© Paul-Georg Meister, Pixelio
Gestern habe ich bei Matthias Schwenk gelesen, dass es den “Brockhaus” zukünftig nur noch online geben wird. Schade, denn der Brockhaus ist wohl nicht nur für mich der Inbegriff des Lexikons. Ein dickes Buch, das ich früher sehr oft, sehr gerne und natürlich mit entsprechender Ehrfurcht in die Hand genommen habe, wenn ich etwas nachschlagen wollte.
Irgendwann kam dann Wikipedia und ab diesem Zeitpunkt war der Brockhaus nicht mehr nötig. Im Internet ging alles schneller. Ob dort auch alles besser ist, sei mal dahin dahingestellt. Nun versucht der Brockhaus-Verlag, verlorenes Terrain zurück zu gewinnen und geht ab Mitte April mit einem Lexikon-Portal online. In Buchform wird es ihn dann nicht mehr geben.
Finanziert werden soll das Portal durch Werbe- und Sponsoringeinnahmen. Ist das wirklich alles, was dem Brockhaus-Verlag dazu einfällt? Gibt es sonst keine Ideen dazu? Matthias Schwenk ist skeptisch,
“ob Brockhaus im Bereich des allgemeinen Wissens gegenüber der Wikipedia noch Boden gut machen kann.”
Ich bin da optimistischer, denn der Brockhaus genießt ein wesentlich größeres Vertrauen als Wikipedia. Fragen Sie mal an den Universitäten nach, dort wird das Zitieren aus Wikipedia teilweise gar nicht gerne gesehen. Der Grund: Bei Wikipedia kann jeder Beiträge verfassen, Schwenk spricht vom “Crowdsourcing-Effekt”. Aber wer garantiert, dass das, was dort an Inhalten online steht, auch korrekt ist?
Da passt die Frage von Armin Karge, ob das Web 2.0 dumm macht, ganz gut dazu. Er verweist in seinem Beitrag auf eine Studie, die zeigt, dass es gar nicht so einfach ist, aus der immer größer werdenden Menge an Informationen die Spreu vom Weizen zu trennen. In den Kommentaren zu seinem Beitrag ist von Filtermechanismen die Rede. Oder von Communities of Trust. Das heißt, wir verlassen uns auf in unseren Augen vertrauenswürdige Personen.
Der Brockhaus-Verlag genießt dieses Vertrauen bereits und er wird alles daransetzen müssen, dieses Vertrauen zu bewahren. Aber wie? Eine gut bezahlte Redaktion wird er sich auf Dauer nicht leisten können. Da könnte der Aufbau einer Community of Trust eine bedenkenswerte Alternative sein, um auch langfristig mit der Konkurrenz mithalten bzw. den Vorsprung halten zu können.
Aber ich stelle mir die Frage, ob der Gang ins Internet wirklich der einzig mögliche Weg ist, nicht nur für den Brockhaus-Verlag, sondern überhaupt für das Produkt Buch? Natürlich sind fast 3.000 Euro für eine dreißigbändige Enzyklopädie ein stattlicher Preis. Aber ich kann mir vorstellen, dass es in nicht allzu langer Zeit wieder eine gedruckte Ausgabe geben wird, weil ein Buch eben doch etwas anderes ist als ein Bildschirm, auf dem man Texte durchscrollt.
Nun ist ein so umfassendes Lexikon ja etwas sehr spezielles. Wie sieht es aber mit ganz “normalen” Büchern aus? Evan Schnittman hat sich dazu seine Gedanken gemacht. “Do I Believe in Ebooks?” ist sein Beitrag überschrieben. Darin schildert er recht anschaulich, dass es gar nicht so sehr um ein entweder oder gehen sollte, sondern vielmehr um ein sowohl als auch. Schnittman, der viel auf Reisen ist, schätzt es unterwegs, sein Kindle nutzen zu können.
Aber es gibt auch eine Vielzahl von Situationen, wo wir einfach ein Buch in Händen halten wollen. Schnittmans Vorschlag:
“I should be able to buy a license that gets me the book in print form and makes a digital copy available to me for downloading onto my device of choice. In other words, I want to buy a book and have the ebook too. (Or buy the ebook and get the print book too.) And guess what, I want to pay one price.”
Und wenn man das Paket dann noch, abhängig von der Art des Buchs, um eine Hörbuchversion erweitert, würde man, so die digitalen Lesegeräte hier in Europa eines Tages erschwinglich werden, zumindest mich als Kunden gewinnen können.
Aber das muss noch nicht alles sein. Gerade der Brockhaus-Verlag, der über eine schier unglaubliche Menge an Informationen verfügt, müsste sich eigentlich mit Softwareentwicklern zusammentun, um genau das anbieten zu können, was Matthias Schwenk immer wieder fordert: semantische Technologien, die es mir möglich machen, aus der Menge an Informationen die herauszufiltern, die ich gerade benötige. Wenn ich auf diese Weise Zeit sparen kann und qualitativ hochwertige Inhalte angeboten bekomme, die ich zu diesem Zeitpunkt benötige, dann bleibe ich wahrscheinlich nicht alleine mit meiner Bereitschaft, dafür auch zu bezahlen.
Vor einigen Tagen habe ich in einem anderen Beitrag von der Veredelung des Produktes gesprochen. Das heißt, die Informationen stehen gratis online zur Verfügung, für die Verknüpfung dieser Informationen zahle ich. Vorerst schaut die Realität im Falle des Brockhaus aber anders aus: Werbung ist Trumpf.
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen