Social Media? B2B-Kommunikation? Ist das für den Kunst- und Kulturbereich eigentlich ein Thema? Ich habe diese Frage in den letzten Tagen einige Male gestellt, im ersten Reflex lautete die Antwort meist Nein. Im Gespräch stellte sich dann aber schnell heraus, dass es diese B2B-Kommunikation im Kunst- und Kulturbereich natürlich auch gibt. Ob AutorInnen sich um Verlage kümmern müssen, Bands um ein Label, die Musicalbühne oder das Opernhaus um Reiseveranstalter, in all diesen Fällen darf man wohl von B2B-Kommunikation sprechen.
Wie findet etwa ein Reiseveranstalter, der seinen Kunden eine Städtetour inklusive Museumsbesuch anbieten möchte, attraktive Destinationen und die dazugehörigen Kultureinrichtungen? In erster Linie werden hier, so man nicht bereits bestimmte Orte im Auge hat, Suchmaschinen wie etwa Google bemüht. Gesucht wird außerdem im B2B-Bereich auf Herstellerseiten, in Anbieter- und Lieferantenverzeichnisse, Online-Fachzeitschriften und eben auch auf Social Media-Plattformen, haben Thomas Pleil, Professor an der Hochschule (Studiengang Online-Journalismus) in Darmstadt und sein studentisches Team im Rahmen eines Lehrforschungsprojektes herausgefunden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden auf knapp 100 Seiten zusammen gefasst und unter dem Titel Mehr Wert schaffen: Social Media in der B2B-Kommunikation
Natürlich gilt auch in diesem Fall: während in den USA Social Media in der B2B-Kommunikation schon selbstverständlich ist, fehlt in unseren Breitengraden oft noch das Wissen über das Potenzial von Social Media, was wiederum das Aufkommen von Ängsten und Vorbehalten begünstigt. Aufklärung tut also Not und genau die bietet das Buch. Vor allem die vier ausführlich dargestellten Praxisbeispiele sind sehr hilfreich, wenn sie auch mit Kunst und Kultur wenig zu tun haben. Wenn aber beispielsweise eine Bank ein Blog betreibt, zu dem sowohl die Führungsebene als auch die MitarbeiterInnen Beiräge beisteuern, um die Menschen zu zeigen, die bei dieser Bank arbeiten, dann ist das eine Philosphie, die sich auf jede Kultureinrichtung übertragen lässt, denn auch hier ist Authentizität ja ein Thema.
Gut gefällt mir bei diesen Praxisbeispielen die ausführliche Darstellung der jeweiligen Social Media-Aktivitäten. In welche Kommunikationsstrategie sind die Social Media-Aktivitäten eingebunden, wie werden die Aktivitäten auf den verschiedenen Kanälen miteinander abgestimmt? Wer sich gerade in das Thema einarbeitet, erhält hier wertvolle Anregungen. Dass es mit einem Account auf einer oder mehrerer Plattformen nicht getan ist, zeigt das Beispiel Westaflex. Das mittelständische Unternehmen, das Aluminium, Edelstahl und Kunststoff verarbeitet, geht noch einen Schritt weiter und versucht, ein wirklicher Bestandteil der Communitys zu werden:
“Im Sinne von Social Media will das Unternehmen unter anderem BarCamps und Open-Event-Seiten, wie Twittwoch oder Rivva, ganz konkret sponsern,”
heißt es in dem Buch (S.68), eine Idee, die sich wohl auch recht leicht auf den Kunst- und Kulturbereich übertragen lässt. ;-) Allerdings kommt es in solchen Fällen zu einer Vermischung von B2B- und B2C-Kommunikation, denn ein metallverarbeitendes Unternehmen wird wohl kaum mit seinen Kunden Barcamps organisieren bzw. solche sponsern. Das zeigt schon, die Trennung zwischen beiden Bereichen ist nicht ganz leicht beizubehalten. Die Triodos-Bank etwa, die durchaus zwischen Privat- und Businesskunden unterscheidet, kommuniziert über ihre Social Media-Kanäle mit beiden Kundenbereichen.
Wie man die Sache angeht, hängt also von der eigenen (Kommunikations)-Strategie ab, womit ich von den Praxisbeispielen noch einmal zum vorangestellten “Theorieteil” springen möchte. Kapitel 3 versucht die Frage zu beantworten, welche Rahmenbedingungen der Social Media-Einsatz verlangt? Die AutorInnen weisen darauf hin, dass die Unternehmenskultur mit der offenen Kommunikation via Social Media korrelieren muss:
“Jede noch so gute Kommunikationsstrategie verfehlt ihre Ziele zwangsläufig, wenn die Führung und die Mitarbeiter eines Unternehmens nicht verkörpern, was sie nach außen präsentieren möchten,”
heißt es auf Seite 32. Wie aber muss diese Führungskultur aussehen? Die Befragungen haben gezeigt, das es mit Glaubwürdigkeit, Respekt, Stolz, Fairness und Teamorientierung fünf Erfolgsfaktoren gibt, Schlagworte, die ja auch das Social Web dominieren, wie die AutorInnen feststellen. Streng hierarchische Funktionsmodelle verlieren an Bedeutung,
“der ‘normale’ Mitarbeiter wird (…) zum ‘kleinen Pressesprecher’,”
wie es im Buch so schön formuliert wird. Auch deren private Social Media-Aktivitäten tragen zum Image des Unternehmens bei. Soll das positiv sein, muss bei den MitarbeiterInnen eine positive Grundhaltung vorhanden sein. Misstraut ein Unternehmen seinem Personal aber und versucht es zu kontrollieren, ist diese positive Grundhaltung wohl eher nicht vorhanden, ein schlechtes internes Betriebsklima schlägt unter Umständen auf die verschiedenen Social Media-Plattformen durch.
Wenn man am Ende des Buches weiß, worauf es im Social Media-Bereich ankommt und wie andere Social Media einsetzen, dann kannes ja sein, dass in einem der Wunsch aufkommt, es jetzt selbst ausprobieren zu wollen. Genau dafür haben die AutorInnen noch eine Empfehlungsliste bestehend aus zehn Punkten zusammengestellt. Ich will hier nicht alle Punkte verraten, aber der letzte scheint mir, gerade im Hinblick auf den Kunst- und Kulturbereich, besonders wichtig zu sein:
“Unternehmen sollten prüfen, ob und inwieweit sie Social Media auch für die interne Kommunikation einsetzen können.”
Das ist sehr nett formuliert, denn wenn wir noch einmal an die fünf oben angeführten Erfolgsfaktoren denken, dann dürfte der Social Media-Einsatz in der internen Kommunikation eigentlich gar kein Thema, sondern selbstverständlich sein.
Fazit: ein sehr hilfreiches Buch, das nicht nur zeigt, wie Social Media in der BB-Kommunikation funktioniert, sondern auch ein Beispiel dafür ist, dass es nicht immer hunderte von Seiten sein müssen, um ein Thema abzuhandeln. Zeit haben wir ja schließlich nicht im Überfluss. ;-)
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