Im Rahmen der NPO-Blogparade hat Sebastian Schwiecker auf dem Helpedia-Blog die Frage gestellt, warum die Höhe der Verwaltungskosten bei spendensammelnden Organisationen so oft im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte steht?
Vermuten müsste man, dass niedrige Verwaltungskosten und das Ausmaß der Hilfe irgendie korrelieren. Also z.B.: je weniger Geld in die Struktur der Organisation fließt, desto mehr und besser kann geholfen werden. Ich denke, wir sind uns einig, dass das Unsinn ist. Woran liegt es dann aber, dass wir in einem solchen Fall auf den Verwaltungskosten herumreiten, die uns ansonsten eigentlich ziemlich egal sind?
Das Problem: uns fehlen die Kriterien, um bewerten zu können, ob unsere Spende effizient eingesetzt wird oder nicht. “Sascha” schreibt in einem Kommentar zu Sebastian Schwieckers Beitrag:
“Die Verwaltungskosten interessieren mich bei einer Pizza nicht, weil ich beim Essen merke ob sie gut oder schlecht ist. Bei Spenden wird mir so ein Test i.d.R. schwer fallen. Vielmehr verknüpfe ich als Hilfskonstrukt die Qualität der Leistung unmittelbar mit der Frage ‘wieviel Geld wird für Projektaktivitäten zur Verfügung gestellt’. Als ‘Gut’ ist eine Spende da eher einer Versicherung ähnlich, hier interessiert es mich auch, wie hoch die Verwaltungskosten sind, da überhaupt nur das Geld angelegt werden kann, was nicht für Bürotürme, Gehälter ausgegeben wird, die Rendite meiner Anlage kenn ich im Zweifel erst in 35 Jahren.”
Stimmt, über die “Rendite” meiner Spende kann ich mich im Zweifel auch erst in ein paar Jahren informieren. Eigentlich ist sie eine Art Investment, bei dem ich nicht weiß, was wirklich dabei rauskommt. Und so wie die Höhe der Verwaltungskosten einer Versicherung nichts über die Summe aussagt, die ich am Ende ausgezahlt bekomme, ist deren Höhe auch wenig aussagekräftig, wenn es um den Nutzen oder die Nachhaltigkeit meiner Spende geht.
Das heißt, es gibt Investments, bei denen ich sehr schnell weiß, ob sich der (finanzielle) Einsatz gelohnt hat oder nicht. Sebastian Schwiecker bringt als Beispiel die Pizza, die mir entweder schmeckt oder nicht. Schwierig wird es bei den Investments, bei denen ich erst sehr spät erkennen kann, ob sich der finanzielle Einsatz gelohnt hat, wie z.B. bei den Versicherungen. Da greife ich auf Hilfskonstrukte (Verwaltungskosten) oder Momentaufnahmen (aktueller Wert meiner Versicherung) zurück. Aber gerade jetzt erfahren wir, dass es unzulässig ist, von einer linearen Entwicklung auszugehen.
Bei vielen Spendenaktionen gibt es sowas wie das “Versicherungsende” gar nicht. Auch hier sind Berichte über eine Aktion Momentaufnahmen und die Höhe der Verwaltungskosten ein Hilfskonstrukt. Aber welche Alternativen gibt es für mich als SpenderIn, um die Nachhaltigkeit meiner Spende einschätzen zu können?
Dazu tragen meiner Meinung nach die Spendenorganisationen selbst bei, indem sie mich mit “falschen” Informationen versorgen. Beispiel: die Höhe der bereits eingegangenen Spenden. Die Aussagekraft für mich als SpenderIn ist begrenzt. Ich weiß, dass andere auch gespendet haben, aber ob aus meiner Spende einen Nutzen resultiert, erfahre ich so nicht. Auf der anderen Seite kann ich es natürlich verstehen, wenn eine Organisation mit der Spendensumme wirbt, schließlich wirkt das anziehend auf andere SpenderInnen.
Und im Falle von kurzfristiger Hilfe kann das auch zielführend sein, wenn ich weiß, dass für eine Summe x eine entsprechende Zahl von Zelten oder Decken gekauft und zur Verfügung gestellt wurden. Das heißt, wir können zwischen kurzfristiger und langfristiger Hilfe unterscheiden. Im Fall von kurzfristiger Hilfe ist die Höhe der eingegangenen Spenden ok, für langfristige Projekte müssen wir uns andere Kriterien überlegen.
Diese Kriterien können von Projekt zu Projekt völlig unterschiedlich sein, wichtig ist in meinen Augen allerdings, dass ich als SpenderIn auch dementsprechend über einen längeren Zeitraum hinweg mit Informationen versorgt werde. Wie oft passiert das aber? Eher selten, vermute ich, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, über einen längeren Zeitraum von einer Hilfsorganisation mit Informationen versorgt worden zu sein, der ich Geld gespendet hatte. Das war zugegeben früher auch ziemlich schwierig und teuer. In Zeiten von Social Media ist das aber sehr wohl möglich. Wie so etwas funktioniert, zeigt derzeit Ole Seidenberg mit seiner Aktion Uwe. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass das Projekt noch nicht allzu lange läuft. Mal sehen, wie es in einem Jahr oder zwei aussieht?
Das heißt, die Langfristigkeit eines Projektes muss auch kommuniziert werden, aber das kostet Zeit und Geld. Dieses Geld soll aber, so fordern es die SpenderInnen, bei den Begünstigten ankommen, nach Möglichkeit zu hundert Prozent. Wenn man bei Spendenaktionen liest, wie oft es da heißt, dass die Spenden ohne jeden Abzug bei den Empfängern ankommen, dann muss man sich nicht wundern, dass diese Haltung mittlerweile selbstverständlich ist.
Stattdessen ist es unter Umständen zielführender, die ganzen Prozesse zu dokumentieren, die notwendig sind, damit die Spende auch bei den EmpfängerInnen ankommt. Transparenz macht meine Kompetenz sichtbar und fördert das Vertrauen in mich als Spendenorganisation. Diese Punkte scheinen mir besonders wichtig zu sein, denn mir ist in diesem Zusammenhang mein gestriges Blogpost zum Thema Fundraising eingefallen.
Dort wurde in einer Studie im Hinblick auf die Spendenbereitschaft festgehalten, dass das Vertrauen viel wichtiger sei als der Zweck, für den das Geld eingesetzt werde. Vertraue ich einer Spenderorganisation, dann wird die Höhe der Verwaltungskosten für mich kein Thema sein. Aber dieses Vertrauen, das gilt es erst einmal zu gewinnen. Und das hat ganz viel mit Kommunikation zu tun.
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