Ankündigung: 4. Fachtagung für Kulturfundraising und -sponsoring

Nächste Woche findet am 14. Juni von 9:00 bis 17:30 hier in Wien die 4. Fachtagung für Kulturfundraising und -sponsoring statt. Das Thema „Give & Take. Wie private Kulturförderung funktioniert.“ würde eigentlich auch gut zum stARTcamp passen. Es geht um „fruchtbare Kooperationen“, wie es in der Ankündigung heißt und dass dabei Crowdfunding als Thema so prominent vertreten ist, gefällt mir persönlich sehr gut.

Nachdem ich im letzten Jahr einen Vortrag halten durfte (siehe dazu mein Blogpost „Fundraising: Neue Ideen haben es schwer“), kann ich dieses Jahr leider nicht dabei sein. Die Vorbereitungen für das stARTcamp und das ORF-Dialogforum nehmen einfach zu viel Zeit in Anspruch. Da ich aber glaube, dass die Frage der Finanzierung von Kunst und Kultur ein eminent wichtiges Thema ist, habe ich der Organisatorin dieser Veranstaltung, Eva Estermann ein paar Fragen gestellt.

Kulturmanagement Blog: Liebe Eva, die Fachtagung für Kulturfundraising und -sponsoring dreht sich um das Thema „Give & Tage“, um „fruchtbare Kooperationen“, wie Du in der Ankündigung schreibst. Warum sollen Kultureinrichtungen kooperieren und worin siehst Du den Mehrwert für beide Seiten?

Eva Estermann: Ob in Wissenschaft und Forschung, im Bildungsbereich, Politik oder Wirtschaft,   überall spielt das Prinzip Kooperation eine wichtige Rolle, wenn wir erfolgreich sein wollen. Die Psychologie und die Pädagogik haben sich damit eingehend befasst, auch die Philosophie, Soziologie und Politische Theorie, die Ökonomie mit der Mathematik im Rahmen der Spieltheorie und natürlich die Management-Lehre, wenn sie die Erfolgsbedingungen von Unternehmensallianzen oder Verhandlungsstrategien untersucht. Zu

© Ludwig Schedl

kooperieren bedeutet, mit dem jeweils anderen gemeinsam ein Ziel festzulegen und darauf zuzusteuern. Umso unterschiedlicher die Partner sind, desto höher ist der Nutzen dieser Partnerschaft. So entstehen neue Ideen und Perspektiven und so erwerben beide involvierte Parteien getrennt voneinander jeweils neue Erkenntnisse und Fähigkeiten, im besten Fall entstehen über die Parteieninteressen und den kleinsten gemeinsamen Nenner hinausgehende gesamtgesellschaftliche Weiterentwicklungen. Da Partner aber unterschiedlich sind und meistens unterschiedliche Erwartungen pflegen, müssen sie in aller Ehrlichkeit aufeinander zugehen und sich vorher die Zeit nehmen, sich in den jeweils anderen hineinzudenken. Nicht anders funktioniert erfolgreiche private Kulturförderung: es ist meiner Ansicht nach falsch, die Motive hierfür immer nur auf das Thema Geld zu reduzieren. Aber genauso beginnt leider noch immer fast jede Argumentation, weshalb Kultureinrichtungen heutzutage vermehrt Privatmittel einwerben sollen – „weil die öffentlichen Kassen leer sind“. Mag sein, dass  die öffentliche Kulturfinanzierung an ihre Grenzen gestoßen ist. Private Kulturförderung soll trotzdem nicht der wegen zunehmendem haushaltspolitischen Druck entstandenen Sparlogik öffentlicher Förderstellen folgen und deren Knappheiten kompensieren oder gar ersetzen, sie kann und will ergänzend auftreten. Der Mehrwert für die Kultur? Durch privates Engagement können eben Projekte realisiert werden, die sonst nie entstanden wären: das sind auf der einen Seite durchaus kommerziell gut verwertbare Projekte, auf der anderen Seite aber viele innovative, vielleicht sogar „sperrige“ (weil spartenübergreifende, künstlerisch komplizierte, oder auch nicht ein großes Publikum ansprechende) Projekte, über die sich eine öffentliche Förderstelle vielleicht nicht unbedingt rüber getraut hätte. Profitieren können davon nicht nur all die großen und damit ohnehin bereits stark subventionierten Kultureinrichtungen. Das zivilgesellschaftliche Engagement kommt bereits jetzt den vielen kleinen Kulturvereinen zu Gute, die stark auf Ehrenamtlichkeit und Freiwilligenarbeit aufbauen. Noch stärker und systematischer sollen die kleinen Non-Profit-Einrichtungen private Geldquellen, über Sponsoring, Fundraising bzw. Spenden und Mäzenen sowie Stiftungen erschließen. Zudem treten viele große Unternehmen und – leider in Österreich noch viel zu wenig –  Stiftungen als unmittelbar fördernde oder selbst Kultur produzierende Akteure auf und tragen damit zu einer vielfältigen Kulturlandschaft bei. Bei unserer Veranstaltung wollen wir immer diese kulturpolitischen Fragestellungen mitandenken. Die Teilnehmer/innen sollen sich mit einem Knowhow über aktuelle Strategien und Methoden im Fundraising und Sponsoring wappnen. Sie sollen aber auch die dahinterliegenden Paradigmen erkennen und überdenken. Damit wären sie unserer Ansicht nach die erfolgreichsten Fundraiser/innen! Deswegen freuen wir uns so sehr auf unseren Keynote-Speaker Stephan Frucht: ein Querdenker par excellence, der gleichzeitig als ausgebildeter Dirigent und Violinist, Kulturmanager, Kulturpolitikberater (und btw. ehemaliger Unfallchirurg!) uns hier bestimmt sehr wertvolle Denkanstöße geben kann.

