Twitter: interessant für den Kunst- und Kulturbereich?

“Soll ich jetzt auch twittern?” bin ich vor ein paar Tagen von einer Musikerin gefragt worden. Diese Frage stellen sich wohl derzeit viele, nicht nur im Kunst- und Kulturbereich. Und eine nicht kleine Zahl entscheidet sich dann für einen ersten Versuch. Wobei der Versuch erst einmal darin besteht, sich einen Account zuzulegen. Und dann?

Ist Twitter überhaupt das richtige Tool für mich? Und was soll ich da jetzt überhaupt schreiben? Und wem folge ich und wem nicht? Diese Fragen sind alle berechtigt und eigentlich nicht wirklich – zumindest in diesem Stadium – zu beantworten. Beth Kanter ist der Überzeugung, dass die Frage, ob Twitter das richtige Tool für einen sei, falsch ist.

“Stop thinking that adopting social media or social software or online collaboration tools is a matter of selecting a tool off a menu. There is a process that requires understanding the space between the tools and the people and having someone who knows that space (…)”,

schreibt sie in einem Blogpost. Das heißt, es geht darum, ein Gefühl für diesen Kommunikationsraum zu bekommen und herauszufinden, was ich da alles machen kann. Erst dann kommt wahrscheinlich die Frage nach dem Wie.

Deshalb macht es auch gar nicht so viel Sinn, wenn ich hier jetzt einen Beitrag schreiben würde a la “in zehn Schritten zum Twittererfolg”. Nein, was ich Ihnen zeigen möchte, sind Beispiele, wie sich Twitter im Kunst- und Kulturbereich einsetzen lässt.

#KAtalk

Meistens muss man sich, wenn es um Beispiele aus dem Social Media Bereich geht, im angelsächsischen Raum umsehen. In diesem Fall ist das nicht nötig. KAtalk ist eine Idee, die von der Kronberg Academy und den Duisburger Philharmonikern ausgegangen ist. Ulrike Schmid, die die Social Media-Aktivitäten der Kronberg Academy betreut, beschrieb KAtalk in einem Blogbeitrag so:

“Der KAtalk ist ein Gespräch zwischen einem jungen Talent, dass bei uns an einem der Kammermusikprojekte oder an einem Meisterkurse teilnimmt und einem erfahrenen, mitten im Berufsleben stehenden, Geiger, Bratscher oder Cellisten. Angedacht ist, dass diese wir diese KAtalks in unregelmäßigen Abständen mit verschiedenen Orchestern, Streich- oder Klaviertrios etc. fortsetzen.”

Wer wissen will, wie das dann aussieht, kann dieses Gespräch, an dem sich dank der offenen Struktur von Twitter auch andere beteiligen konnten, auf Twitter nachverfolgen. Ich selbst habe das Gespräch mitverfolgt und fand es bemerkenswert, wie schnell auf Twitter Gespräche entstehen können. Und das in einem Raum, in dem sich eine Vielzahl von Menschen bewegt und kommuniziert. Das Resümee von Ulrike Schmid fällt denn auch sehr positiv aus, eine Fortsetzung ist für Ende Mai geplant.

#operaplot

Eine andere Idee, Twitter zu nutzen, habe ich bei Maryann Devine auf ihrem smArts & Culture-Blog entdeckt. Sie berichtet in ihrem Beitrag “Can Opera Go Viral?” über die  Idee der Musikkritikerin Marcia Adair, einen Twitter-Wettbewerb zu starten, eben operaplot. Adair betreibt, nebenbei bemerkt, ein ganz phantastisches Blog namens “The Omniscient Mussel“, was mich zu der Frage führt, warum in anderen Ländern MusikkritikerInnen diesen Weg der Kommunikation beschreiten, während man hier schon froh sein muss, wenn die Kritikerzunft weiß, was ein Weblog ist. Da besteht Nachholbedarf.

Zurück zum Thema und operaplot. Die Aufgabe bestand darin, den Plot einer Oper in 140 Zeichen zusammen zu fassen. Das genaue Prozedere hat Marcia Adair in einem eigenen Blogpost erklärt, am Ende gibt es dann sogar etwas zu gewinnen.

Den Sinn und Zweck dieser Aktion fasst Maryann Devine sehr schön zusammen:

“It’s fun. It’s highly targeted. It’s for people who really love opera and have a sense of humor about it, rather than for the masses. It’s successfully viral, and how often can you say that? Major opera companies have taken note and become partners, which adds to the viral effect by making it even more desirable for contestants to enter.”

Damit beschreibt sie zugleich auch das Potenzial, das Twitter aufweist. Denn ich kann in kurzer Zeit eine Vielzahl an Menschen erreichen. Nur: ob ich sie dann auch für mich gewinnen kann, hängt nicht so sehr von Twitter ab, sondern davon, was ich damit mache. Da ist Kreativität gefragt und wenn ich kein Gespür dafür habe, wie ich meine Zielgruppen ansprechen kann, dann wird der Account wahrscheinlich schnell verwaisen. Was schade wäre.

