Steffen Peschel hat mich auf einen Artikel in der Sächsischen Zeitung aufmerksam gemacht, in dem das traurige Schicksal der Dresden Gallery beschrieben wird, jenem dreidimensionalen und maßstabsgetreuen Nachbau der Galerie Alte Meister, in der die Besucher die virtuellen Abbilder der insgesamt 750 Kunstwerke bewundern können.
“Alte Meister im virtuellen Nirgendwo” ist der Beitrag überschrieben und in der Tat, wer die Dresden Gallery in Second Life aufsucht, muss sich nie anstellen, sondern ist meist alleine. Auch ich war gerade ganz alleine, als ich dort einen Screenshot für diesen Beitrag gemacht habe. Aber wenn ich so an die Vergangenheit zurückdenke, auch an die Zeit, in der Second Life in war, dann muss ich feststellen, dass ich eigentlich (fast) immer alleine war und nur selten andere UserInnen getroffen habe.
Die Gründe, warum die Dresden Gallery und mit ihr viele andere virtuelle Niederlassungen von Kultureinrichtungen ein Flop geworden sind, nennt der Zeitungsartikel. So eine Insel zu bebauen, kostet bzw. kostete ziemlich viel Geld, Martin Morgenstern nennt in seinem Beitrag eine Summe von 51.000 Euro, die nötig war, um das virtuelle Ebenbild zu erschaffen.
Hinzu kommt die Komplexität der Software, mit der sich die UserInnen erst vertraut machen müssen, um sich in Second Life bewegen und mit anderen Avataren interagieren oder einfach nur kommunizieren zu können. Wenn in einer solchen Situation der Mehrwert nicht sehr schnell offenkundig ist, erlahmt das Interesse entsprechend schnell und so war der Hype rund um Second Life relativ rasch wieder vorbei. Während 2009 noch knapp 50 Besucher pro Tag in der virtuellen Dresden Gallery vorbeischauten, sind es nun nur noch 100 bis 200 pro Woche. Das heißt, ein Publikumsmagnet war sie eigentlich noch nie.
Und nun? Frank Tentlers Beitrag klingt schon fast wie ein Nachruf, er spricht von einem “vergessene(n) Traumschloss der Kunst aus Bits & Bytes”. Im Zeitungsartikel klingt es etwas nüchterner. Dort heißt es, man habe die Besonderheiten der Nutzerschaft von Second Life nicht berücksichtigt. Und auf der Facebookseite der Zeitung haben es die UserInnen eh schon immer gewusst, dass das mit Second Life nie funktionieren kann.
Was sind denn die Besonderheiten von Second Life? Ich glaube, Second Life hat gar keine Besonderheiten, mal abgesehen von der Tatsache, dass man etwas Zeit dafür braucht, um sich dort zurecht zu finden. Geht es nicht dort auch um das, was wir eigentlich überall wollen? Kommunizieren, uns austauschen oder im Idealfall etwas miteinander machen? Frank Tentler hat gemeint, ihm sei Second Life zu langweilig. Ich sehe das etwas anders. Nicht Second Life ist langweilig, sondern die, die ihre Insel aufgebaut haben und dafür viel Geld ausgegeben haben. Um diese Inseln mit Leben zu füllen war dann allerdings kein Geld mehr da.
“„Es wurde aber auch deutlich, dass unser Engagement in Second Life nur nachhaltig funktioniert, wenn wir regelmäßig Veranstaltungen anbieten, auch weiterführende Schulprojekte anstoßen können“
zitiert der Artikel den Dresden Gallery Projektleiter Andreas Henning. Dafür sei aber leider kein Personal vorhanden gewesen, so sein Resümee. Dass solche Veranstaltungen durchaus funktionieren, zeigt die lange Verweildauer derer, die sich dann doch noch dorthin verirren. Die 45 bis 130 Minuten lassen sich damit erklären, dass die Dresden Gallery für Schulungen und Weiterbildungsveranstaltungen genutzt wird, schreibt Morgenstern in seinem Zeitungsartikel.
Ansonsten ist man in dieser “postapokalyptischen Nachwelt” ganz alleine und wandelt, von Barockmusik begleitet, durch leere Flure, heißt es am Ende des Artikels. Muss das so sein? Ich glaube nicht. Ich finde den Nachbau der Galerie so wie Frank Tentler großartig und verstehe nicht, warum man diese Räume nicht mit Leben zu füllen versucht? Natürlich sind auf Second Life keine 750 Mio. UserInnen zu finden wie auf Facebook (ganz hilfreich: Second Life Statistical Charts), aber ein paar sind schon noch geblieben. Wie wäre es denn, wenn man sich um die etwas bemühen würde, schließlich sind gut 50.000 Euro ja eine ganz ordentliche Summe? Warum nicht regelmäßig Veranstaltungen stattfinden lassen, vielleicht ergibt sich auch mehr als ein interessanter Vortrag? Spannend fände ich es z.B. mehr darüber zu erfahren, wie man eigentlich “richtig” Objekte in einer solchen Galerie hängt. Und am Ende darf ich dann in einem eigens eingerichteten Raum “meine” eigene Ausstellung aus den 750 Werken zusammenstellen. Virtuell natürlich. ;-)
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