Der Kulturbereich muss Crowdfunding noch viel mehr nutzen

Kulturmanagement Blog: Ich bin ja immer froh, wenn Kultureinrichtungen die Spendenschiene verlassen und versuchen, ihren Kooperationspartnern auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb bin ich ein großer Freund von Crowdfunding und finde es großartig, dass sich das Thema durch den ganzen Tag findet. Was muss getan werden, damit noch viel mehr Kultureinrichtungen auf diese Form der Finanzierung setzen?

Eva Estermann: Alles ist Definitionssache. Crowdfunding gehört zu den Instrumenten des Fundraisings, speziell des Spendenwerbens. Spendensammeln hat noch immer diesen negativen Beigeschmack, dass man Menschen das Geld aus der Tasche ziehen will. Schade, wo doch Herr und Frau Österreicher/in im internationalen Schnitt besonders  im Kleinspender-Segment sehr viel und gerne spenden (siehe Spendenbericht). Was ist negativ am Spenden? Wir müssen noch an dieser Stigmatisierung arbeiten, denn sonst wird sich das Spendenklima für Österreichs Kultur nicht bessern.

Feststeht, Crowdfunding muss noch viel mehr im Kultursektor Fuß fassen.  Was es braucht zum Durchbruch? Ich würde sagen neben dem personellen Einsatz: Mut. Unser Leitsatz: einfach ausprobieren, auch Fehler riskieren!  Auch wenn Crowdfunding-Projekte sich nicht über die Nacht realisieren lassen und sich nicht für jede Einrichtung oder jedes Projekt eignen, sondern eines strategischen Aufwands bedürfen, profitieren Organisationen – auch ohne den vielleicht höher erwarteten ROI – davon. Sie lernen ihre Spender/innen kennen, erarbeiten anfangs einen starken Case of Support, üben sich in der  Kommunikation und müssen sich ganz praktisch überlegen, was sie über das Kulturangebot hinaus ihren potentiellen Spender/innen mitgeben können. Die beste Selbstreflektion und Erfahrung, um dann auch andere weitere Instrumente für Klein- und Großspender/innen auszuprobieren. Dieses Jahr referieren in zwei Einheiten ExpertInnen zu dem Thema: Peter Nömaier und Natascha Halbauer halten einen Vortrag über ihre Erfahrungen aus der jüngst lancierten Kampagne für das Sigmund Freud Museum. Die Profis  Sunita Maldonado (wemake.it) und Tomas Mikeska (Filmarchiv) halten einen Intensiv-Workshop.

Kulturmanagement Blog: Nicole Newman wird in ihrem Impulsvortrag über die neuesten Sponsoringtrends aus Europa berichten, Dominik Winterling erzählt, wie die Elbphilharmonie ihre Sponsoren sucht, findet und bindet. Glaubst Du, kleinere Kultureinrichtungen können sich da was abschauen und bestimmte Verhaltensweisen übernehmen?

Eva Estermann: Auf alle Fälle. Man kann immer von den „Besten“ lernen. Auch wenn die Bedingungen für große, oftmals am stärksten subventionierten Kultureinrichtungen anders sind, entstehen hier Ideen und Erfahrungen, die man abgewandelt durchaus auf den eigenen, oft viel kleineren Betrieb übertragen kann. Best Practice ist inspirierend und denkanstoßend. Das gilt auch für die Betrachtung von Trends. Natürlich sind wirtschaftliche, kulturpolitische oder gesellschaftliche Voraussetzungen etwa im angelsächsischen Raum, oder auch in Deutschland und in der Schweiz, ganz anders. Aber wir sollten das nicht immer als Ausrede nehmen, nicht über die Grenzen schauen zu können. Das Prinzip gilt ja auch für andere Branchen (karitative Organisationen, Wissenschaft, Umwelt) oder  unterschiedliche Kunstsparten: jede/r  Fundraising-Beauftrage sollte neugierig bleiben und sich regelmäßig umschauen, was  man für den eignen Kulturbetrieb übernehmen könnte. Erfolgreiche Ideen entstehen selten am Reißbrett.

