© Bernd Boscolo; Pixelio
Diese Frage wurde mir vor ein paar Tagen von einer Kulturmanagerin aus dem Theaterbereich gestellt. Im ersten Moment wollte ich diese Frage bejahen. Aber ist das wirklich so? Immerhin gibt es heute noch jede Menge Menschen, die, ob freiwillig oder unfreiwillig, auf die Email verzichten. Die nicht alles in Google nachschlagen, sondern in einem Lexikon. Die unter einem sozialen Netzwerk etwas anderes verstehen als das Kontakte sammeln in Xing.
Geht es denen schlechter als uns, die wir ohne das Internet gar nicht mehr auszukommen meinen? Sie leiten Firmen, arbeiten als Anwälte, Handwerker, etc. und haben keine schlechteren Umsätze als die anderen. Es ist auch nicht so, dass sie einsam und verlassen ihr Leben fristen müssen, weil man sich heute nur noch im Internet kennen lernt und trifft. Ganz im Gegenteil, Kerstin Hoffmann hat gestern festgestellt, dass das Bloggen aus ihr eine Langweilerin gemacht hat, die den Kontakt zum realen Leben verloren hat.
Also wozu braucht eine Kultureinrichtung das Internet?
Information? Welche dürfen es denn sein? Wenn es um künstlerische Inhalte geht, sind beispielsweise Ausstellungskataloge und Bücher eine ganz gute Quelle. Wer ab und zu noch Bibliotheken besucht, weiß, was sich dort für Schätze verbergen. Da findet man mindestens ebensoviel Neues wie im Netz. Und das ganze Drumherum, also etwa die Organisation der nächsten Ausstellung oder des nächsten Gastspiels? Auch da komme ich sehr gut ohne das Internet klar. Ich bin halt anders organisiert. Mit Notiz- und Adressbuch kommt man immer noch sehr weit.
Kommunikation: auch früher haben Menschen den Weg ins Museum oder Konzert gefunden. Empfehlungen lassen sich zwar online schneller und weiter verbreiten, aber wann bin ich ins Kino gegangen? Wann habe ich eine Platte gekauft? Richtig, wenn jemand gemeint hat, dass die Platte oder der Film gut sei. Und wie ist das heute? Noch immer gibt es Menschen, die ohne das Internet etwas weiterempfehlen.
Miteinander ins Gespräch zu kommen ist eine Kunst, die man beherrschen muss, egal ob online oder offline. Und auch ohne das Internet gibt es wahre Kommunikationsgenies, die es verstehen, Gespräche zu initiieren. Vielleicht sogar schriftlich. Nehmen wir die zahlreichen Briefwechsel, die KünstlerInnen miteinander geführt haben. Sie bieten eine Fülle an Informationen und Einblicken. Emails? Ich fürchte, unsere Emailkommunikation ist nicht annähernd so ergiebig wie viele dieser Briefe.
Networking: ich treffe mich heute noch gerne in Cafehäusern. Zugegeben, das geht in Wien besonders gut, aber das ist es nicht. Der Austausch funktioniert anders, ist aber unter Umständen nachhaltiger, denn schließlich trifft man sich ja nicht jeden Tag. Ist es nicht sogar ein Vorteil, wenn ich meine Stakeholder im persönlichen Gespräch erlebe? Erfahre ich da nicht unter Umständen mehr als in einer Email?
Es geht also, um die Frage aus der Überschrift zu beantworten, durchaus auch ohne das Internet. Die Frage ist, ob das Sinn macht? Verweigerungshaltung? Privat mag das gehen, aber als Kultureinrichtung? Eher nicht. Die Herausforderung besteht wohl darin, das richtige Maß zu finden. Ausschläge gibt es in beide Richtungen und als jemand, der das Internet intensiv nutzt, wäre es fatal, diejenigen, die es gar nicht oder nur selten nutzen, geringzuschätzen. Die Gefahren, die daraus resultieren, hat Kerstin Hoffmann in ihrem oben erwähnten Blogpost angesprochen. Ein Kommentar dazu hat es recht gut getroffen:
“Leider viel zu wahr, um nur lustig zu sein…”
Es gibt sie noch, die Welt da draußen. ;-)
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