© Henning Hraban-Ramm; Pixelio
Warum sollen Kunst- und Kultureinrichtungen bloggen, twittern oder in den verschiedenen Netzwerken aktiv sein? Eine Antwort lautet: man kann damit neue Zielgruppen erreichen und sie für Kunst und Kultur interessieren. Im Idealfall besuchen sie dann die Konzerte, Ausstellungen oder Aufführungen und sorgen so dafür, dass den Kultureinrichtungen, überspitzt formuliert, nicht das Publikum ausgeht.
Eine der Empfehlungen, wie man dabei vorgehen sollte, lautet: man baut Communities um die jeweilige Kultureinrichtung auf. In seinem Blogpost “Audience or Community” weist Chris Brogan darauf hin, dass zwischen dem Publikum und einer Community aber ein großer Unterschied besteht, den er so beschreibt:
“The difference between an audience and a community is which direction the chairs are pointing.”
Wenn es uns “nur” darum geht, Menschen auf uns aufmerksam zu machen, Awareness zu schaffen für unsere (künstlerische) Arbeit oder die Produkte, dann ist es unser Ziel, dass man uns zuhört.
“We create things to get people’s attention. For some, the creation is advertising. For others, it’s face to face events. For others, it’s content (…). If you’re clever, you create in a variety of formats”,
empfiehlt Chris Brogan und beschreibt damit die Stuhlreihen, die nach vorne ausgerichtet sind. In einer Community sind die Stühle aber anders aufgestellt:
“A community looks to each other to sustain the relationship and some of the interactions”,
erklärt Brogan und beschreibt eine Community als eine Gruppe von Menschen, die von gemeinsamen Interessen, Idealen oder Wünschen geleitet werden und spüren, dass sie hier Wertschätzung erfahren. Von der Idee Communities aufzubauen, um lediglich Produkte oder Dienstleistungen zu verkaufen, hält Chris Brogan wenig:
“…if all you’re hoping to achieve through building community is to sell more products, that might not be the best way to consider the problem. Communities don’t sell product. Communities empower users of products or services, or people with like-minded interests to interact.”
Oder anders ausgedrückt:
“At the bare minimum, audiences want recognition that the leader or focal point is grateful for their interaction. At the most, a community wants to own the experience every bit as much as they can.”
Ich nehme wahr, dass es vielen Kultureinrichtungen, die im Social Web unterwegs sind, vor allem darum geht, auf sich aufmerksam zu machen und Informationen unter die User zu bringen. Das ist auch nicht falsch, schließlich muss ich erst einmal wahrgenommen werden. Aber irgendwann erschöpft sich die Sache, am Ende haben wir es dann nur mit einem neuen Kanal zu tun, über den wir unsere Nachrichten herausschicken.
Das Social Web kann aber mehr. Es bietet uns die Möglichkeit, dass sich Menschen zusammenfinden und aus der Community heraus für sich einen Nutzen ziehen, der dann weit über einen Ausstellungs- oder Konzertbesuch geht.
David Cid bringt in seinem Kommentar zu Brogans Blogpost die Unterschiede zwischen dem Publikum bzw. den Zuhörern und der Community auf den Punkt:
“Engagement and empowerment are key in building and sustaining a community. An audience is passive in nature, because they only watch and hear (perhaps some interaction but definitely not enough to call it a community). Through building an audience, consumers receive information, which HOPEFULLY stimulates positive brand perception and adoption. However, through the building of community, consumers are no longer just consumers – they are PEOPLE. People with similar passions, interests, problems, etc and they can share their experiences and begin dialogues which can benefit all parties involved – people make connections and are intrigued by the comments and conversations, brands can use what is said as a means to do a brand/product audit, etc.”
Und mindestens ebenso wichtig ist der Hinweis von Amber Naslund,
“that you cannot *create* a community. It creates itself.”
Das heißt, wir müssen die Zügel lockerlassen und darauf verzichten, zu bestimmen, was in einer Community passiert oder nicht. Wir können nur die Rahmenbedingungen schaffen, damit eine Community entstehen kann. Ob das dann auch passiert, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Unter anderem davon, ob wir die Menschen, wie Cid schreibt, nicht nur als Konsumenten sehen, sondern als Menschen, mit denen wir etwas weiterentwickeln können. In diesem Fall das Interesse oder die Liebe zur Kunst.
Es hängt aber auch von der Fähigkeit zum Gespräch ab. Wenn ich nur monologisiere, nur Informationen verteile, wird daraus nie eine Community entstehen können. Die Frage ist aber, ob ich das überhaupt will? Vielleicht reicht es mir ja, meine Zielgruppe mit Informationen zu versorgen? Wie sieht das im Kunst- und Kulturbereich aus? Genügt es, ein Publikum zu haben, dessen Stühle nach vorne ausgerichtet sind? Oder brauchen wir Communities, nicht nur, um die Besucherräume zu füllen, sondern um Kunst und Kultur den Stellenwert zu verschaffen, die sie eigentlich haben sollten?
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