Miteinander ins Gespräch kommen, das ist für viele Kultureinrichtungen der Grund, im Social Web aktiv zu werden. Es entstehen Facebookseiten, Blogs werden eingerichtet und auch Twitter fehlt immer seltener im Social Media-Mix. Sieht man sich dann die einzelnen Seiten, Profile oder Accounts an, dann erkennt man recht schnell, dass es gar nicht so einfach ist, mit den UserInnen ins Gespräch zu kommen. Die Bewerbung der eigenen Aktivitäten ist zwar nicht verboten, aber wem sonst nichts anderes einfällt, der merkt recht schnell, dass das nicht ausreicht. Ein paar “Likes” gibt es immer, zur Not von den eigenen MitarbeiterInnen, aber so wirklich zufriedenstellend ist das nicht, die Erwartungen waren höher.
Was tun? “Warum Inhalte immer wichtiger werden” ist einer meiner letzten Beiträge überschrieben, in dem ich behaupte, dass Inhalte die Voraussetzung sind, um im Social Web wahrgenommen zu werden. Mit spannenden Inhalten lassen sich Interesse und Begeisterung der UserInnen wecken. Begeisterung ist die Grundvoraussetzung für unser Lernen, was vor allem die Kultureinrichtungen interessieren muss, die Zeit und Geld in Vermittlungsprogramme investieren und vor der Herausforderung stehen, Inhalte zu finden, die zu begeistern vermögen.
Mit Inhalten begeistern, das sagt sich so leicht. Wie sieht das aber in der Realität aus? Und vor allem: was soll denn überhaupt passieren, wenn es mir als Kultureinrichtung gelingt, online Begeisterung zu wecken? Die UserInnen sollen aktiv werden, im ersten Schritt geht es um Interaktion mit mir als Kultureinrichtung, um ein Retweet auf Twitter, einen Kommentar im Blog oder das Teilen der Inhalte auf Facebook. So wichtig die auf diese Weise steigenden Follower- oder Fanzahlen auch sein mögen, am Ende geht es natürlich auch darum, dass die UserInnen meine Angebote wahrnehmen und in Konzert, Theaterstück oder Ausstellung strömen.
Aber der Reihe nach. Wie schaffe ich es, dass die UserInnen in den sozialen Netzwerken mit meinen Inhalten interagieren? Was treibt uns eigentlich an, Seiten zu “liken”, Inhalte zu teilen oder eine Nachricht zu retweeten? Nach Ansicht von Jyri Engeström, der 2006 den Twitter-Klon Jaiku gründete, sind es die “sozialen Objekte”, die die Menschen in den sozialen Netzwerken zusammen bringen. Ein Netzwerk ist nur dann lebendig, wenn es in ihm zum Austausch sozialer Objekte kommt. Wer sich auf einem Netzwerk anmeldet und dann darauf wartet, dass etwas passiert, kennt solche Situationen, in denen es zu keinem Austausch kommt, bereits. Martin Lindner hat den Ansatz von Jyri Engeström in seinem Blogpost “Soziale Objekte’ im Marketing 2.0” sehr gut beschrieben. Drei Komponenten braucht es, so schreibt er, um “soziale Objekte” teilen zu können:
- Inhalte mit einer eindeutig zuordenbaren URL (in Form von Text, Foto, Video, etc.)
- Tags zur Verschlagwortung und
- Personenprofile zur Identifizierung der Netzwerkmitglieder.
An jedem dieser drei Komponenten gibt es Anknüpfungspunkte, aus denen heraus sich, so Lindner, die verschiedenen Interaktionstypen ergeben, wie z.B. bewerten, teilen oder kommentieren.
Diese sozialen Objekte stellen für den Marketingspezialisten Hugh MacLeod die Zukunft des Marketing dar. Nicht um die “Likes” oder die “Retweets” gehe es, sondern um “social objects”, denn wir Menschen vernetzen uns untereinander nicht nach dem Zufallsprinzip, sondern nur dann, wenn uns etwas verbindet und das sind eben die sozialen Objekte. Daraus schließt er:
“Social Networks form around Social Objects, not the other way around.”
