Anlässlich der stARTconference wird es, ich habe es ja schon mal erwähnt, auch einen Tagungsband geben. Nachdem die stART.09 inhaltlich sehr breit angelegt war, geht es im nächsten Schritt darum, einzelne Themenstränge zu identifizieren, die für die stART.10 interessant sein könnten.
Welche Trends sind zu erkennen, welche Themen an der Schnittstelle von Kultur und Web 2.0 werden uns nächstes und die darauffolgenden Jahre beschäftigen? Für den Tagungsband würde ich gerne eine Beitrag schreiben, in dem die möglichen Entwicklungen angesprochen werden. In dem aber auch die offenen Fragen formuliert werden.
Die meiner Meinung nach wichtigsten Fragen und Entwicklungen möchte ich hier kurz auflisten:
- Erfolgsmessung im Web 2.0: Immer schneller steigt die Zahl der Kultureinrichtungen, die ein Facebook- bzw. Xing-Profil haben, bloggen, twittern oder auf Flickr bzw. YouTube vertreten sind. Wie aber lässt sich der Erfolg der Web 2.0-Aktivitäten überhaupt messen? Welche Aussagekraft besitzen so Kategorien wie “visits”, “visitors” oder die Verweildauer auf einer Website? Reichen solche Zahlen überhaupt? Oder ist es notwendig, sich ganz andere Kriterien zu überlegen? Reputation etwa, oder die Fähigkeit zum Dialog?
- Geschäftsmodelle: Bis jetzt lebt ein großer Teil der Kultureinrichtungen im deutschsprachigen Raum vor allem von öffentlichen Geldern. Hinzu kommen meist noch Ticketeinnahmen und Geld, das über die Fundraising-Aktivitäten eingenommen werden kann (Sponsoring z.B.). Was können sich Kultureinrichtungen vom Fundraising 2.0 erwarten? Öffnen sich hier wirklich neue Finanzierungswege? Stichwort Sellaband. Werden wir in absehbarer Zeit Kleinstbeträge online transferieren können. Was muss passieren, damit ich online mit einem Mausklick einen Euro spenden kann, ohne dass die Hälfte davon für die Transaktionskosten drauf geht? Über Geschäftsmodelle zu reden heißt aber auch darüber nachzudenken, wie die Kreativen, die KünstlerInnen, die für das Internet den Content produzieren, von ihrer Arbeit leben können? Ist die Flatrate ein geeignetes Modell, um entsprechende Gelder zu lukrieren und an die ContentproduzentInnen zu verteilen?
- Urheberrecht: Spricht man über Geschäftsmodelle und die Frage, wer wieviel Geld für die Contentproduktion erhält, dann landet man wahrscheinlich sehr schnell beim Urheberrecht. Die Zeiten, in denen KünstlerInnen Kunstwerke produzieren und wir andächtig und staunend davorstehen, sind vorbei. Die Amateure emanzipieren sich, werden zu Experten und beginnen, das Kunstwerk weiter zu verarbeiten. Wie sollen die Kulturbetriebe, die KünstlerInnen darauf reagieren? Sie werden, so die Entwicklung sich fortsetzt, ihren Expertenstatus verlieren. Ist das erstrebenswert oder nicht?
- Unternehmenskultur: Kulturbetriebe sind häufig streng hierarchisch organisiert. Einrichtungen, die sich ins Web 2.0 begeben, treffen dort auf eine Welt, die ganz anders funktioniert. Flache Strukturen, Transparenz und was wahrscheinlich die größte Herausforderung bedeutet: die Dinge lassen sich nicht mehr kontrollieren. Kultur und Web 2.0, was heißt das für die Unternehmenskultur im Kunst- und Kulturbereich? Werden die Aktivitäten scheitern, weil hier verschiedene Wertesysteme aufeinanderprallen und sich die alten Strukturen durchsetzen können? Oder führen die Web 2.0-Aktivitäten zu einem neuen Bewusstsein, das dann auch ganz neue Strukturen hervorbringt? Oder kurz gesagt: hier geht es um Partizipation versus Hierarchie.
- Marketing und PR: Was bedeuten all diese Veränderungen für die Bereiche Marketing und PR? Wie gelangen die Informationen zu den Zielgruppen? Wie kann man ihnen das “Produkt” Kunst schmackhaft machen? Aus dem (Marketing)-Monolog wird der Dialog und die PR verliert ihre Gatekeeperfunktion. Was heißt das für Agenturen und Abteilungen, die bis jetzt den jeweiligen Content produziert haben bzw. für die beiden Bereiche zuständig sind? Werden Sie überflüssig oder wird bald jede größere Kultureinrichtung über eine Community-ManagerIn verfügen?
- Mobile Web: Wie lange werden wir noch, wenn wir vom Internet sprechen, dabei an unseren Desktop oder das Laptop denken? Dank Smart- und iPhone greifen immer mehr Menschen über die mobilen Devices auf das Internet zu. Für die Kunst- und Kultureinrichtungen heißt das nicht nur, dass sie ihre Inhalte entsprechend aufbereiten müssen, sondern es entstehen ganz neue Möglichkeiten, die online- und die offline-Welt miteinander zu verbinden. Stichwort Augmented Reality. Tags werden nicht mehr nur für einzelne Websites vergeben, sondern als sogenannte Airtags mit der realen Welt verbunden.
Wie sehen Sie das? Welche Trends werden uns im Kunst- und Kulturbereich beschäftigen? Habe ich wichtige Punkte vergessen? Und welche Fragen sind Ihnen im Hinblick auf das Social Web wichtig? Schreiben Sie mir doch, was Ihnen noch abgeht oder wie Sie zukünftige Entwicklungen einschätzen?
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