© Stephanie Hofschlaeger ; Pixelio
“Daimler lässt kritische Facebook-Gruppe abschalten“, so lautete nur eine der Überschriften über ein typisches Social-Media-Ereignis, wie wir es in nächster Zeit wohl noch des öfteren erleben werden. Was war passiert? Fünf MitarbeiterInnen des Konzerns hatten in der Facebook-Gruppe “Daimler-Kollegen gegen Stuttgart 21”, so die Meldung, unter einen Beitrag, in dem auch ihr Chef als “Spitze des Lügenpacks” bezeichnet wurde, den Like-it-Button angeklickt und wurden darauf zu einem Gespräch mit der Personlabteilung gebeten. Außerdem machte Daimler laut eigenen Angaben Facebook auf die “bedenklichen” Inhalte aufmerksam, was zum Verschwinden der Gruppe führte.
Ob es wirklich nötig gewesen wäre, diese Gruppe zu löschen, sei mal dahingestellt. Ich kann und will das nicht wirklich beurteilen. Wenn aber am Ende der oben verlinkten Meldung Facebook Deutschland auf die Frage nach der Löschung der Gruppe mit den Worten
“Wir können das weder bestätigen noch verneinen”
zitiert wird, dann sollte das ein Alarmzeichen sein für alle, die bei ihren Social-Media-Aktivitäten fast ausschließlich auf Facebook setzen. Es gibt anscheinend keine transparenten Prozesse, wenn es um Beleidigungen etc. geht, d.h. es kann morgen aus welchen Gründen auch immer meine Gruppe oder Seite treffen.
Zurück zu den in die Personalabteilung zitierten MitarbeiterInnen. Dass man seinen Chef nicht in der Öffentlichkeit beleidigen sollte, gilt nicht erst seitdem es das Social Web gibt. Geschimpft und beleidigt wurde schon immer, nur bekam der Chef das meist nicht mit. Durch das Social Web entstehen ganz andere Formen von Öffentlichkeit, d.h. die Worte über den Chef können sich recht schnell viral verbreiten, ob gewollt oder ungewollt.
In meinen Augen ist das Verhalten von Daimler angemessen, man hat mit den MitarbeiterInnen ein Gespräch geführt, Sanktionen hat es anscheinend keine gegeben. Uwe Knaus, im Konzern für Social Media zuständig, hat sich in einem Blogbeitrag mit dem, was da in den letzten Tagen passiert ist, beschäftigt und seinen Beitrag nicht ohne Grund mit “Es hat was mit Anstand und Haltung zu tun…” überschrieben.
Sein Fazit:
“Wenn wir mit Anstand und Respekt durch das Leben gehen, entwickelt sich im Laufe der Zeit eine innere Haltung, die uns helfen wird Konfliktsituationen zu vermeiden – ohne den Wortlaut von Verhaltensrichtlinie oder Social Media Guidelines im Detail zu kennen.”
Ich teile diese Ansicht, denn eigentlich geht es doch – und damit möchte ich den Daimler-Konzern verlassen – um etwas ganz Grundsätzliches, nämlich um die Frage, wie ein Unternehmen mit seinen MitarbeiterInnen umgeht? Betrachtet ein Unternehmen seine MitarbeiterInnen nur als Manövriermasse, kann es von ihnen nur schwerlich Anstand und Respekt erwarten, d.h. die Außenwirkung eines Unternehmens (nicht nur) im Social Web hängt unter anderem davon ab, wie es mit seinen MitarbeiterInnen umgeht. Diese sind letzten Endes das Sprachrohr des Unternehmens, auch ein Ergebnis des Zusammenwachsens der öffentlichen und privaten Bereiche.
Facebook hat mit seinen in der letzten Zeit vorgenommenen Änderungen die Rolle des persönlichen Profils gestärkt und die der “Facebook-Seite” geschwächt, unter anderem durch die fehlende Möglichkeit, als Seite UserInnen einzuladen. Das bedeutet, die Rolle der MitarbeiterInnen, die für die Social-Media-Aktivitäten verantwortlich bzw. generell im Social Web aktiv sind, wird immer wichtiger, denn letzten Endes müssen sie sich auch persönlich einbringen, um die Social-Media-Aktivitäten des Unternehmens sichtbar zu machen.
Das ist dann ein Problem, wenn Anstand und Respekt im gegenseitigen Umgang fehlen. Warum sollte ich als Mitarbeiter eines Unternehmens zum Beispiel mein persönliches Profil dafür verwenden, Werbung für die Unternehmensseite zu machen, wenn das Unternehmensklima rauh ist und ich nicht die Wertschätzung erfahre, die ich mir eigentlich wünsche?
In der Konsequenz bedeutet das: es ist nicht damit getan, ein paar Accounts einzurichten und dann fröhlich drauflos zu kommunizieren. Werden Anstand und Respekt nicht gelebt, dann wird das früher oder später Auswirkungen auf die Social-Media-Aktivitäten haben. Das macht das Thema Social Media nicht gerade leichter, aber dafür umso wichtiger. Sind Anstand, Respekt und Wertschätzung vorhanden, braucht es, so behaupte ich, überhaupt keine Social-Media-Richtlinien. In dieser Hinsicht ist die New York Times schon recht weit:
“We don’t really have any social media guidelines”,
wird Liz Heron, Social Media Editor der New York Times in einem Artikel auf Business Insider zitiert. Statt einer Vielzahl von Verhaltensregeln gilt dort einfach nur: “don’t be stupid”.
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen