanden, aber warum? Was soll bewirkt werden? Es ist gar nicht so leicht, an diesem Punkt vernünftige Antworten zu finden, oft ist dann von Dialog die Rede, aber wozu soll der gut sein? Unterhaltung ist gut und schön, aber inwieweit trägt sie dazu bei, meine übergeordneten Unternehmensziele zu erreichen? Unter Umständen hilft die Wirkungskette weiter, die das ganze systematisch angeht.
Die erbrachte Leistung, also der Output, ist das Blog, das in die Website integriert werden soll. Objektiv wahrnehmbare Ziele wären zum Beispiel höhere Zugriffszahlen oder eine längere Verweildauer auf der Website. Gefällt den UserInnen die Seite (Impact), äußert sich das vielleicht in positiven Erwähnungen oder mehr Links auf Website beziehungsweise Blog. Die Seite könnte dadurch in den Suchmaschinen nach oben wandern, erhält mehr Zugriffe und führt dazu, dass die dahinter stehende Kultureinrichtung als Marke bekannter wird und sich daraus neue Kooperationen, Gastspiele, etc. ergeben (Outcome).
Passen die Wirkungsziele zu meinen strategischen Zielen, dann kann ich mich mit meinem Blog weiter beschäftigen. Fallen mir nur welche ein, die mit meiner eigentlichen Arbeit wenig oder nichts zu tun haben, ist ein Blog vielleicht keine so gute Idee. Nehmen wir mal an, wir kommen zu dem Ergebnis, ein Blog sei eine gute Sache, dann stellt sich die Frage, wie wir jetzt weiter tun? Normalerweise wird jetzt jemandem die undankbare Aufgabe umgehängt, das Blog mit Inhalten zu füllen. Am Anfang ist der Enthusiasmus groß, aber im Laufe der Zeit lässt er nach und unter Umständen wird das Blog nach einigen Monaten ein recht trauriges Dasein führen, was auch bedeutet, dass die Ziele nicht erreicht werden.
Die Balanced Scorecard ist mehr als ein Kennzahlensystem
Ich denke schon recht lange darüber nach, wie sich die oft große Lücke zwischen strategischer und operativer Ebene schließen lässt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass die Balanced Scorecard ein ganz hilfreiches Instrument sein kann, diese Lücke zu schließen. Ich weiß, sie wird oft als reines Kennzahlensystem verstanden, das mit seinen vielen Messgrößen eher für Verwirrung als für Strukturen sorgt. Das mag in bestimmten Fällen so sein, ich sehe aber den Vorteil, dass man sich mit der strategischen Ebene, mit Zielen und dazu passenden Kennzahlen beschäftigen muss und sich außerdem nicht nur auf eine Sichtweise beschränken darf.