Apropos: wenn Sie wissen wollen, wie sich eine Oper in 140 Zeichen erzählen lässt, verwenden Sie einfach die Twitter-Suche.

#kulturtwitter

Bleibt noch die Frage, wie ich diese Menschen, die sich für Kunst interessieren, überhaupt erreichen kann? Einerseits sprechen sich gute Aktionen herum und Interessierte werden Ihnen schnell folgen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich mittlerweile eine Vielzahl von Leuten aus dem Kunst- und Kulturbereich, die auf Twitter zu finden sind. Zum Beispiel mit Hilfe der Aktion kulturtwitter. Was das ist und wie Sie sich daran beteiligen können, darüber habe ich vor einiger Zeit einen eigenen Beitrag geschrieben.

Mal sehen, über welche Twitter-Aktionen ich demnächst berichten kann. Vielleicht auch über Ihre?


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17 Antworten zu „Twitter: interessant für den Kunst- und Kulturbereich?“

  1. Vielleicht ist auch der Literaturpreis des Duftenden Doppelpunkts rund um das Thema Arbeitswelt http://literaturblog-duftender-doppelpunkt.at/litpreis/ ein Beispiel, der diesmal durch einen Zusatzpreis “Literatur-Twitter” ergänzt wird.

    Wie sich das entwickelt und ob es für den “Nicht-Twitter”-Preis auch Interesse erzeugt – wir werden es sehen…

    1. Stimmt, das ist auch ein schönes Beispiel, danke für den Hinweis!

  2. Ich denke, dass Blogposts oder Artikel über Twitter, die sich an Anfänger richten zwar wichtig sind und gleichzeitig dennoch zu kurz greifen.

    Meine Erfahrung ist, dass inzwischen Leute aus anderen beruflichen Zusammenhängen als dem “klassischen” Twitterclientel (IT-Umfeld) zwar inzwischen etwas von Twitter gehört haben (z.B. Nachrichten, Zeitung…) allerdings nicht davon ausgehen, dass aus ihrem eigenen beruflichen Umfeld überhaupt jemand auf Twitter sein könnte. Aus diesem Grund wird dann z.B. erst gar nicht danach gesucht, wer auf Twitter ist und wem man folgen könnte oder was man mit dem Twitter-Ding anstellen könnte.

    Kommt man aus dem Bereich “Webworker” – im weitesten Sinne – so erscheint es mir wesentlich leichter. Man weiß oder ahnt, wer auf Twitter sein könnte und sucht deswegen gezielt, folgt, wächst in das Medium rein, beginnt sich dafür zu interessieren, was alles möglich ist, vernetzt sich usw. Will man dann etwas wissen über Twitterer aus anderen beruflichen Zusammenhängen, so wird es leichter, denn irgendwer der eigenen Follower weiß eigentlich immer etwas oder kennt einen Twitterer, der das weiß. Dann schaut man sich an, welche Leute aus diesen anderen Sparten interessant sind (Anzahl der Follower, Namen, Art des Twitterns usw.).

    Daraus ergibt sich für mich die Frage, ob man Microblogging (um das mal weiter zu fassen) vorverstanden haben muss?

  3. @Kerstin: ja stimmt. Für mich war es anfangs auch nicht einfach, mich zurecht zu finden. Nachdem auch nur die Social Media Experten dort anzutreffen waren und (fast)niemand aus Kunst und Kultur, habe ich es nach der ersten Schnupperphase erst mal wieder sein gelassen.

    Im zweiten Versuch gab es dann vor allem in den USA schon eine Menge an twitternden Kultureinrichtungen. So war Twitter für mich erst einmal das Bindeglied in Richtung Amerika. Erst so nach und nach ging es dann hier los.

    Deine letzte Frage ist berechtigt. Ich würde sie mit ja beantworten und das nicht nur im Hinblick auf Microblogging, sondern eigentlich gilt das für das Social Web insgesamt. Da geht es um wesentlich mehr als das Einrichten eines Accounts bei Twitter oder Facebook. Wahrscheinlich ist das auch der Hauptgrund, warum so viele dann schnell wieder aufgeben…

  4. Ich komme zwar aus der Ecke der Webaffinen, wußte Mitte 2007 aber auch noch nicht so recht wofür Twitter verwenden. Aber ich habe mich auf das Experimentieren eingelassen, Twitter unterschiedlichst eingesetzt und dann meinen Weg gefunden.

    Twitter ist etwas was man selbst für sich herausfinden muss, wie man es für sich nutzen kann. Helfen könnten gute Beispiele, die noch genügend Freiraum für Weiterentwicklungen lassen. Die bisherigen Beispiele sind wohl zu sehr im privaten Umfeld, der Web 2.0 Szene oder des Marketing angesiedelt um auch andere Bereiche zu interessieren.

    Noch eine Anmerkung zu “schnell aufgeben”. Bei Twitter wird das sooo besonderes hervorgehoben, dass ein größerer Teil kurz danach wieder abspringt. Erstens wurde aber – soweit mir nicht bekannt – nicht weiter gefragt (oder später gefragt), ob diese Personengruppe nach einiger Zeit doch wieder mit Twitter etwas tut. Zweitens würde ich schon gerne wissen, ob das nicht bei vielen Web 2.0 Angeboten (aber auch bei Angeboten im so genannten “Real Life”) genauso der Fall ist. Man steigt ein, weil alle einsteigen, weil es so toll sein soll, weil man neugierig ist … und dann lässt man es bleiben. Wieviele “Karteileichen” gibt es z.B. in Facebook, in Foren,… bei sonstigen Gratisangeboten? So kenne ich auch einige Leute in Buchclubs, die Anfangs brav ihre Wunschbücher bestellten und dann nur mehr die Quartalsbände entgegennahmen….

    Das spannende an Twitter ist, dass ich fast jeden Tag eine neue Idee entdecke, wie man es nutzen (aber leider auch mißbrauchen) kann.

    Und: Man muss nicht twittern! Aber man kann! :-)

  5. […] Da Kulturmanagement Blog – Kunst möglich machen Twitter: interessant für den Kunst- und Kulturbereich? […]

  6. @Robert Lender: dass Leute Twitter ausprobieren und es dann wieder sein lassen, betrachte ich auch als völlig normal. das ist in vielen Bereichen so. Wie viele Leute haben z.B. angefangen, ein Instrument zu lernen? Und wieviele sind dann wirklich dran geblieben? Da ist die Abbrecherquote wahrscheinlich wesentlich höher als bei Twitter. :-)

    “Twitter ist etwas was man selbst für sich herausfinden muss, wie man es für sich nutzen kann.”

    Genau!!

  7. @Christian
    Der Vergleich mit Musikinstrumenten ist gut :-) Ich gehöre auch zu denjenigen…

  8. […] ich über Das KulturmanagementBlog auf #operaplot, die kreative Twitter-Aktion der Musikkritikerin Marcia Adair alias Miss Mussel, […]

  9. Die Frage in der Überschrift deines Postings KANN man eigentlich nur mit Ja beantworten, wenn man in der Washington Post den Artikel über den märchenhaften Ausgang des #operaplot-Wettbewerbs liest, den du erwähnt hattest: http://iobic.de/2589

  10. Danke für den Hinweis auf den Artikel. Er beschreibt das Potenzial recht schön. Twitter wird, denke ich, von vielen unterschätzt. Es ist nicht einfach nur eine Art SMS, sondern kann viel mehr. Aber das ist gar nicht so leicht rüberzubringen. ;-)

  11. Vielleicht interessiert dich auch der Beitrag, den ich gerade im Börsenblatt-Newsletter entdeckt habe:
    “Wie Verlage und Buchhandlungen Twitter nutzen”.
    http://www.boersenblatt.net/322790/?t=newsletter

  12. Oh ja, der interessiert mich sogar sehr, tausend Dank!! Ich bin gerade auf der Suche nach schönen Twitterbeispielen aus dem Kunst- und Kulturbereich, weil ich einen Artikel über Twitter schreibe. Da passt der natürlich super rein. :-)

  13. […] Operaplot (siehe dazu meinen Beitrag “Twitter: interessant für den Kunst- und Kulturbereich?“) und der Oper nun also Prosa bw. Lyrik. Nun werden sich manche vielleicht nach Sinn und […]

  14. […] „unseren Musikern“ dran, vor allem auch an unseren Studenten weltweit. Die „Blogger-Szene“(da, da und da) ist auf uns aufmerksam geworden – darunter sicher viele, die bisher nicht zu den […]

  15. […] „Wozu brauchen wir überhaupt einen Twitteraccount?“ Diese Frage stellen sich viele Kultureinrichtungen, denn was kann man mit 140 Zeichen schon machen? Schon vor zwei Jahren hatte die Musikkritikerin Marcia Adair eine Idee, die ich immer wieder gerne als Beispiel bringe. Unter ihrem Pseudonym „Miss Mussel“ initiierte sie auf ihrem Blog The Omniscient Mussel einen Wettbewerb, bei dem es darum ging, mit nur einem einzigen Tweet den Inhalt einer Oper zu beschreiben. Und wie es sich für Twitter gehört, nutzte sie dafür ein Hashtag und damit war das Projekt #Operaplot schon geboren (siehe dazu mein Blogpost Twitter: interessant für den Kunst- und Kulturbereich?). […]

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