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Im Bereich Subscription Economy haben wir in den letzten Jahren eine interessante Entwicklung erleben können. Während auf der einen Seite die klassischen Abos im Bereich der Tageszeitungen und der kulturellen Angebote (Theater, Konzert, etc.) rückläufig sind, profitieren andere Branchen davon, dass vor allem jüngere Menschen die Flexibilität von Abos schätzen. Ob Streamingplattformen (Netflix, Spotify), Softwaretools (Office 365) oder auch Kleidung, immer mehr Unternehmen springen auf diesen Zug auf. Uns interessieren an dieser Stelle natürlich die Abonnements, die im Kunst- und Kulturbereich angeboten werden. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Es geht abwärts mit diesem über Jahrhunderte bewährten Instrument der Kultureinrichtungen, mit dem Menschen langfristig an das eigene Haus gebunden wurden.
Aber muss das so sein? Ist das Abo noch zu retten? Und warum funktioniert das Abo in manchen Bereichen immer besser, in anderen hingegen immer schlechter? Rainer Glaap führt mit diesem Beitrag in das Thema ein und wird sich am 24. Januar im Treffpunkt Kulturmanagement mit der Zukunft des Abos im Kunst- und Kulturbereich beschäftigen. Wenn Sie über diese Zeilen hinaus mehr über das Thema erfahren wollen, Fragen haben oder mitdiskutieren möchten, laden wir Sie ein, am 24.1. um 9 Uhr mit dabei zu sein. Alle nötigen Informationen finden Sie am Ende des Textes (Christian Henner-Fehr).
Nach landläufiger Meinung und gestützt durch die jährliche Statistik des Deutschen Bühnenvereins seit 1966 (s. Bild) sinken die Zahlen der Theater-Abonnenten seit Jahrzehnten kontinuierlich. In der Saison 2015/16 betrug der Anteil der Karten im Abonnement am Gesamtverkauf lediglich noch 16,8 %, seinem niedrigsten historischen Wert seit 1966:
Der Rückgang scheint einem Naturgesetz ähnlich. Magnus Still, ehemaliger Intendant des finnischen Rundfunkorchesters, Berater und Buchautor („Fill every seat every week“) ist vor einigen Jahren angetreten, den Gegenbeweis zu erbringen. Seine Erfolge sind beeindruckend – zuletzt verkündete der Klassik-Konzertveranstalter Frankfurter Museumsgesellschaft, dass zur neuen Saison mehr als 800 Neu-Abonnenten mit seiner Unterstützung gewonnen werden konnten.
Magnus Still‘s Motivation ist, jede Vorstellung auszuverkaufen. Das Platzabonnement ist dazu ein wichtiger Baustein, weil es durch seine Regelmäßigkeit Sicherheit gibt: sowohl finanziell (es sichert frühzeitig Liquidität) als auch künstlerisch, denn ohne Abo würden sich die Menschen nur die Highlights aus dem Spielplan suchen und es bliebe kein Platz für Experimente (von denen es wenig genug gibt, in der Regel sind unter 5 % der Werke bei Symphoniekonzerten jünger als 50 Jahre, selbst Berlioz, ein Mann des 19. Jahrhunderts, gilt vielen noch als Neutöner, der den Konzerterfolg gefährden könne).
Gestützt auf mehrere tausend Interviews mit Abonnenten in mehreren europäischen Ländern stellte Magnus Still die These auf, dass der Versuch, jüngere Menschen für Abonnements zu gewinnen, scheitern muss: Unter 25 seien die Menschen fremdbestimmt (Elternhaus, Schule, Studium) und hätten i. d. R. weder Interesse noch genügend Geld für Abonnements. Zwischen 25 und ca. 60 seien die Menschen mit ihrem beruflichen Fortkommen, Familiengründung etc. beschäftigt – und erst danach seien sie bereit, sich wieder kulturell festzulegen. Das Durchschnittsalter der befragten Abonnenten lag dann auch bei 67 Jahren, der älteste neugewonnene Abonnent war über 80 Jahre alt.
Bei seiner Methode beruft sich Magnus Still auf den Klassiker des Abo-Ratgebers, Danny Newmanns „Subscribe Now!“ von 1983, der für ihn immer noch aktuell ist. Konsequenz ist das Mantra seiner Kampagnen: mehrstufige Mailings auf Papier mit einer Postkarte als Response-Element basierend auf klaren Segmentierungen in jeder Stadt. Preis und Inhalt der Veranstaltungen spielen nach seiner Erfahrung keine so große Rolle (gestützt übrigens durch die Erkenntnisse von Aubrey Bergauer vom California Symphony Orchestra, die in ihren Studien mit jungen Leuten herausgearbeitet hat, dass der Content, also die musikalische Programmierung, nie eine Rolle als Hinderungsgrund gespielt hat). Bei seinen Bemühungen gehe es aber nicht darum, das eine zu tun und das andere zu lassen: Neue Publikumsschichten zu gewinnen, sei nach wie vor superwichtig – nur eben nicht für Abokäufer.
Im Rahmen des Vortrags für den Treffpunkt Kulturmanagement werden auch die typischen Abo-Arten vorgestellt:
- Platzmiete (auch für gemischte Abos in unterschiedlichen Spielstätten),
- Scheck-Abo (x aus y) und
- Wahl-Abo inklusive Tausch- und Zusatzgutscheinen sowie
- Theatercards
Über Rainer Glaap
Rainer Glaap ist Product Marketing Manager für die Ticketinglösung EVENTIM.Inhouse, die europaweit bei mehr als 400 Kunden im Einsatz ist. Dazu leitet er die Redaktion des neuen ONLINE-Magazins HEADLINER auf eventim.de.
In seiner Freizeit widmet er viel Zeit gleich zwei Theaterfördervereinen und unterrichtet gelegentlich Kulturmanager. Er geht rasend viel ins Theater, in die Oper und in Konzerte. Zur Zeit beschäftigt er sich mit der Aufbereitung eines Theater-Lexikons von 1841, die darin enthaltenen „Theater-Gesetze“ liegen bereits vor (bei Interesse: rainer@glaap.de).
Über den Treffpunkt Kulturmanagement
Der Treffpunkt KulturManagement ist das gemeinsame Onlineformat von Projektkompetenz.eu, Kulturmanagement Network und der stARTconference. Die Teilnahme ist wie immer kostenlos, Sie müssen keine Software installieren, um dabei sein zu können. Es reicht wenn Sie am 24. Januar 2018 um 9 Uhr über diesen Link https://zoom.us/j/651295114 den Onlineraum betreten. Der #kmtreff wird außerdem via Facebook live gestreamt, Sie finden den Link dann am kommenden Mittwoch auf der Facebookseite des Treffpunkt Kulturmanagement.
Update:
Wer am 24.1. keine Zeit hatte, kann sich hier die Aufzeichnung des Treffpunkt Kulturmanagement anschauen:
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