Warum ich Facebookgruppen mag

Ich gestehe, auf meinem persönlichen Profil verwende ich die neue Chronik, die nun gar nicht mehr so neu ist, noch immer nicht. Ich verweigere mich damit nicht neuen Entwicklungen, zumal ich das im Fall von Facebook gar nicht verhindern kann, sondern ich finde, dass die alte “Wall” einfach übersichtlicher ist und nachdem es mir auf Facebook vor allem um den Austausch, um Diskussionen geht, werde ich mein Profil erst dann umstellen, wenn es nicht mehr anders geht.

Nachdem die Facebookseiten mittlerweile umgestellt wurden, habe ich nun auch den direkten Vergleich und behaupte, dass neu und alt ihre Vor- und Nachteile haben. Klar ist, auf den neuen Seiten findet sehr viel weniger Interaktion statt, was vermutlich auch damit zu tun hat, dass die Postings der Fans nicht mehr gleichberechtigt neben denen des Seitenbetreibers stehen, sondern nach rechts in einen separaten Kasten gewandert sind.

Ein Entrüstungssturm kann zwar immer noch entstehen, aber das passiert nicht mehr so leicht, denn im ersten Moment sieht man als UserIn erst einmal nur einige angeteaserte Postings der Fans. Ich als Seitenbetreiber bin da sehr viel präsenter, wie obiger Ausschnitt zeigt.

Ein weiterer vermeintlicher Vorteil: SeitenbetreiberInnen können ihre Seite besser kontrollieren und sie können wunderbar Storytellingkonzepte umsetzen, wie es etwa die Seite von Spotify zeigt. Sie finden dort rund 1000 Jahre Musikgeschichte und eben nicht nur ständige Hinweise, wie toll der Musikstreamingdienst ist. Wer böse ist, würde sagen, die Facebookseite geht mehr in Richtung Plakatwand, was nicht unbedingt dem Grundverständnis eines sozialen Netzwerks entspricht. Ähnlich sieht das Debra Askanase in ihrem Beitrag “Returning to Facebook Groups“, in dem sie schreibt: “Pages are designed to be a one-way relationship.”

Hinzu kommt, so Askanase, dass die Fans immer seltener mitbekommen, wenn auf einer Seite etwas gepostet wird, ein Trend, der sich durch Zahlen untermauern lässt.

Community-Building funktioniert am besten in den Facebookgruppen

Sehr viel mehr hält sie von den Gruppen, denn “(g)roups (…) are designed to facilitate online community-building”, konstatiert die Autorin. Der Vorteil: in ihnen können nur Individuen kommunizieren und keine Unternehmen. Letztere sind also dazu gezwungen, die Marke in den Hintergrund zu stellen und den MitarbeiterInnen den Vortritt zu lassen. Sie sind es, die kommunizieren und dafür sorgen, dass sich eine Community bilden kann (und nebenbei zu BotschafterInnen des Unternehmens werden), denn Askanase schreibt völlig richtig: “Aren’t organizations about connecting people to an issue? The connector between the people and the organization is the community.”

Ein schönes Beispiel ist für mich die als Gruppe angelegte Online Bühne des Maxim Gorki Theaters. Die Verantwortlichen haben das Kunststück geschafft, eine Community um die Online-Aufführung der Effi Briest herum entstehen zu lassen, ohne dabei auf viele Kommentare und aktive Teilnahme zu setzen. Gelungen ist ihnen das, weil sie ein zeitlich begrenztes Event kreiert haben und es ein Erlebnis war, dabei sein zu dürfen.

Ob Theater, Opernhaus oder Museum, alle diese Kunst- und Kultureinrichtungen machen sich im Vorfeld Gedanken über ihr Programm und legen Themenschwerpunkte fest. Gerade die eignen sich hervorragend als Themen für einzelne Gruppen. So hätte zum Beispiel Gustav Klimt dieses Jahr seinen 150. Geburtstag gefeiert, was viele Museen zum Anlass genommen haben, eine Ausstellung über ihn zu konzipieren. Kein Museum hat die Chance genutzt und eine Gruppe eingerichtet, in der die vielen Fans von Gustav Klimt sich austauschen können.

Eine solche Gruppe hätte auch den Vorteil, dass ihre Mitglieder informiert werden, wenn neue Postings online gehen, d.h. die Sichtbarkeit ist wesentlich größer als bei einer Facebookseite. Aber das ist nur ein Mitnahmeeffekt, denn letzten Endes entscheidet der gegenseitige Austausch darüber, ob eine Gruppe erfolgreich ist oder nicht. Ich bin mittlerweile in vielen Gruppen und schätze den Austausch in ihnen. Ob es dabei um Social Media, Crowdfunding oder Transmedia Storytelling geht, ich finde dort jede Menge ExpertInnen, von deren Wissen ich tagtäglich profitieren darf. Und das ist auch der Grund, warum ich tagtäglich auf Facebook bin und diese Plattform trotz ihrer Unzulänglichkeiten immer noch mag.


