Würden Sie sich, wenn ich Sie jetzt fragen würde, als Fan von Madonna bezeichnen? Manche von Ihnen werden darauf mit Ja, andere mit Nein antworten. Ebenso unterschiedlich werden die Antworten ausfallen, wenn ich Sie zu Anna Netrebko frage. Oder zu Paulo Coelho. Und, und, und…
Die Zielgruppe im Kulturbereich heißt “alle”
Und wie sieht das im Bereich der Theater, Museen oder Opernhäuser aus? Auch dort wird es so sein, dass sich die Einen dafür interessieren, die Anderen eher nicht. Ob Madonna oder ein Theater, beide haben in der Regel ein Marketingkonzept und versuchen damit, ihre jeweiligen Zielgruppen anzusprechen. Bleibt die Frage, wer eigentlich die Zielgruppe ist? Axel Kopp schreibt im stARTconference-Blog in seinem Beitrag “Null Geld für Web 2.0” dazu:
“Während privatwirtschaftliche Unternehmen in der Regel klar definierte Zielgruppen haben, folglich wissen, welcher Kommunikationsweg der jeweils Richtige ist und sie dadurch ihre Kommunikationsausgaben zumindest eindämmen können, hat der öffentlich-getragene Kulturbetrieb weiterhin nur die Zielgruppe mit dem Namen ‘alle’ im Visier.”
Eine etwas andere Sichtweise habe ich bei Maryann Devine gefunden. Sie schreibt in ihrem smArts & Culture- Blog über “Big marketing myths for smaller arts groups” und kommt dort auf einige “Missverständnisse” zu sprechen, denen kleine Kulturbetriebe immer wieder unterliegen. Eines von ihnen lautet Ihrer Meinung nach:
Im Marketing macht es keinen Sinn, sich an “alle” zu richten
“Our target market is, well, everyone – if everyone had the chance to see what we do, they’d fall in love with us.”
Warum das ein Missverständnis ist, begründet Devine so:
“Sadly, this is just not true, and it’s particularly hard to understand when you’re working in the arts. You’re here because you love the art you present and you understand how powerful it is. But, as above, everyone is not like you, and you waste time and money chasing people who are unattainable.”
“Alle” aus kulturpolitischer und marketingtechnischer Sicht
Wir haben es scheinbar mit zwei sehr gegensätzlichen Standpunkten zu tun. Bedenkt man aber, dass Maryann Devine sich auf die USA bezieht, während Axel Kopp Kulturbetriebe in Deutschland im Auge hat, dann versteht man die unterschiedlichen Standpunkte. Während wir hier im deutschsprachigen Raum so etwas wie einen Kulturauftrag kennen, gibt es den in dieser Form in Ländern wie den USA nicht. Dementsprechend verfügen die Kulturbetriebe auch über eine unterschiedliche Einnahmenstruktur.
Sprechen wir aber von Marketingmaßnahmen, dann macht es wenig Sinn, “alle” als Zielgruppe zu definieren. Armin Klein spricht in seinem Beitrag “Grundlagen des Kulturmarketing” (Handbuch Kulturmanagement & Kulturpolitik: Beitrag H 2.1) von den Austauschgruppen bzw. Bezugspartnern einer kulturellen Einrichtung, auch als Stakeholder bezeichnet, “die ein jeweils ganz spezifisches Interesse an dieser Kultureinrichtung haben”.
Das heißt, aus kulturpolitischer Sicht mag es Sinn machen, “alle” als Zielgruppe ins Auge zu fassen. Bei der Entwicklung geeigneter Marketingstrategien steht eine solche Sichtweise dem Erfolg im Weg. Gerade kleine Kultureinrichtungen (für die Maryann Devine ihr Blogpost geschrieben hat), die über wenig Zeit und Geld verfügen, sind wahrscheinlich wesentlich erfolgreicher, wenn sie sich gezielt an einzelne ihrer “Austauschgruppen” wenden. Dass gilt, behaupte ich, auch für das Web 2.0.
Titelfoto: Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay
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