Als ich vor vielen Jahren damit begann, regelmäßig ins Theater zu gehen, war der Kauf des Programmhefts immer ein Muss für mich. Erstens enthielten sie in der Regel interessante Beiträge zum Stück bzw. zum Thema, um das es im Stück ging. Zweitens waren sie vor allem in der Studentenzeit für mich leistbar, weil sie (in der Regel) billiger als ein Buch waren. Von der Qualität der Beiträge kamen sie aber oft an ein Buch heran bzw. übertrafen es sogar durch die Zusammenstellung der Beiträge. Das Ergebnis war eine lange Reihe von Theaterprogrammen in meinem Regal.
Mit der Zeit hat sich mein Verhalten verändert. An den Preisen liegt es nicht unbedingt, wohl aber an Aufmachung und Qualität, wobei ich nicht verschweigen möchte, dass es noch immer höchst liebevoll zusammengestellte und qualitativ hochwertige Programme gibt. Aber erwarten darf man so etwas nicht mehr. So kaufe ich eigentlich nur noch höchste selten ein Programm und habe bis jetzt eigentlich nicht darüber nachgedacht. Es ist einfach so passiert.
Ähnlich ist es wohl Chloe Veltman gegangen, die in ihrem Blogpost “The Death Of The Theatre Program” das Programmheft insgesamt in Frage stellt.
“Is a program in the traditional sense of the word even relevant today?”
fragt sie sich. Was soll ein Programmheft abgesehen von den Standardinformationen (z.B. die Besetzung) eigentlich noch an Inhalten anbieten? Die einführenden Worte von Theaterleitern, die sich auf einer eher allgemeinen Ebene über das Stück und die Welt auslassen, findet sie langweilig. Und warum man sich in einem solchen Text dann noch bei den Sponsoren bedanken muss, kann sie sich auch nicht erklären.
Eines ist ihr aber wichtig:
“On the other hand, it can be useful and entertaining to have some pointers as an audience member. This is where dramaturgical research can come in handy. I like to look at tangential material such as paintings and photographs, websites, newspaper articles, poems, essays by philosophers/scientists/sociologists etc that went some way towards informing the production. These “third party” sources provide theatregoers with the tools to make the thematic connections themselves. They also provide some insight into the production process.”
Das ist genau das, was ich früher an den Programmheften so gut fand, was sie heute aber leider immer seltener enthalten, wertvolle Einblicke, Querverbindungen oder Impulse.
Veltman stellt sich nun aber die Frage, ob solche Informationen wirklich in einem Programmheft enthalten sein müssen oder ob es nicht sinnvoller wäre, diese Informationen online anzubieten, um sich davor oder danach so umfassend zu informieren, wie man das eben möchte?
Sie schlägt vor, dass man ca. einen Tag davor eine Email erhält, in der auf die zur Verfügung gestellten Informationen hingewiesen wird und diese nur noch anklicken muss. Auf diese Weise lassen sich auch die verschiedensten Medien einsetzen. Theater können Podcasts anbieten oder Videointerviews mit SchauspielerInnen oder RegisseurIn online stellen. Auch eine Sammlung von Links, bei einem Social Bookmarking-Dienst zusammengestellt, würde wahrscheinlich viele TheatergeherInnen glücklich machen.
Im Theater selbst würde man dann, so Veltman, nur noch einen Handzettel erhalten, der die wichtigsten Infos zum Stück enthält. Mir gefällt die Idee, allerdings ist in den Kommentaren ein nicht unwichtiger Einwand dazu aufgetaucht. Solche Programmhefte bilden ja auch so eine Art Archiv, das im Rückblick wertvolle Einblicke in die Entwicklung des Theaters bietet. Dieses Archiv gäbe es dann nicht mehr. Allerdings stellt sich die Frage, ob Programmhefte dieser Aufgabe heute noch gerecht werden?
Was also tun oder anders gefragt: brauchen wir die Programmhefte noch? Wenn ja, wie sollten sie aussehen? Wenn nein, was sind die Alternativen, auch im Hinblick auf die Archivfunktion?
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