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Kommentare

11 Antworten zu „Warum ich Facebookgruppen mag“

  1. Lieber Christian, ciao nach Wien!
    Wieder alles gut beobachtet.
    Ja, die Gruppen sind für den Austausch wichtig.
    Ich nutze die pages auch fast nur noch als Plakatwand.
    Für mich liegt der Vorteil darin: Ich kann nicht registrierten Interessenten zum Beispiel Alben mit Fotos einer Inszenierung anbieten.

    Heinz

  2. @Heinz: Du bist ja auch ein gutes Beispiel, wie man Gruppen nutzen kann. Vermutlich würdest Du auf der seite nie so nah an Deine Fans rankommen wie in Deiner Gruppe.

  3. Ich bin auch ein Chronik-Aufschieber :)
    Danke für die Anregung zu den Gruppen! Ich hatte bisher noch keine gescheite Idee, wie ich sie nutzen könnte – jetzt werd’ ich mir das mal genauer anschauen.

  4. Hallo Christian,
    Schade ist es, dass die Beiträge von Dir und mir auf Facebookseiten von anderen fast zur Bedeutungslosigkeit minimiert werden. Dieses hemmt sehr, denn die Beiträge werden von den Lesern der Seite oft gar nicht war genommen. Hier hilft dann ungemein, wenn der Seitenbetreiber, den Beitrag noch einmal teilt.

    Ja Gruppen werden für die Kommunikation, das Anlegen von Veranstaltungen und das Unterbreiten von Angeboten immer wichtiger. z.Z. bin ich in über 50zig Gruppen präsent, um mal zu stöbern aber auch um unsere Ausstellungen u.a. zu präsentieren. Informationsbeschaffung, Kommunikation und Marketing sind halt Arbeit ;-) und wenn es Spaß macht ….

    Beste Grüße und Danke für Deinen Artikel
    FRank

  5. @osteseefanol: die Gruppen lohnen sich auf alle Fälle, ich lerne nirgendwo mehr.
    @frank8233: ja, das ist einerseits ein Vorteil, weil der Seitenbetreiber selbst mehr Präsenz bekommt und darüber hinaus natürlich auch Kritik besser aushalten kann, weil sie gar nicht so sichtbar ist. Auf der anderen Seite nimmt dieses Ungleichgewicht natürlich viel von der Lebendigkeit einer Seite. Ich habe früher auf meinen Seiten immer gerne über mein persönliches Profil gepostet. das mache ich nicht mehr, weil die Beiträge untergehen. Und so ist es halt nur noch die stARTconference, die postet. :-(

  6. […] spannenderweise mit den bisher für Marketingzwecke wenig beachteten Facebook-Gruppen. Den Vorteil der Facebook-Gruppen hat kürzlich auch Christian Henner-Fehr in seinem Blog wieder heraus […]

  7. Danke für den Hinweis auf die Spotify-Page. Wie kann ich denn meine Timeline so schön manipulieren (12. Jhdt, 13. Jhdt. …)? Das ist kein Standard-Feature, oder?

    Das mit dem Verstecken der Fremdbeiträge finde ich auch sehr ärgerlich. Ich würde mir wünschen, dass diese auf der Vioworld-Page präsenter wären – schließlich verstehen wir uns als Forum. Würden wir jetzt bei FB anfangen, wäre sicher eine Gruppe das Mittel der Wahl.

  8. Christian, two great points: that fan posts and mentions are not on equal footing with administrator posts, and that the “billboard” layout is not inituative for social network users. Thanks for your kind mention and inclusion of my “Returning to Facebook Groups” article in your post. I’ll have to check out the Gorki Theatres Gruppe!

    1. @Debra: Thanks for your comment and your post, that inspired me to write this article. I think we have to answer the question, how we can take advantage of both, pages and groups. A strategic approach is necessary otherwise we can’t tap the full potential of Facebook.

  9. […] Und um für seine (zahlenden) Kunden möglichst attraktiv zu sein, hat Facebook in den letzten Monaten an einigen Schrauben gedreht. So wurde zum Beispiel die neue Chronik eingeführt. Wer als Fan auf einer Unternehmensseite etwas postete, verschwand mit seinem Beitrag in einem kleinen kaum sichtbaren Kasten. Nicht ganz überraschend nahm die Interaktion zwischen den Unternehmen und ihren Fans ab, die Chronik ähnelte eher einer Plakatwand. Wem es wirklich um Kommunikation gehe, der solle, so schrieb Debra Askanase, eher auf die Facebookgruppen setzen (siehe dazu auch mein Blogpost “Warum ich Facebookgruppen mag“). […]

  10. […] Facebook ist und wird trotz vieler anderer Meinungen wichtig für die Arbeit im Internet bleiben. Gerade die Kommunikation in den Gruppen hat nach wie vor ein großes Potential. Facebook alleine reicht nicht für die Kommunikation. Aber Pinterest und Google+ bringen noch […]

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