Robert S. Kaplan und David P. Norton, haben die Balanced Scorecard vor rund 25 Jahren entwickelt und dabei versucht, ein Unternehmen aus vier verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Die Herausforderung bei der Balanced Scorecard besteht in der Vernetzung der verschiedenen Perspektiven. Das Blog erhöht die Zahl der BesucherInnen der Website, die Inhalte machen Lust auf Theater und lassen die BesucherInnenzahlen ansteigen. Dadurch kann der Eigendeckungsgrad gehalten oder erhöht werden (finanzwirtschaftliche Perspektive). Zufriedene Besucher äußern sich positiv über das Theater und gehen öfter als früher dorthin, Besucherzufriedenheit und -treue nehmen zu (Kundenperspektive). Das Theater wird aus diesem Grund dafür sorgen, dass auf dem Blog noch bessere Beiträge erscheinen und verändert die internen Abläufe, um leichter an gute Inhalte zu kommen und qualitativ hochwertige Beiträge erstellen zu können (Interne Prozessperspektive). Nun ist das Blog nicht mehr das Werk einer einzelnen MitarbeiterIn, sondern ein Format, zu dessen Erfolg viele beitragen. Abteilungsgrenzen fallen, die Zusammenarbeit macht Spaß, alle beschäftigen sich mit dem Blog und eignen sich gerne das notwendige Wissen an. Die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen steigt, die Zahl der Kündigungen geht zurück (Lern- und Enwicklungsperspektive). Damit haben Sie schon jede Menge Kennzahlen und legen nun im nächsten Schritt fest, wohin Sie kommen wollen, welche Zielwerte es zu erreichen gilt. Das ist oft ganz leicht, zum Beispiel bei den Zugriffszahlen, das ist oft aber auch sehr kompliziert, wenn Sie etwa die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen messen wollen. Nicht immer ist die Zahl der Kündigungen eine geeignete Messgröße. ;-)
Und plötzlich ist das Blog nicht nur dazu da, mit irgendjemandem zu kommunizieren, sondern es löst auf ganz unterschiedlichen Ebenen etwas aus. Was genau, das sollten wir uns davor überlegen. Ursprünglich dafür gedacht, Unternehmen als Ganzes aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten (ich habe das vor Jahren mal bei mir selbst versucht, siehe dazu meinen Blogbeitrag: “Social Media: Wann weiß ich, ob ich erfolgreich bin?“), kommt Andreas Preißner in seinem Buch “Projekte budgetieren und planen” (Affiliate Link) zu dem Ergebnis, dass sich die Balanced Scorecard natürlich auch für Projekte eignet, die Einführung eines Blogs ist ja letzten Endes nichts anderes. Kaplan/Norton haben immer betont, dass sich die verschiedenen Perspektiven beliebig verändern, reduzieren oder erweitern lassen. Nicht in jedem Projekt gibt es eine finanzwirtschaftliche Perspektive, in diesem Fall schlägt Preißner den Begriff der Ergebnisperspektive vor.
In 5 Schritten von der Vision zum Arbeitspaket
So, nun wissen Sie also – hoffentlich – schon sehr viel genauer, warum Sie mit dem Bloggen beginnen wollen. Was aber noch fehlt, sind die Maßnahmen, mit deren Hilfe Sie Ihre Ziele erreichen wollen. Das bedeutet, jetzt heißt es kreativ zu sein und Ideen zu entwickeln, zum Beispiel, welche Themen Sie in Ihrem Blog anschneiden wollen. Haben Sie für alle vier Perspektiven ausreichend Ideen gesammelt, beginnt die Planung, um sie auch alle umsetzen zu können. Hier beginnt jetzt die klassische Projektplanung, vom Projektstrukturplan bis zum Budget, um zu wissen, was in nächster Zeit zu tun ist.
Zusammenfassend sind folgende Schritte notwendig:
- Entwickeln und formulieren Sie Ihre strategischen Ziele, abgeleitet aus dem Leitbild.
- Brechen Sie Ihre strategischen Ziele auf die operative Ebene herunter und benennen Sie Ihre operativen Ziele (dabei kann es sich um Projekte handeln).
- Überlegen Sie sich Ihre Wirkungsziele, erarbeiten Sie die Ziele der verschiedenen Perspektiven (es müssen nicht die vier sein!) und finden Sie die passenden Messgrößen.
- Bestimmen Sie die Zielwerte (wann sind Sie erfolgreich?).
- Überlegen Sie, welche Maßnahmen und Arbeitspakete notwendig sind, um Ihre Ziele zu erreichen (Projektplanung)
Während und vor allem nach der Umsetzung können Sie erkennen, ob Sie “im Plan” sind. Klar sollte sein, dass Ziele und Zielwerte nicht in Stein gemeißelt sind. Verändern sich die Rahmenbedingungen, müssen Sie Ihre Balanced Scorecard entsprechend anpassen beziehungsweise weiter entwickeln. Halten Sie starr daran fest, ist daraus wirklich nur ein Kennzahlensystem geworden.
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