“Stiftungen haben eine lange Tradition” heißt es im entsprechenden Eintrag auf Wikipedia, der zeigt, welch vielfältige Ziele Stiftungen verfolgen können. In der jüngeren Vergangenheit haben Stiftungen sich vermehrt dadurch hervorgetan, gesellschaftliche Entwicklungen anzustoßen bzw. voranzutreiben. Dies geschieht in den verschiedensten Bereichen, zu denen natürlich auch der von Kunst und Kultur gehört. So gibt es in Deutschland beispielsweise die Körber-Stiftung, die über ein Stiftungsvermögen von 510 Mio. Euro verfügt und jedes Jahr ca. 15 Mio. für die operative Arbeit zur Verfügung stellt. Das Geld fließt unter anderem in den Bereich Junge Kultur, denn, so heißt es auf der Website:
“Kunst ist einer der wichtigen Impulsgeber unserer Gesellschaft. Mit ihrem kulturellen Engagement ermöglicht die Körber-Stiftung die Begegnung mit kreativen Utopien und fördert den Austausch zwischen Künstlern und Publikum.”
In der Schweiz kennen viele wahrscheinlich das Migros-Kulturprozent, eine Idee, die auf den Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler zurückgeht und die Genossenschaft verpflichtet, Institutionen und Projekte unter anderem im Kunst- und Kulturbereich finanziell zu unterstützen.
Macht man sich in Österreich auf die Suche nach dem entsprechenden Pendant, dann wird man leider nicht fündig. Ganz im Gegensatz zu den beiden erstgenannten Ländern, in denen Stiftungen sich für gesellschaftliche Ziele einsetzen, sind die Stiftungen in Österreich eher eigennützig. Weniger als zehn Prozent der Stiftungen sind gemeinnützig, heißt es in einem vor kurzem veröffentlichten Working Paper, das im Rahmen des an der Wirtschaftsuniversität angesiedelten Forschungsprojektes “Stiftungen in Österreich” von den drei AutorInnen Michael Meyer, Hanna Schneider, Reinhard Millner veröffentlicht worden ist.
Während also, so haben die AutorInnen herausgefunden, in Deutschland von den rund 17.000 Stiftungen etwa 95% gemeinnützig sind, ist die Situation in Österreich fast umgekehrt: hier sind von 3.141 Privatstiftungen lediglich 210 gemeinnützig. Dank eines sehr stifterfreundlichen Umfelds werden in Deutschland 15 bis 20 Mrd. Euro von den Stiftungen ausgeschüttet und in Initiativen und Projekte gesteckt. Ganz anders die Situation in Österreich:
“Durch das gemeinnützige Engagement von Privatstiftungen werden jährlich Projekte und Initiativen in der Höhe zwischen 10 und 40 Millionen Euro gefördert. Umgerechnet pro Kopf (der österreichischen Wohnbevölkerung) sind das zwischen 1 und 5 Euro pro Jahr,”
heißt es im Executive Summary auf Seite 3 (in der Schweiz sind es übrigens 850 Mio. Euro, die ausgeschüttet werden) . Den 1 bis 5 Euro Pro Person stehen in Deutschland 180 bis 230 Euro pro Person gegenüber, eine in anderen europäischen Ländern durchaus übliche Summe.
Warum das so ist?
“Restriktiv empfundene steuerliche Regelungen, die bisher vernachlässigte mediale Thematisierung, eine geringe Anzahl an Vorzeigebeispielen, mangelnde Transparenz im Stiftungssektor sowie ein Selbstverständnis, dass soziale Agenden vom Staat wahrgenommen werden, sind zentrale Hemmfaktoren,”
heißt es in dem Working Paper weiter. Liest man sich die insgesamt 29 Seiten durch, dann erfährt man, dass die Stiftungsgelder in Österreich vor allem in die Bereiche Bildung, soziale Dienstleistungen und Kultur fließen. Kultur, das bedeutet aber auch oft, dass sich der Stifter eine eigene Kunstsammlung finanziert, insofern profitiert der Kunst- und Kulturbereich nur indirekt von diesen Geldern.
In Österreich herrscht also der Eigennutz vor, wenn man sich die Stiftungen ansieht. Aber, so konstatiert Der Standard in seinem Artikel über das Working Paper, auch das Spendenaufkommen fällt in Österreich eher bescheiden aus:
“Den 295 Mio. Euro an Privatspenden stehen 522 Mio. der Schweizer und 4,3 Mrd. der Deutschen gegenüber.”
In Österreich redet man sich also gerne auf den Staat raus. Sich auf den zu verlassen, geschieht aber auf eigenes Risiko.
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