Ein Abonnement ist zwar eine praktische Sache, denn ich muss mich erstens nicht um meine Karten kümmern und zahle außerdem auch weniger als im normalen Vorverkauf oder an der Abendkasse. Aber es gibt auch Nachteile: ich habe meist fixe Termine und muss mir dann überlegen, was ich mit meiner Karte mache, wenn ich keine Zeit habe. Viele von Ihnen werden, so Sie ein Abo besitzen, Bekannte, Freunde oder Nachbarn fragen und ihnen die Tickets (kostenlos) überlassen. Vielleicht kommen Sie selbst auch immer wieder mal in den Genuss solcher (geschenkten) Karten?
Auch wenn dieser starre Aboplan häufig gar nicht mehr existiert und ein Abonnement meist sehr flexibel genutzt werden kann, sinkt die Bereitschaft der KunstliebhaberInnen, sich ein Abo zu leisten. Man möchte unabhängig entscheiden können, wann man wohin geht, ist ein Argument, das oft zu hören ist. Aber diese Freiheit führt dann meist dazu, dass man gar nicht mehr geht, denn, auch das hört man oft, das Abo “zwingt” einen quasi, ins Theater oder das Konzert zu gehen.
Aber die Zeiten, in denen es “Pflicht” war, Kunst zu konsumieren, sind vorbei, wer nicht freiwillig kommt, kommt gar nicht (mehr). Und wer nicht mehr kommt, erfährt nur noch selten, welche Angebote überhaupt existieren. Viele Kultureinrichtungen haben mittlerweile begriffen, dass diese Menschen für sie als BesucherInnen verloren sind, wenn sie den Spieß nicht umdrehen und dorthin gehen, wo sich die potenziellen Zielgruppen aufhalten. Facebook ist so ein Ort, oder auch Twitter. Warum Kultureinrichtungen dort sind, ist klar: die Kunden wollen das so.
“Our customers will demand that they be allowed to interact with businesses in this way — the same way they demanded that we connect via websites and e-mail,”
zitiert Robert Ball in seinem Beitrag “Group Buying: Key To Your Business’s Social Media Strategy” den Social-Media-Experten Jay Baer. Nur, was dann? Schließlich geht es letzten Endes darum, Tickets zu verkaufen und nicht Fans oder Follower zu sammeln.
“Your fan base on Facebook is growing but you struggle to see how photos of your company’s holiday party will help close your next deal. You have over 1,000 followers on Twitter and you tweet regularly, but you struggle to link your latest customer acquisition to those 140 characters of genius you just tweeted,”
beschreibt Ball eine Situation, die wohl viele kennen. Für ihn gibt es nur eine Lösung, “group buying”, worunter er nicht einfach nur das Anbieten von Online-Gutscheinen versteht, sondern das Kernelement einer Social-Media-Strategie. Aufgehen kann diese Strategie aber nur, wenn ich mein Marketingbudget analysiere und weiß, was es mich kostet, eine neue BesucherIn zu gewinnen:
“The key is properly structuring the deal to accurately capture the “cost”, referring to your actual marginal cost of acquiring the next sale or a new customer, not a mythical if-I-had sold-that-much-at-retail cost.”
Die entsprechenden Plattformen für solche Gruppendeals gibt es natürlich auch schon, der Star unter ihnen ist Groupon, das derzeit am höchsten gehandelte Social-Media-Startup. In den USA so erfolgreich, dass es ein 6 Mrd. USD-Angebot von Google ablehnen konnte, versucht es nun auch in Europa Fuß zu fassen.
Das Prinzip ist einfach erklärt: Groupon schickt seinen Kunden täglich E-Mails mit zahlreichen Schnäppchen-Angeboten, die von Ort zu Ort verschieden sind. Die Rabatte werden allerdings nur eingelöst, wenn sich eine Mindestzahl an Kunden für ein Angebot entscheidet. Auf diese Weise kann Groupon Mengenrabatte fordern.
Derzeit kommen die meisten Angebote aus den Bereichen Essen, Beauty und Wellness, Angebote aus dem Kunst- und Kulturbereich (z.B. Theater) habe ich bis jetzt nur auf den US-Seiten von Groupon entdecken können und auch hier nur äußerst spärlich. Noch ist das also alles Zukunftsmusik, aber was nicht ist, kann ja noch werden.
http://twitter.com/#!/maryanndevine/status/19760915423428609
Diese Antwort erhielt ich von Maryann Devine auf meine Frage, ob sie glaube, Groupon sei für Kultureinrichtungen interessant. Schnäppchenangebote statt Abos? Ihr Hinweis mag vielen ungeheuerlich erscheinen, aber ist der Ansatz wirklich so falsch? Vergleichen wir doch die beiden Grundprinzipien: bei einem Abo zahle ich pro Ticket weniger, weil ich mehrere Tickets kaufe, die ich zu unterschiedlichen Zeiten nutze. Bei einem Gruppendeal verkaufe ich das einzelne Ticket ebenfalls billiger, weil auch hier mehrere Tickets verkauft werden, die allerdings alle gleichzeitig genutzt werden. Beide Ansätze folgen dem Prinzip Mengenrabatt, bei den Gruppendeals löse ich das eingangs dieses Beitrags erwähnte Problem, dass man bei einem Abonnement unter Umständen langfristig planen muss, was in unserer schnelllebigen Zeit immer schwieriger wird bzw. von uns immer seltener gewollt wird.
Die Herausforderung besteht nun darin, Kulturangebote auf Groupon oder ähnlichen Plattformen zu platzieren und aus den Fans oder Followern BesucherInnen zu machen und so die Kluft zwischen globalen Netzwerken wie Facebook und lokalen Angeboten zu schließen. Matias Roskos ortet in der wachsenden Bedeutung lokaler Inhalte bzw. Angebote einen neuen Trend, den er als hyperlokal bezeichnet, basierend auf dem Begriff der Hyperlokalität. Ermöglicht wird diese Entwicklung durch das mobile Web und die verschiedenen Devices, die es uns erlauben, jederzeit auf das Internet zugreifen zu können. In seinem Beitrag, in dem er einen sehr hilfreichen Überblick über diesen Trend liefert, kritisiert er den fehlenden Nutzen von Plattformen wie Foursquare oder Gowalla und spricht von der fehlenden inhaltlichen Unterfütterung. Damit schlägt er in die gleiche Kerbe wie Robert Ball und zeigt all denen, die sich die Frage stellen, wie sie mit Hilfe ihrer Social-Media-Aktivitäten ihren Ticketverkauf ankurbeln können, einen interessanten Weg auf. Werden wir also bald unsere Theater- oder Konzertkarten als Schnäppchen auf Groupon ordern können?
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