© levis; Pixelio
Mit Museen verbinden die meisten von uns ganz bestimmte Bilder. Bei mir sind diese Bilder hauptsächlich in der Vergangenheit angesiedelt. Vor allem der Technikbereich übte eine Faszination auf mich aus und so war das Deutsche Museum in München als Kind mein absoluter Favorit.
Etliche Jahre später war es dann das Nationalmuseum in Niamey, der Hauptstadt Nigers, das dazu beitrug, dieses Bild noch weiter in die Vergangenheit zu verschieben. Zu zweit hatten wir dieses Museum ganz für uns alleine, keine Besucher, kein Personal und so war es wirklich eine Entdeckungsreise, bei der wir auch nicht vor Schubladen haltmachten.
Heute sieht das alles etwas anders aus. Statt nostalgieverklärter Rückblicke in die Vergangenheit geht es eher um die Zukunft der Museen. In dieser Zukunft spielt auch das Social Web eine Rolle, die Frage ist nur, welche? Auf diese Frage versuchte der VII. Rheinische Museumstag Antworten zu finden. Christian Reinboth war dabei und hat im Rückblick auf das dort erlebte in einem Blogpost “Sieben Thesen zum ‘Museum 2.0‘” formuliert, in denen er formuliert, was seiner Meinung nach auf die Museen im Hinblick auf das Web 2.0 zukommt. Seine Thesen verdienen es, denke ich, diskutiert zu werden, nicht weil ich sie für falsch halte, ganz im Gegenteil. Bei manchen Punkten würde ich gerne noch einen Schritt weiter gehen.
(1) Museen benötigen zukünftig mehr Eigenständigkeit im Umgang mit Online-Medien.
Wenn ein einzelner Tweet erst genehmigt werden muss, die MitarbeiterIn also nicht über die entsprechende Kompetenz verfügt, diese maximal 140 Zeichen umfassende Textnachricht zu veröffentlichen, dann ist das, wie Christian Reinboth schreibt, ein Problem für das Haus bzw. für dessen Online-Aktivitäten. Ist die Kommunikation des Museums gar in die einer öffentlichen Struktur (etwa einer Stadt) eingebunden, wird die Sache noch komplizierter. Dann erfordert ein einzelner Tweet bereits einiges an Koordination, um die Nachricht überhaupt veröffentlichen zu dürfen.
In vielen Museen ist das, denke ich, aber mittlerweile kein Problem mehr. Nachrichten dürfen via Twitter oder Facebook verbreitet werden, ohne jeweils den Chef fragen zu müssen. Wenn aber der Chefetage das Verständnis für diese Form der Kommunikation fehlt, wird das Potenzial von Social Media, wahrscheinlich nicht ausgeschöpft, die Aktivitäten bilden so eine Art subversives Element der Kommunikation des Hauses. Was kurzfristig sehr spannend sein kann, wird mittel- und langfristig zum Problem: die Aktivitäten müssen Zustimmung von ganz oben erhalten, sonst sind sie personengebunden und nicht im Haus verankert. Verlässt die subversive MitarbeiterIn das Haus, werden die Social Media-Aktivitäten wahrscheinlich recht schnell einschlafen.
(2) Die Online-Reichweite von Museen wird langfristig Eingang in die Erfolgskennzahlen finden.
“Online-Besucher von Museen sollten daher ebenso wie Offline-Besucher Eingang in die für die Mittelvergabe entscheidenden Erfolgskennzahlen finden”,
fordert Reinboth. Ohne jetzt zu diskutieren, ob solche Kennzahlen sinnvoll sind (Fakt ist, sie zählen, wenn es um die Finanzierung des Hauses geht), würde ich nicht mehr zwischen Online- und Offline-BesucherInnen unterscheiden. Wenn fast siebzig Prozent der Erwachsenen in Deutschland das Internet nutzen, heißt das: zwei von drei “normalen” MuseumsbesucherIn gehören zu diesen Online-BesucherInnen. Dient mir deren Zahl trotzdem als Maßstab, wäre zu klären, ob es um die BesucherInnen der Website geht oder um die Fans, Follower und Freunde in den verschiedenen Netzwerken. Das Problem: die “Währung” ist eine andere. Thilo Specht schreibt dazu in einem Kommentar,
“dass Social Media die Handelsplattformen für Soziales – und eben nicht finanzielles – Kapital darstellen.”
Halten wir uns das vor Augen, dann ist klar, dass es zumindest andere Kennzahlen sein müssen, die hier Verwendung finden.
(3) Die Deutungshoheit von Museen geht im Web 2.0 zumindest teilweise verloren.
“Für museale Experten bringt dieser Verlust der Deutungshoheit den Zwang zu einer neuen Form der dialogorientierten Kommunikation mit sich,”
konstatiert Christian Reinboth. Ich denke, es geht nicht nur um eine neue Form von Kommunikation, sondern das Modell Museum erfährt gravierende Veränderungen, die das Selbstverständnis von Museen berühren. Peter Weibel hat schon vor fast drei Jahren in seinem Beitrag “Das Museum im Zeitalter von Web 2.0” (zu finden in der Publikation “Museen und Gesellschaft“) von einer “kulturellen Revolution” gesprochen und gemeint:
“Wenn wir in Museen weiter so verfahren wie ein Fernsehsender, dass wir dem Besucher Werke in einer bestimmten Reihenfolge und zu einer bestimmten Zeit zeigen, also kuratieren wie ein Programmdirektor und programmieren wie ein Kurator, und der Betrachter nicht die Möglichkeit hat, selbst ein Programm zusammenzustellen, dann wird das Museum obsolet.”
Es findet also nicht nur, wie Reinboth schreibt, “eine Kommunikation auf Augenhöhe” statt, sondern das Museum verliert darüber hinaus sein Publikum und geht in einer Community auf. Was das bedeutet bzw. worin der Unterschied zwischen “audience” und “community” zu sehen ist, hat Chris Brogan in seinem Blogpost “Audience or Community” recht anschaulich beschrieben.
Hier geht es zu Teil II “Web2.0: eine Herausforderung für Museen?“
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