Oder als provokante Frage:
“If your product is not a Social Object, why are you in business?”
Entscheidend für den Marketingerfolg seien die Geeks, denn hinter diesem Begriff versteckt sich jemand, “who socializes via objects”. Im Endeffekt sind wir aber alle Geeks, denn wir alle lassen uns von Dingen, die außerhalb uns liegen, begeistern. Das heißt:
“Whatever industry you are in, there’s somebody who is geeked out about your product category. They are using your product [or a competitor’s product] as a Social Object. If you don’t understand how the geeks are socializing– connecting to other people– via your product, then you don’t actually have a marketing plan.”
Wie kommt nun eine Kultureinrichtung zu sozialen Objekten? Ausgangspunkt ist nicht, Sie werden es schon ahnen, Ihre nächste Veranstaltung, sondern deren Inhalte, das Themenfeld, in dem Sie sich damit bewegen. Nehmen wir an, Sie zeigen in Ihrer nächsten Ausstellung die Mona Lisa. Es gibt vermutlich ausreichend Enthusiasten, die sich für die Mona Lisa begeistern und nicht nur Ihre Ausstellung besuchen werden, sondern begierig auf Informationen darüber warten. In diesem Fall ist die Mona Lisa das soziale Objekt, an dem Sie Ihr Marketing ausrichten werden. Ob Foto, Video oder Text, Sie bieten Inhalte an, die geteilt, kommentiert oder bewertet werden können.
Aber Ihre Ausstellung muss sich nicht unbedingt durch ein solches Highlight auszeichnen und trotzdem werden Sie ein oder mehrere soziale Objekte finden. Ein solches wären z.B. für mich die alten Stringregale, die in der Pinakothek der Moderne in München ausgestellt sind. Ich bin mit diesen Regalen groß geworden und reagiere wohl eher auf das soziale Objekt Stringregal als etwa auf alte Stühle. Die Frage ist nun, welches Setting biete ich als Museum an, um die Geeks miteinander ins Gespräch zu bringen, denn so Hugh MacLeod:
“The interesting thing about the Social Object is the not the object itself, but the conversations that happen around them.”
Das alles erinnert an Nina Simon und ihre “Revised Theory of Social Participation via ‘Me-to-We’ Design” (siehe dazu auch mein Blogpost), mit der sie versucht, Interaktionsmöglichkeiten zwischen Ausstellung und BesucherInnen zu schaffen. Welche Online-Plattformen eignen sich dafür am besten? Wenn es um das Zusammenspiel der oben angeführten drei Komponenten Inhalt, Tag und Personenprofil geht, dann ist das – neben den Foto- und Videoplattformen – vor allem ein Netzwerk, das in der letzten Zeit für Furore sorgt: Pinterest!
“Bei Pinterest geht es nicht darum, Freunde zu finden, oder um persönliche Kommunikation. Der Fokus liegt auf der Verbreitung von relevanten Inhalten, die Bezug zu einem bestimmten Thema haben”,
heißt es auf futurebiz. Womit klar ist, worin das Erfolgsgeheimnis von Pinterest liegt. Es trifft den Nerv der Zeit und es erfüllt die Anforderungen, die Jyri Engeström an solche Plattformen stellt. Kevin Anderson hat sie in einem kurzen Artikel zusammengefasst:
- “You should be able to define the social object your service is built around
- Define your verbs that your users perform on the objects. For instance, eBay has buy and sell buttons. It’s clear what the site is for.
- How can people share the objects?
- Turn invitations into gifts
- Charge the publishers, not the spectators. He learned this from Joi Ito. There will be a day when people don’t pay to download or consume music but the opportunity to publish their playlists online.”
Fangen wir mal mit dem ersten Punkt an: arbeiten Sie mit sozialen Objekten und können sie benennen? Ansonsten gilt, was Hugh MacLeod gesagt hat: “If your product is not a Social Object, why are you in business?”
Titelbild: “The Conversation“; By Bill Longstaff (CC-Lizenz)
Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen