„Finding Influencers“


© S. Hofschlaeger; Pixelio

Wenn ich beispielsweise eine Lesung organisiere, dann wünsche ich mir natürlich eine möglichst große Resonanz, sprich, möglichst viele BesucherInnen. Ich kann versuchen, diese Menschen auf klassischem Weg zu erreichen, also über Einladungen, über Newsletter oder auch über eine Ankündigung in den Printmedien oder im TV. Ich kann aber auch versuchen, sie über die diversen Social Media Kanäle anzusprechen.

Wenn ich nun also eine „Social Media-Kampagne“ starte, dann muss ich eigentlich zwei verschiedene Zielgruppen erreichen, meint Dan Zarella in einem Gastbeitrag für das PR 2.0-Blog von Brian Solis: „influencers and audience.“

„Your audience is the people you’re trying to sell to, this is a wide swath of potential users, clients or customers. They may or may not be heavily involved in social media and they may or may not have large followings“,

schreibt er weiter. Diese Feststellung lässt sich wohl auch auf meine Lesung übertragen. Es gibt sie ganz sicher auf Facebook, Twitter oder sonstwo, die Literaturinteressierten. Aber wenn sie von meiner Lesung erfahren, dann werden sie nicht sofort damit beginnen, über ihre Kanäle auf die Veranstaltung hinzuweisen. Wahrscheinlich können sie das auch gar nicht, weil ihr Netzwerk nicht besonders groß ist.

Deshalb sind die Influencer so wichtig, erläutert Zarella, denn

„(y)our influencers are the people your audience listens to. They are actively engaged in the social web and can communicate with lots of people.“

Sie sind es, die die Informationen verbreiten und auf meine Lesung hinweisen. Im Endeffekt ist es also viel effektiver, die Influencer anzusprechen als meine potenziellen BesucherInnen. Effektiver heißt nun natürlich nicht, dass ich nur noch die Influencer anspreche, aber ich muss wissen, dass es eben zwei Zielgruppen gibt, die ich ansprechen sollte.

Wer die Kommunikation von Kulturbetrieben im Social Web beobachtet und analysiert, kommt sehr schnell zu dem Ergebnis, dass hier nur in Richtung Publikum kommuniziert wird. Selbst wenn man Influencer „erwischt“, dann kommuniziert man mit ihnen wie mit potenziellen BesucherInnen.

Die Influencer spreche ich aber salopp formuliert gar nicht an, damit sie zu meiner Lesung kommen, sondern um die Information über meine Lesung bzw. die Einladung dazu weiterzuleiten und sie dank ihrer Reputation aufzuwerten. Das heißt, ich muss anders mit ihnen kommunizieren als mit meinen potenziellen BesucherInnen.

Stellen Sie sich vor, Sie sind so ein Influencer und bekommen eine Einladung zu einer Lesung, die ungefähr 800 Kilometer von Ihnen entfernt stattfinden soll. Was werden Sie tun? Wahrscheinlich nichts, denn die Entfernung ist zu groß und ansonsten enthält die Nachricht ja nichts, was Ihnen so relevant erscheint, dass Sie es weiterleiten würden.

Wenn ich so mit einem der Influencer kommuniziere, verschenke ich als VeranstalterIn der Lesung enorm viel Potenzial, denn weder ich selbst noch mein Publikum sind in der Lage, die Information darüber entsprechend weit zu streuen. Das kann dann bedeuten, dass der Saal nur halbvoll ist.

Wenn Sie also Ihre nächste Ausstellung oder Ihr nächstes Konzert über die verschiedenen Social Media-Kanäle kommunizieren möchten, denken Sie daran, dass Sie nicht nur Ihr Publikum ansprechen, sondern eben auch die Influencer. Wie aber finden Sie die?

„There are two ways of targeting influencers, you can either find the social media sites they frequent the most and attempt to reach them en masse, or you can identify especially influential individuals and engage them one by one. Both methods work well in concert“,

meint Dan Zarella. Grundsätzlich ist das richtig, nur müssen wir uns vor Augen halten, dass der Kunst- und Kulturbereich noch nicht so präsent im Social Web ist, dass man die Influencer „en masse“ ansprechen kann. So viele gibt es einfach noch nicht. Das was Zarella als „fishing where the fish are“ bezeichnet, ist also gar nicht so einfach. Zentrale Anlaufstellen in Sachen Kunst und Kultur sind im Social Web kaum zu finden, bleibt also vor allem der zweite Weg, die Influencer zu entdecken. Zarella schlägt verschiedene Tools vor, um die Influencer zum Beispiel auf Twitter zu finden. Ein Gradmesser ist für mich etwa die Zahl der Listen, in denen jemand angeführt wird (natürlich hängt es auch davon ab, in welchen Listen). Die Quantität ist zwar sicher nicht das einzige Kriterium, spielt aber eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, dass Influencer als Multiplikatoren wirken sollen.

Bevor sie das tun, muss ich aber erst eine Beziehung zu ihnen aufbauen (siehe dazu: „Wie gewinne ich ‚Influencers‘ für mich?“ ), wobei es dann vor allem um die Qualität geht. Influencer einfach nur als Sprachrohr verwenden zu wollen, sollten Sie vermeiden. Das wird nicht gerne gesehen und funktioniert ganz sicher nicht. Wenn Sie also das nächste Mal eine Veranstaltung bewerben, denken Sie auch an die Influencer. Wobei: eigentlich müssen Sie das jetzt schon tun, denn Beziehungen kosten Zeit.


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Kommentare

13 Antworten zu „„Finding Influencers““

  1. Ach, wenn das Künstlerleben immer so einfach wäre wie in Amerika ;-)
    Grundsätzlich stimmen die Ideen ja. Und als Autor muss man gar nicht so lang nach einem Influencer suchen, der nennt sich nämlich Verlag. Kommen die Veranstalter mit ihren Netzwerken dazu.

    Aber meine Erfahrung sieht so aus: Social Web eignet sich zum Promoten von Lesungen in 99% der Fälle überhaupt nicht. Ausnahmen sind Promis (zu denen die wenigsten gehören) mit echten Fangruppen, die auch mal weiter reisen – oder Auftritte in Metropolen, die wiederum meist nur Promis haben.

    1. Lesungen sind eine extrem regionale, ja lokale Sache. Social Web streut viel zu sehr. Das würde nur funktionieren, wenn ich mir feste Kreise für Hintertupfingen aufbauen würde. Und was, wenn ich morgen in Kreuzkleinhausen auftrete? Vie zu viel Streuverluste, Energieverschwendung.
    Ich habe das übrigens mit einer Stadt mal härtegetestet, das Ergebnis war kläglich (nicht die Lesung, aber die Zahl derer, die über Internet kamen)

    2. Wir tun immer so, als sei heute jeder mit Social Media unterwegs. Ein gefährlicher Trugschluss. Viele Autoren haben ein Publikum, das überhaupt nicht internetaffin ist und das immer noch vom Buchhändler angesprochen werden will oder Flyer haben möchte. So altmodisch das klingt: Flyer bringen in diesem Beruf am meisten, sogar Besucher fürs Internet… Mit Social Media könnte ich allenfalls Kleinstgruppen neuer Interessenten ansprechen – aber ich sollte mein Real-Life-Publikum nicht vernachlässigen.

    Social media als Instrument, um Bücher oder Autoren zu promoten: ja. Für Lesungen ist es das denkbar schlechteste Instrument.
    Und übrigens: die Werbung für eine Lesung kann noch so toll sein, aber plötzlich hat es über 30 Grad oder es schneit oder in einem Dorf in der Nähe steigt ein Fest – und schon bleibt das Publikum spontan aus, selbst Vorbesteller.

    Bei Ausstellungen und Konzerten mag das alles ganz anders aussehen. Ich empfinde es als hochproblematisch, all diese Kulturbereiche auf einen gemeinsamen Nenner herunterbrechen zu wollen. Selbst Autoren haben je nach Art ihrer Bücher völlig unterschiedliche Voraussetzungen!

  2. @Petra: danke für den ausführlichen Kommentar, der einige interessante Punkte enthält. Ganz generell glaube ich nicht, dass es um ein entweder – oder geht. Ich kann so viel twittern wie ich will, wenn die Veranstaltung nicht in der Tageszeitung angekündigt wird, dann werden wahrscheinlich nicht viele Menschen kommen. Es sei denn, es wird ein Twitter-Buch vorgestellt. :-)

    Der Einwand, dass viele potenzielle LeserInnen nicht internetaffin und damit nicht im Social Web anzutreffen seien, stimmt in meinen Augen nicht mehr wirklich. Die ARD-ZDF Onlinestudie zeigt, dass der Anteil der Internetnutzer auf fast 70% angestiegen ist. Und ein Großteil von ihnen tummelt sich in einem oder mehreren Social Networks.

    Spannend ist die Frage, wer denn die Influencer für den Bereich Literatur sind? Ich behaupte, die Verlage sind es nicht. Kann es sein, dass es für diesen Bereich noch gar niemanden gibt, der diese „Aufgabe“ übernimmt? Dann ist zwar verständlich, warum es mit der Promotion über diesen Weg nicht klappt, aber grundsätzlich ist das durchaus möglich.

    Ohne die Influencer haben wir genau das geschilderte Problem. Die Zielgruppe ist zu wenig Web 2.0-affin, um hier großartig virale Effekte auszulösen. Übrigens gilt das eigentlich generell für den deutschsprachigen Kunst- und Kulturbereich. Influencer gibt es kaum bzw. gar nicht, was dazu führt, dass die meisten Kampagnen scheitern.

    Es liegt aber, denke ich, nicht daran, dass es sich bei der Veranstaltung um ein lokales Ereignis handelt, während das Social Web global funktioniert. Communitys wie die Lokalisten sind vor allem im regionalen Umfeld stark und können dort schon zum Besuch einer Kulturveranstaltung anregen.

    Auch die Bewertungsplattformen könnten hier eine interessante Plattform darstellen, funktionieren sie doch auch auf einer regionalen Ebene. Richtig ist, dass es trotz aller Aktivitäten passieren kann, dass die BesucherInnen aus welchen Gründen auch immer ausbleiben. Das hat sich durch das Internet nicht geändert. Es sei denn, die Veranstaltung wird online übertragen, dann ist die Zahl der TeilnehmerInnen vielleicht sogar überraschend hoch.

    Das alles sind für mich Muster, die zu beboachten sind, unabhängig von der Kunstsparte. Sie mögen wirklich höchst unterschiedlich sein. Aber ich spreche ja hier vom Social Web und den Communitys bzw. den Influencern. Da ist der gemeinsame Nenner sehr wohl vorhanden. Sogar weit über den Kunst- und Kulturbereich hinaus.

    1. Interessante Einwände, ich denke mal laut nach:
      1. Warum sind es die Verlage nicht? Dort suchen die Leute zuerst nach Lesungen der Autoren und diese organisieren, machen Plakate, sorgen für Schaufensterdeko etc. Zweiter Influencer wären die Veranstalter selbst, die sehr unterschiedlich sein können (von Buchhandel bis Gastronomie). Dann könnte man noch Communities nutzen, auf denen man sich herumtreibt, aber das ist auf bestimmte Genres und hauptsächlich Romane beschränkt. Und da ein Autor schreiben sollte, hat er keine Zeit für allzu viele Communities.

      2. Zu Punkt 2 habe ich eigene Erfahrungen, deren Zahlen ich nicht veröffentlichen möchte. Ich schwöre aber, dass der Großteil meines wunderbaren Publikums Social Web als Zeitverschwendung und überflüssigen Hype ansieht und lieber ein gutes Buch liest ;-) Sicher nicht typisch, weil ich Bücher schreibe, die man einfach auch haptisch genießen will.
      Wie ich sagte, es kommt auf die Genres an – ganz anders wäre das beim Publikum von z.B. historischen Romanen, die haben auch Fangruppen im Internet, das ist trendy. Nur kommen da die Otto-Normal-Autoren wieder weniger an Lesungen…

      Ich sehe ja, wie sich manche Kollegen in Communities abstrampeln und was wirklich dabei herumkommt – und kann das dann mit herkömmlichen Werbemethoden vergleichen. Das ist eine Illusionsblase.

      Im Buchgeschäft spricht man ja noch altmodisch-lateinisch von Multiplikatoren statt Influencers ;-) Die sind deshalb „unsichtbar“, weil das Menschen sind, die für Mundpropaganda sorgen, weil sie von einem Buch begeistert sind und das mehrfach kaufen und verschenken (das einzige wirklich effektive Werbemittel für Bücher). Unsichtbar vielleicht auch deshalb, weil das je nach Buch völlig unberechenbare und immer wieder andere Gruppen von Lesern sein können. Unsichtbar auch deshalb, weil wir die seltenst kennenlernen, Leserbriefe schreiben nämlich eher die Meckerer als die Multiplikatoren.

      Und ganz ehrlich, wenn morgen der Autor von „Die Schöne und das rote Kleid“ (Fantasietitel) offen hergeht und alle Chefs von Textilfirmen anhaut, sie mögen doch bitte den Roman bei Xing und Co. promoten und als Weihnachtsgeschenk für ihre Mitarbeiter einkaufen, was passiert dann wohl? Der Autor ist geliefert. Noch so ein Möchtegern, der hat’s aber nötig, geldgeil… so wird das Publikum sprechen.

      Vergessen wir mal eins nicht: Bücher schreibt man nicht, um „Ware“ zu verkaufen. Die meisten Autoren haben gerade gestrichen die Nase voll von dem, was Konsum- und Werbezwänge aus ihrer Arbeit machen. Deshalb noch mal: Die Adresse für so etwas sind die Verlage, nicht die Künstler und Kreativen.
      Fragen Sie mal Verlage nach Ihren Erfahrungen mit Social Media! (Da flaut bei Twitter auch gerade ein Hype ab).

      Es gibt übrigens ein ganz tolles Mittel, um Multiplikatoren aus dem Boden sprießen zu lassen: Ein wirklich tolles Buch zu schreiben, das berührt – und wo der Autor auch etwas zu sagen hat.

  3. o.h. ich glaube es ist egal ob Fürsprecher, Multiplikator, Promoter oder Influencer. Es ist gut sich Unterstützung zu suchen. Neben Mailings, Veranstaltungskalender, Pressemappen, Einladungen werden wir für unser neues Ausstellungsprojekt im Juli 2010 mit einem Blog arbeiten, um dann über Xing, MySapce, Faceboge u.a. darauf verweisen zu können.
    Wir beginnen bereits heute Menschen zu finden, die uns helfen können, für uns ein gutes Wort einlegen können und wollen. Momentan gelingt dieses ganz gut und wir werden diese Menschen auf unserem Blog auch vorstellen… Eigentlich ist es egal ob mit oder ohne WEB 2.0 die Methodik ist die gleiche nur das Werkzeug ein anderes ;-)

    Egal ob Social Networks oder Netzwerke im wirklichen Leben (wie im Sportclub, Aluminies…) man muss Netzwerke pflegen und hier gefallen mir die Aussagen in „77 Irrtümer des Networkings …“.

    https://www.xing.com/net/77irrtuemer/77-irrtumer-des-networkings-erfolgreich-vermeiden-394778/social-media-revolution-auf-deutsch-24806429/

    Beste Grüße – FRank

  4. @Petra: Influencer können nur einzelne Personen sein, d.h. Verlage und Veranstalter kommen dafür nur dann in Frage, wenn sie es schaffen, personalisiert zu kommunizieren, sprich eine authentische und vertrauenswürdige Person zu haben. Bis jetzt machen Verlage im Social Web vor allem Werbung, deshalb auch die schlechten Erfahrungen.

    Ich bin ein Verfechter des Community-Gedankens und daher davon überzeugt, dass es nicht so sehr um Promotion geht, sondern darum, dem anderen einen Mehrwert zu verschaffen. Andernfalls passiert das, was Sie recht anschaulich beschrieben haben. So etwas ist dann mehr als peinlich.

    Ich würde in so einem Fall nie das Buch kaufen. Eine ehrliche Empfehlung kann aber sehr wohl dazu führen, dass ich ein Buch kaufe. Allerdings passiert das nicht von Heute auf Morgen.

    Ich glaube auch gerne, dass Menschen sich nicht für das Social Web interessieren oder es für Zeitverschwendung halten. Als Kunde darf ich das, als jemand, der etwas anzubieten hat, nicht.

  5. @Frank: stimmt, wie man diese Person nennt, ist eigentlich egal. Nur muss man diesen Unterstützern auch etwas anbieten können. Und wenn es das tolle Buch ist, das Spektrum ist sehr weit. Netzwerke funktionieren nur dann, wenn es ein Geben und Nehmen gibt, sonst fällt es auseinander.

    1. Hallo Christian,
      im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut versuchen wir zur Zeit Netwerke zu klassifizieren. Ohne gemeinsame Interessen gibt es keine Netwerke, dass war schon zu meiner Buddelkastenzeit so – FRank

  6. @Frank: ja, das gemeinsame Interessen und das Wissen um Geben und Nehmen die Voraussetzung für die Existenz von Netzwerken sind, ist keine Erkenntnis des Internetzeitalters. Aber es wird doch immer wieder vergessen.

    Aber die Klassifizierung von Netzwerken würde mich interessieren. Hast Du da Infos dazu?

    1. wir arbeiten noch ;-) Ich denke in 03 / 2010 gibt es etwas vorzeigbares.

      1. da bin ich gespannt…

  7. […] einiger Zeit habe ich in meinem Beitrag „Finding Influencers“ darauf hingewiesen, wie wichtig diese sind. Sie verbreiten innerhalb der Community […]

  8. […] die die Meinung von Netzwerken und Communitys beeinflussen (siehe dazu mein Blogpost: „Finding Influencers„). Die Social-Media-Expertin Rachel Happe sieht das noch etwas differenzierter. In ihrem […]

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