Auf der 4. Fachtagung für Kulturfundraising geht es auch um EU-Förderungen

Kulturmanagement Blog: Normalerweise verbinden wir mit dem Kulturfundraising das Einwerben privater Mittel. Ihr habt aber auch David Röthler eingeladen, der die aktuellen EU-Förderprogramme vorstellen wird. Worin siehst Du die größten Herausforderungen für Kultureinrichtungen, sich mit diesem Thema zu beschäftigen?

Eva Estermann: Wir sehen das Thema „Fundraising“ pragmatisch. Letztlich geht es um das Einwerben aller finanziellen Mittel, ob von öffentlicher oder privater Seite. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten ist es wichtig, sein Fundraising-Portfolio zu diversifizieren, also auf Multi-Budgeting zu setzen. Kleinere Kultureinrichtungen haben hier bereits gegenüber  größeren einen Wissensvorteil: wenn es keine jährliche Basisabgeltung gibt, müssen viele Geldtöpfe berücksichtigt bzw. geprüft werden.  Gegebenenfalls müssen Eigeneinnahmen und Preispolitik überdacht werden, aber das ist nicht unser Thema. EU-Projektförderung kommt letztlich nur ganz wenigen Institutionen/Projekten zu Gute: die Förderpraxis und speziell die Förderbedingungen sind bekanntlich komplex. Wir bieten Kultureinrichtungen mit dem Experten-Workshop von David Röthler die Möglichkeit, für sich die Sinnhaftigkeit und Machbarkeit eines EU-Förderansuchens zu überprüfen.

Kulturmanagement Blog: Fördervereine und Freundeskreise sind ebenfalls ein wichtiges Thema, wenn wir von Kulturfundraising sprechen. Wie können die kleineren und mittleren Kultureinrichtungen Menschen gewinnen, die sich für sie engagieren? Ist das ressourcenmäßig überhaupt möglich?

Eva Estermann: Fördervereine und Freundeskreise zählen zu den geschichtlich am längsten zurückreichenden „Fundraising-Instrumenten“. Oft wissen wir gar nicht, wieviele österreichische Kultureinrichtungen sich aus diesem bürgerschaftlichen Engagement (das auch mit substanzieller finanzieller Hilfe verbunden war) heraus entwickelten. Diese Zivilgesellschaft heißt es heutzutage wieder neu zu beleben. Die Mitwirkung in einem Förderverein ist eine Form der Bürgerbeteiligung, die unsere Gesellschaft und unsere Kultur viel mehr noch zusammen schweißen könnte.  Letztendlich sollen aber diese Vereine in der Lage sein, kulturelle Einrichtungen nicht nur ideell, sondern auch finanziell  zu unterstützten. Gerade kleinere Kultureinrichtungen könnten es doch viel leichter bewerkstelligen, Menschen, die ihrer Institution verbunden sind, zu identifizieren, zu binden und letztlich zur finanziellen und personellen Mitwirkung  zu motivieren. Aber eines ist klar: das ist eine auch zeitintensive Aufgabe des Intendanten, der künstlerischen/wissenschaftlichen Leitung, des Geschäftsführers, „potentielle Freunde“ im Umkreis anzusprechen.

Kulturmanagement Blog: Die Teilnahme an der Fachtagung für Kulturfundraising und -sponsoring ist nicht ganz billig, die Tickets kosten regulär 270 Euro. Ich frage Dich jetzt nicht, ob sich diese Investition für Kultureinrichtungen lohnt, sondern würde von Dir gerne wissen, ob es für Kulturvereine, für die so ein Betrag viel Geld ist, Ermäßigungen gibt.

Eva Estermann: Wir bieten sogenannte Tagungsstipendien für Vertreter/innen von kleinen Kultureinrichtungen an (Tipp: Bis morgen, den 7.6.18, können Sie sich noch bewerben, Infos unter diesem Link), die  sich mit einem kurzen „Motivationsschreiben“ vorstellen und dann kostenlos bei der Tagung teilnehmen. Dieses Stipendienprogramm wird von BKA Sektion Kunst & Kultur, der ERSTE Stiftung sowie der Erste Bank unterstützt: darüber freuen wir uns ganz besonders, dass die Weiterbildung von Kulturfundraiser/innen öffentlichen wie privaten Trägern ein Anliegen ist! (BTW: vergleichbare Weiterbildungen setzen für halbtägige Seminare viel höhere Preise an.)

Kulturmanagement Blog: Ich danke Dir für Deine Antworten, Eva und wünsche Dir beziehungsweise Euch eine tolle Veranstaltung!

Eva Estermann: Und dir viel Glück für das stARTcamp in der Kunsthalle. Hoffentlich wird „Give & Take“ auch ein Thema….

Foto von 3dman_eu auf Pixabay


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