Blogparade von Stefan Evertz: Mein erstes Barcamp

stARTcamp Essen
© Frank Tentler

“Unverhofft kommt oft”, dieses Sprichwort gilt auch für das stARTcamp in Essen. Was hier auf dem Bild so nett und gemütlich aussieht, ist nichts anderes als die Sessionplanung. Obwohl wir ungewöhnlich früh beginnen wollten, war einfach noch niemand da, der uns das Unperfekthaus aufsperren konnte. Und so begannen wir einfach mitten in der Fußgängerzone, das Programm für diesen Tag zu gestalten.

Dieser Tag ist übrigens leicht zu merken, FussballkennerInnen verbinden mit dem 3. Juli 2010 das Spiel der Fussballweltmeisterschaft Argentinien gegen Deutschland, das wir uns am Ende gemeinsam anschauten.

Warum ich das erzähle? Stefan Evertz hat zu einer Blogparade aufgerufen, in dem er nach dem ersten Barcamp fragt. Zwei Gründe sind es, die mich dazu motiviert haben, mich daran zu beteiligen. Der erste  hat mit dieser terminlichen Überschneidung von Fussball und stARTcamp zu tun. Fussballweltmeisterschaft, das ist ein Ereignis, das zwar nicht gestern stattgefunden hat, aber es liegt noch nicht sooo lange zurück, zumindest für mich. Schließlich hat es seitdem keine weitere Fussballweltmeisterschaft mehr gegeben, die Qualifikation für die nächste wird gerade abgeschlossen. Denke ich aber an das stARTcamp, das ebenfalls an diesem Tag stattgefunden hat, so kommt mir das schon fast wie ein anderes Zeitalter vor. Und ich bin ja eher ein Späteinsteiger, die ersten Barcamps im deutschsprachigen Raum gingen schon vier Jahre früher über die Bühne. Für mich zeigt diese unterschiedliche Wahrnehmung, wie rasch sich das Social Web weiterentwickelt.

Der Begriff “über die Bühne gehen” führt mich zu meinem zweiten Punkt führt. Ein Session in Essen ist mir besonders in Erinnerung geblieben und witzigerweise hat sie Stefan Evertz damals moderiert. Eine der BesucherInnen, ich weiß leider nicht mehr, wer es war, machte genau das, was ein Barcamp gegenüber der klassischen Konferenz auszeichnet. Sie wollte nichts vortragen, sondern hatte eine Frage, die damals wohl viel beschäftigte: Wie schaffe ich es, meinen Chef von Social Media zu überzeugen?

Die Frage ist heute noch so aktuell wie damals, aber während es heute mehr darum geht, ob sich Social Media überhaupt lohnt, beschäftigten wir uns damals mehr mit den Ängsten und Befürchtungen. Für mich war diese Session eine Art Initialzündung, denn sie zeigte mir, welches Potenzial im Barcamp-Format steckt. Während ich bei der klassischen Konferenz darauf hoffen muss, dass meine Bedürfnisse abgedeckt werden, habe ich es bei einem Barcamp in der eigenen Hand. Ich kann meine eigene Session vorschlagen und mich mit denen austauschen, die sich mit genau dieser Frage beschäftigen wollen. Die Möglichkeit, sich inhaltlich auszutauschen und gleichzeitig interessante Menschen (wieder) zu treffen, hat mich mittlerweile mehr als zehn Barcamps besuchen lassen. Und ich habe vor knapp zwei Monaten zusammen mit der Kunsthalle Wien erstmals selbst ein Barcamp organisiert.

Stefan Evertz hat uns aber nicht nur aufgefordert, über unser erste Barcamp zu berichten, sondern auch die Frage zu beantworten, ob wir anderen den Besuch eines Barcamps empfehlen würden und wenn ja, warum. Mit dieser Frage müssen sich vor allem die beschäftigen, die ein Barcamp planen, denn vielen ist das Format einfach noch nicht bekannt und so kommen schon Zweifel auf, was man denn dort solle, wo es doch noch nicht einmal ein festes Programm gebe. So fand ich unter einem Facebookposting, in dem ich auf das stARTcamp hinwies, diesen Kommentar:

“Zum besseren Verständnis: Man hat keine Ahnung, worum es gehen wird und meldet sich ‘auf Verdacht’ an, dass schon irgendetwas Interessantes herauskommen wird?”

Ich bin darauf schon in einem eigenen Beitrag auf dem stARTconference-Blog ausführlich eingegangen, deshalb möchte ich nur den wichtigsten Punkt herausgreifen. Der Erfolg eines Barcamps hängt – im Unterschied zu vielen anderen Formaten – vor allem von mir selbst, meinen Erwartungen und meinem Engagement ab. Wer an einem Barcamp teilnimmt, ist nicht Konsument, sondern ein wichtiger Baustein im Gesamtgefüge. Das geht schon bei der Vorstellungsrunde los und endet oft erst dann, wenn man in einem Blogbeitrag die Veranstaltung Revue passieren lässt. Wenn alle nur darauf warten, dass etwas passiert, dann wird das Barcamp ein Misserfolg. Wenn sich aber alle darauf einlassen, dann ist so ein Barcamp eine irrsinnig motivierende Geschichte, an deren Ende viele zwar erschöpft, aber auch zum Teil euphorisiert sind.

Das ist nämlich ein weiterer Pluspunkt dieses Formats: Viele sind anfangs sehr zurückhaltend, merken aber recht schnell, dass es nicht weh tut, sich einzubringen. Ganz im Gegenteil: Es macht Spaß und bringt einem enorm viel. Neues Wissen, neue Freunde.

Mein Wunsch ist es deshalb, Barcamps auch in Bereichen auszuprobieren, in denen es sie bis jetzt noch nicht gibt. Warum kann nicht ein Kulturbetrieb dieses Format wählen, um mit seinen BesucherInnen ins Gespräch zu kommen? Ein Architekturmuseum kann sich mit der regionalen Architektur beschäftigen, die Oper mit Wagner, das Theater mit zeitgenössischen TheaterautorInnen. Für mich ist das eine spannende Frage, ob es gelingt, das “Publikum” auf diese Weise aktiv einzubinden und ich bin gespannt, wer sich zuerst auf dieses Experiment einlässt.


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  1. […] Christian Henner-Fehr: Blogparade von Stefan Evertz: Mein erstes Barcamp […]

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