Wenn heute Abend die Veranstaltung “Wien denkt weiter” über die Bühne gegangen ist, dann werden die Veranstalter sich angesichts der, ich vermute, vielen TeilnehmerInnen wahrscheinlich zufrieden zurücklehnen. Die Plattform “Wien denkt weiter” hätte ihren Auftrag erfüllt, auf diese Veranstaltung aufmerksam zu machen und die Diskussionen, die online geführt wurden, in den realen Raum über- bzw. inhaltlich im Rahmen einer Open Space-Diskussion weiterzuführen.
Ausgangspunkt war eine von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny vor gut zwei Jahren ins Leben gerufene Gesprächsrunde, die sich Gedanken über die Zukunft Wiens als Kulturstadt machen sollte. Mit der Plattform bzw. dem Blog sollte diese Diskussion in die Öffentlichkeit getragen werden und “die Themen und Ideen unserer Runde weiterentwickelt und ergänzt werden”, wie Mailath-Pokorny schreibt. Endergebnis ist dann ein “Leitkatalog für die zukünftige Kulturpolitik in Wien”.
Den Leitkatalog wird es zwar am Ende geben, auf der Plattform ist aber viel Potenzial verschenkt worden, behaupte ich. Was hätte man anders machen können? Die Idee, ein Blog einzusetzen, um inhaltliche Diskussionen zu führen, ist hier sicher sinnvoll, die Mischung von Textbeiträgen und Videointerviews wäre in einem Forum so gar nicht möglich gewesen. Warum aber gibt es jetzt dieses Blog und warum soll ich mich daran beteiligen, ob in Form eines Gastbeitrags oder in Form von Kommentaren? Gut, Diskussionen sollen online geführt werden, aber was hat das für Konsequenzen? Dienen meine Beiträge der “Behübschung” oder werden sie wirklich ernst genommen? Wenn sie ernst genommen werden, hätten die Verantwortlichen vorab kommunizieren müssen, was mit den Inhalten passiert. Ich spreche von Verantwortlichen, denn ich weiß zwar dank des Impressums, dass die Stadt Wien für die Seite verantwortlich ist, aber wer ist nun mein Ansprechpartner? Leider wurde es verabsäumt, eine Community-ManagerIn mit der Betreuung der Plattform zu beauftragen.
Connie Benson hat deren Aufgaben in einer Keynote auf der Community 2.0 sehr schön erläutert:
- “Humanize the Company (give it personality)
- Represent the Brand in conversations
- Build relationships and increase loyality”
Das fehlt auf “Wien denkt weiter” leider völlig. Zwar wurde auf organisatorischer und technischer Ebene sehr schnell reagiert, etwa auf die Frage, ob bei der Veranstaltung ein WLAN zur Verfügung stehe. Inhaltlich wurde aber eigentlich nie auf Kommentare reagiert. So nehmen sich die 60 Kommentare bei 27 Blogbeiträgen eher bescheiden aus, denn die Themen, die in den Beiträgen angeschnitten wurden, wären durchaus diskutabel gewesen.
Auch hier zeigt sich also wieder mal, dass es nicht reicht, einen Rahmen zu schaffen, ein paar Inhalte zur Verfügung zu stellen und dann darauf zu warten, dass etwas passiert. Ich möchte, wenn ich mich bei solchen Diskussionen einbringe ernst genommen werden, sprich, ich erwarte mir zumindest eine Antwort. Die sollte dann nach Möglichkeit auch von den VerfasserInnen der Beiträge stammen. Diese Diskussion hätte, ich spekuliere hier, wahrscheinlich auch bei einer größeren Zahl von Kommentaren nie stattfinden können, denn ich gehe davon aus, dass die großteils “prominenten” AutorInnen ihre Beiträge wahrscheinlich nur abgeliefert haben und wohl kaum die Zeit für Diskussionen hätten.
Prominente AutorInnen sind zwar nicht schlecht, aber um eine Diskussion in Gang zu bringen, sind sie nur bedingt geeignet. Wichtiger in einem solchen Zusammenhang sind eigentlich die sogenannten “Influencer”, die großen Anteil am Erfolg solcher Communitys haben. Nur sind sie leider gar nicht so leicht zu finden und für die eigene Sache zu gewinnen. Um Influencer zu finden, muss ich mir aber auch erst einmal überlegen, an wen ich mich überhaupt mit meinem Anliegen wende. Wer soll denn überhaupt dazu beitragen an der Entstehung dieses Leitkataloges? Die Interessensvertretungen, die Online-UserInnen, KünstlerInnen? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Bedauerlich, aber es ist ja nicht verboten, es beim nächsten Mal besser zu machen. Denn auf solche Weise Kulturpolitik zu machen, das hätte durchaus was.
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