Content Marketing: Welche Ziele verfolgen wir damit?


© S. Hofschlaeger ; Pixelio

In den letzten Jahren und Monaten konnten Kultureinrichtungen noch Aufmerksamkeit erregen, wenn sie im Social Web aktiv wurden. Je höher die Reputation, desto größer die Aufmerksamkeit. Wenn nun aber demnächst alle dort zu finden sind, wird das so nicht mehr funktionieren. Interesse wecken wird die erste Theateraufführung auf Facebook, der erste gezielte Pinterest-Einsatz eines Museums oder eine ähnlich spektakuläre Aktion wie #operaplot. Es besteht die Gefahr, dass das in blindem Aktionismus endet, der dann eher abschreckt als Begeisterung hervorzurufen.

Wenn nun aber alle im Social Web sind und ich setze voraus, dort auch bleiben wollen, stehen wir vor der Frage, wie wir uns verhalten sollen? Aber das ist nicht die einzige Frage, viele andere folgen: Was ist mein Alleinstellungsmerkmal? Was muss ich jetzt tun, um nicht auf Facebook, Twitter & Co. unterzugehen beziehungsweise nicht wahrgenommen zu werden? Was hat das für Auswirkungen auf meine Marketingaktivitäten? „The Problem With Trying to Get Attention“ hat Gerry McGovern sein Blogpost überschrieben und die veränderten Rahmenbedingungen in einem Satz auf den Punkt gebracht: „Traditional marketing is about getting attention while web marketing is about giving it.“

Nur auf die eigenen Angebote hinzuweisen, ist eindeutig zu wenig, wir selbst wollen ja auch nicht den ganzen Tag mit solchen Hinweisen überhäuft werden. Das Internet und mittlerweile auch die Buchregale sind voll mit guten Ratschlägen, ich selbst bringe immer wieder das Thema Storytelling ins Spiel und beschäftige mich seit einiger Zeit mit Content Strategien. Dabei fällt mir auf, dass in vielen Beiträgen so eine Art Lagerfeuerromantik auftaucht, die in meinen Augen da aber nicht viel verloren hat und der Sache eher schadet als nützt. Ich muss gestehen, ich bin diesem Klischee auch schon aufgesessen, aber Storytelling ist schon mehr als der diffuse Wunsch, eine nette Geschichte zu erzählen, um dann, ja was eigentlich zu erreichen?

Tommy Walker hat dazu einen recht hilfreichen Beitrag geschrieben, in dem er die „Top 10 Content Marketing Strategy Mistakes“ aufzählt und darüber hinaus erklärt, wie wir sie vermeiden können. Darin weist er darauf hin, dass wir meist den Fehler begehen und für unsere Inhalte keinen konkreten Ziele vorgeben. Auch im Kunst- und Kulturbereich dienen die Geschichten oder allgemeiner formuliert, die Inhalte dazu, etwas zu verkaufen. Aber wenn alle Inhalte immer nur die Botschaft beinhalten „kauf mich!“, dann wird die Wirkung erstens vermutlich schnell verpuffen und zweitens nutze ich so den Multiplikatoreffekt nicht, schließlich geht es nicht nur um (potenzielle) Kunden, sondern etwa auch um Influencer und Brand Advocates.

In seinem Artikel nennt Walker vier Hauptkategorien, in die er die Ziele einteilt:

  • Virale Inhalte sollen sich organisch verbreiten. Walker behauptet, dass solche Inhalte einerseits nicht besonders in die Tiefe gehen und andererseits nur eine begrenzte Lebensdauer aufweisen.
  • Inhalte können aber auch das Ziel verfolgen, Diskussionen vom Zaun zu brechen. Zwar ist es auch hier nicht immer nötig, inhaltlich in die Tiefe zu gehen, aber diese Form von Inhalt hat eine wesentlich längere Lebensdauer, was aber auch klar ist, wenn eine Diskussion entstehen soll.
  • Eine dritte Möglichkeit besteht darin, mit den Inhalten Leads zu generieren. „The ideal lead conversion outline takes the viewer on a journey, at the end of which he realizes what can be summed up in three words: „I need help“, bringt es Walker auf den Punkt.
  • Aber natürlich darf auch der Verkauf ein Ziel sein. In diesem Fall verlangt der User nicht nach Hilfe, sondern nach dem Produkt.

In jedem Fall erwarten wir eine andere Handlung von den Usern und benötigen dafür natürlich auch die passenden Inhalte. Die Handlungsaufforderungen sehen dann so aus:

  • „Viral = Share with a friend.
  • Discussion = Leave a comment.
  • Lead = Enter your email address or fill out the form.
  • Sales = Enter your credit card number.“

Übertragen auf ein Theater würde das bedeuten, mit Hilfe eines Videos auf sich beziehungsweise die nächste Inszenierung aufmerksam zu machen. Flashmobs sind so ein Format, das sich genau dafür bestens eignet, auch wenn es sich vielleicht etwas verbraucht hat. Damit verbunden war und ist vor allem die Aufforderung, das Video zu teilen (Steffen Peschel hat in seinem Blogbeitrag „Der Flashmob – erweiterter narrativer Raum“ richtigerweise darauf hingewiesen, dass dieses Format nicht nur als virales Marketinginstrument genutzt werden kann, sondern wesentlich mehr Potenzial besitzt).

Und wie war die Idee des Thalia-Theaters zu verstehen, das Publikum über den Spielplan der nächsten Spielzeit entscheiden zu lassen? Ging es da nur darum, eine Diskussion vom Zaun zu brechen, Aufmerksamkeit zu erregen oder bewegte sich die Diskussion auf einer Ebene, die die Fundamente von Theater berührte?

Für den dritten von Walker angesprochenen Punkten gibt es natürlich jede Menge Beispiele, schließlich bietet fast jedes Theater einen Newsletter an. Aber substanzielle Gründe zu finden, die seinem „I need help“ entsprechen beziehungsweise nahe kommen, sind relativ schwer zu entwickeln. Ein Möglichkeit bestünde darin aufzuzeigen, welche gesellschaftliche Funktion Theater heute hat und damit den Pfad der schlichten Bewerbung der Inszenierungen zu verlassen.

Über das letzte Ziel, die Aufforderung zum Kauf eines Tickets müssen wir, denke ich, nicht viele Worte verlieren. Diese Aufforderung enthält eine große Zahl an Postings, die die Theater über die diversen Social Media-Kanäle verbreiten und viel von uns sind genervt, wenn sie nur solche Aufforderungen zu lesen bekommen. Ich denke, diese Aufforderung und das dahinter stehende Ziel sind völlig legitim, darum geht es dem Theater letzten Endes in seiner Kommunikation. Aber es fehlt die Grundlage dafür und es fehlen die dazugehörigen Inhalte. Tommy Walker hat für mich ein sehr wichtiges Blogpost geschrieben und die Punkte sehr präzise auf den Punkt gebracht. Es ist eine Art Anleitung, die uns hilft, aus dem Einheitsbrei ausbrechen zu können. der uns im Social Web häufig serviert wird.


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