Warum der Deutsche Museumsbund schnell (wieder) auf Facebook präsent sein sollte

Bild: Facebook’s Infection“; von Ksayer1 (CC BY-SA 2.0) auf Flickr

Als ich Mitte Juli darüber gelesen habe, dass der Deutsche Museumsbund seine Facebookseite einstellen möchte, war ich natürlich wie die meisten auch erst einmal entsetzt und fand es gut, dass Pausanio sich kurz darauf in einem offenen Brief gegen die Schließung der Seite aussprach. Nach und nach kamen dann die Einzelheiten ans Licht und es stellte sich heraus, dass der Museumsbund noch nie eine Facebookseite gehabt hatte. Die Seite wurde unerlaubterweise von einem Mitglied des Verbandes eingerichtet, der sich später weigerte, so schreibt Tanja Neumann in ihrem Blogbeitrag zu diesen Thema, die Seite an den Museumsbund zu übertragen. “Der Deutsche Museumsbund macht Facebook …oder doch nicht?” lautet die Frage in der Überschrift dieses Artikels, die sich nun, ein paar Wochen später, mit einem “doch nicht” beantworten lässt.

Wer heute die Facebookseite besuchen möchte, hat Pech gehabt, es gibt sie nicht mehr. Wenn nun der Museumsbund schreibt, der Seitenbetreiber habe die Seite nicht übertragen wollen und angesichts des großen Interesses an diesem “Fall” plane man einen eigenen Facebookauftritt, könnte man nun sagen “Ende gut, alles gut”. Aber ist am Ende wirklich alles gut und wie war das noch mal mit dem Anfang?

Natürlich ist es nicht erlaubt, in fremdem Namen einen Facebookauftritt zu betreiben, darüber brauchen wir nicht reden. Aber möglich gemacht wurde das ja nur durch die Tatsache, dass der Deutsche Museumsbund noch nie eine hatte. Gut, vielleicht dauert bei einer altehrwürdigen Institution, die 2017 ihr hundertjähriges Bestehen feiern wird, alles etwas länger. Aber in meinen Augen ist es schon auch die Aufgabe einer Interessensvertretung, ihre Mitglieder auf die Zukunft vorzubereiten. Wer sich die Aktivitäten der Museen im Social Web ansieht, wird sehr schnell feststellen, dass die dort recht erfolgreich unterwegs sind. So umfasst die Museumsblogroll von Tanja Praske mittlerweile 80 bloggende Häuser. Das ist, verglichen mit den letzten Jahren, schon ganz ansehnlich. Aber ganz ehrlich: Müsste diese Liste nicht auf der Website des Museumsbundes unter Links stehen? Und müssten dort nicht Links zu den zahlreichen Blogs zu finden sein, die sich mit der Frage beschäftigen, auf welche Weise Museen den digitalen Raum nutzen können?

Dan Newman schreibt in einem Artikel:

“If your organization is failing to embrace social media then it starts at the top.”

“At the top”, da steht für mich auch der Museumsbund, dessen Aktivitäten im Social Web vermutlich schon eine Art Signalwirkung hätten. Übrigens geht es in Newmans Artikel gar nicht mehr um Social Media, sondern um die Ebene darüber. In “4 Secrets for Building a Social Business From the Inside Out” erklärt er, wie sich ein Unternehmen in Richtung Social Business entwickeln könne. Meist scheitere es an der fehlenden Unterstützung von oben.

“Too many companies have leadership teams that just don’t get social, nor do they participate.”

Diese Form von Leadership fehlt in vielen Kulturbetrieben, umso wichtiger wäre es, auf einer übergeordneten Ebene Unterstützung zu bekommen. Social Media, das ist heute eigentlich schon eine Selbstverständlichkeit. Aber macht es nicht Sinn, die Form der externen Kommunikation auch intern anzuwenden? Wir alle wissen, dass in unseren Mailboxen unendlich viele Informationen auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Warum nicht auch in der internen Kommunikation mehr drauf setzen, dass sich jeder die Information dann holt, wenn er sie wirklich braucht. Statt alle mit allen Informationen zuzuschütten, um später sagen zu können, man hätte eh alle informiert. Warum nicht auch mit (Kooperations)-Partnern so kommunzieren, warum nicht mit Lieferanten und Dienstleistern? Hier steckt viel Einsparungspotenzial, sowohl im Hinblick auf die knappe Zeit als auch auf das ebenfalls knappe Geld.

Noch nicht geredet haben wir darüber, dass wir nicht nur als Kunden ganz andere Erwartungen an die Anbieter von Produkten und Dienstleistungen erwarten, sondern uns auch wünschen würden, dass Kultureinrichtungen wissen, was sich hinter dem Schlagwort Customer Experience verbirgt. Auch über digitale Erlebnisräume oder Smartplaces haben wir noch nicht gesprochen. Deren Idee ist es, digitale Zusatzleistungen vor Ort anzubieten und das jeweilige kulturelle Angebot auf verschiedenen Ebenen zu erweitern. Frank Tentler dokumentiert gerade auf seinem Blog das Projekt #WIGA.

Natürlich sollte sich der Deutsche Museumsbund Gedanken darüber machen, wie sein Facebookauftritt aussehen wird und welche Ziele sich damit erreichen lassen (Die Option, auf eine Seite zu verzichten, schließe ich an dieser Stelle mal aus). Aber das sollte schnell gehen, denn eine Facebookseite hat heute längst nicht mehr den Stellenwert wie früher. Gefragt sind kreative Ideen, um mobile Netzwerke oder Messenger-Anwendungen wie zum Beispiel Snapchat für den Museumsbereich nutzen zu können. Ein Artikel beschreibt, wie das Los Angeles County Museum of Art diese Messenger-App einsetzt. Warum nicht auch gleich die Frage klären, welche anderen Netzwerke oder Messenger-Anwendungen für Museen in Frage kommen? Accounts lassen sich löschen, das wissen wir ja nun. ;-)


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6 Antworten zu „Warum der Deutsche Museumsbund schnell (wieder) auf Facebook präsent sein sollte“

  1. Auch wenn ich spontan nicht nachvollziehen kann, warum man innerhalb des Museumsbunds nicht gemeinsam eine Lösung finden konnte, die bestehende Seite fortzuführen, kann ich nur zustimmen. Eine Dachorganisation sollte, wenn schon nicht selbst Vorreiter in Sachen Innovationen, dann doch einen Überblick über die Aktivitäten innovativer Mitglieder geben (Stichwort Museumsblogroll, Listen über Museen auf Twitter und Facebook, etc.).

  2. @Marlene: Es fällt mir auch schwer nachzuvollziehen, warum eine Einigung nicht möglich war bzw. wie es überhaupt zu dieser Situation kommen konnte? Aber gut, die Seite ist weg, da lohnt die Diskussion eigentlich nicht mehr. Jetzt geht es um die Zukunft und für mich stellt sich die Frage, warum es innerhalb von ein paar Wochen nicht möglich ist, eine Facebookseite einzurichten.

    Ich vermute, die Mailbox des Museumsbundes ist voller Informationen der Mitglieder. Da finden sich doch sicher genügend Inhalte, um täglich zwei/drei Postings zu veröffentlichen.

  3. Sehr interessanter Post, grundsätzliches Problem ist doch eigentlich immer, dass auf “oberen” Ebenen sehr viel mehr Bedenken vorhanden sind und meistens auch die Angst der Kommunikationsabteilungen groß ist, die Kontrolle über das zu verlieren, was kommunziert wird.

  4. Stimmt, wenn Social Media nicht “funktioniert”, liegt es meist an der Führungsetage. Ich habe vor kurzem in einem Artikel diesen Satz gefunden, der in die gleiche Richtung geht: “If your organization is failing to embrace social media then it starts at the top.” Und gerade dort oben spielt die Angst vor dem Kontrollverlust eine große Rolle. Ich frage mich nur, ob irgendjemand wirklich glaubt, dass sich die Kontrolle durch Beibehaltung des Status Quo besser in Händen halten lässt? Ist das nicht ein Irrglaube?

  5. Wo gibt es mal die Runde, dass man solche Dinge wirklich in Bewegung bringen kann. Zum Beispiel dein Hinweis, Christian, dass man so eine Linkliste auf den Seiten des Museumsbundes pflegen sollte, das ist doch eigentlich so einfach, so klar. Aber die Berührungsängste sind so riesig. Natürlich müssten die Verantwortlichen dann erst mal Blogs lesen. Aber dazu fehlt jeglicher Impuls. Weil es sicherlich auch nicht honoriert wird, wenn man sich in der Arbeitszeit mit Blogs beschäftigt. Nun denn. Wir bleiben dran. Wir leisten weiter Überzeugungsarbeit. Und wenn von unten gute Beispiele kommen, dann wird auch sicher die Struktur der Verbände ein bisschen aufweichen und mal etwas zulassen.

  6. @Anke: Ich verstehe das schon mit den Berührungsängsten und auch die Motivation, sich ständig mit neuen Dingen zu beschäftigen, ist sicherlich bei vielen nicht vorhanden. Aber wenn mir eine Sache lieb ist und ich gehe mal davon aus, dass das bei allen MitarbeiterInnen des Museumsbundes der Fall ist, dann muss ich doch auch Spaß daran haben, Neues zu entdecken. Aber vielleicht denke ich auch völlig falsch und verstehe solche Strukturen einfach nicht oder falsch. Welche Anreize existieren in so einer Struktur? ich weiß es ehrlich gesagt nicht.

    Aber ich habe mir beim Schreiben des Beitrags gedacht: Was hindert eigentlich jemanden daran, eine neue Interessensvertretung ins Leben zu rufen? Wo steht geschrieben, dass es nur eine geben darf? Warum nicht zwei oder drei? Dagegen spricht, dass eine Interessensvertretung, die einen ganzen Bereich vertritt, eine gewisse Macht hat. Ja, stimmt, aber wenn die Macht nicht genutzt wird oder im Gegenteil als Bremse wirkt, dann verkehrt sich der Vorteil in einen Nachteil. Vielleicht brauchen wir so etwas auch gar nicht. Warum schließen wir uns nicht temporär zusammen, wenn uns ein gemeinsames Anliegen eint? Wir reden immer von Netzwerken, brauchen wir da überhaupt noch starre Strukturen?

    Oder ein anderer Gedanke: Welche Aufgaben hat so eine Interessensvertretung überhaupt? Vielleicht muss sie gar nicht innovative Anstöße liefern, sondern vertritt die Interessen der Branche nach außen, z.B. gegenüber der Politik. dann deckt sie eben nur einen Teilbereich ab. Ist das schlimm? Ich weiß es nicht. Ketzerisch gefragt: Wer hat denn überhaupt mitbekommen, dass es eine Facebookseite gab, die dem Museumsbund zwar, wie wir jetzt wissen, gar nicht gehörte, aber immerhin seinen Namen trug? Ist meine Facebookwelt jetzt ärmer geworden, weil es die Seite nicht mehr gibt? Nein, sie ist mir davor nicht aufgefallen und sie geht mir unmittelbar nicht ab. Symbolisch ist Ihr Fehlen ein Problem, ja, aber ansonsten? Es gibt auf Facebook genügend Gruppen, in denen ich Informationen, Anregungen, aber auch Austausch finde. Ich administriere selbst eine solche Gruppe mit, ich habe eben nachgesehen, 1.710 Mitgliedern. Auf Facebook geht die Seite also eigentlich gar nicht wirklich ab.Schwierig…

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