Ein Blog, in dem Sie nur Pressemeldungen finden, werden Sie wahrscheinlich, so Sie nicht JournalistIn sind, nicht lange lesen. Einer Organisation, die nur Veranstaltungsankündigungen über Facebook und/oder Twitter verschickt, werden Sie nicht folgen, weil Sie diese Informationen, so sie für Sie einen Wert darstellen, auch an anderer Stelle finden. Und das unter Umständen leichter als im Nachrichten-Stream auf Twitter.
Katrin Kiefer spricht in diesem Zusammenhang von “alter Kommunikation in neuen Kanälen” und bezieht das auf die vielen NPOs, die mittlerweile im Social Web zu finden sind. Was man anders machen könnte, wissen wir alle: Dialog, Transparenz, Authentizität und Partizipation sind die Schlagworte, mit denen sich umschreiben lässt, worauf es ankommt.
Nur: so leicht lässt sich der Schalter nicht umlegen. Was aber tun? “Welche Schritte müssen NPOs intern vollziehen, um Social Media erfolgreich einsetzen zu können?” Diese Frage stellt Katrin Kiefer im Rahmen der NPO-Blogparade auf ihrem Blog netzwerkPR. Vordergründig lässt sich die Frage ganz einfach beantworten: Abkehr vom Management-Ansatz des industriellen Zeitalters, wie es Mike Gotta in seinem Blogpost “Socializing At Work – No Longer A Waste Of Time” genannt hat und die Entwicklung einer Unternehmenskultur, die vor allem auf partizipativen Ansätzen aufbaut.
Ganz so einfach ist die Sache dann aber doch nicht. Ein paar Anmerkungen:
Was heißt schon erfolgreich?
Das erste Problem taucht bereits beim Versuch auf, den angestrebten Erfolg zu bestimmen. Erfolg heißt in der Regel, dass ich einen bestimmten Bedarf habe und aus dem Einsatz eines Produktes einen Nutzen ziehen kann (siehe dazu mein Blogpost “Wie verkaufen Sie Kundennutzen?” ). Ob NPO oder Kunstbetrieb, meist wird es darum gehen, Aufmerksamkeit zu erregen, die eigenen Angebote besser zu verkaufen und höhere Einnahmen zu lukrieren.
Das sind alles wichtige Punkte, keine Frage, aber das Social Web ist eigentlich nur ein Weg, um mit anderen Menschen zu kommunizieren und dabei über einen Rückkanal zu verfügen. Das heißt, ich habe die Möglichkeit, mit den verschiedenen Interessensgruppen einen Dialog zu führen. Gelingt mir das, kann man eigentlich schon von einem erfolgreichen Social Media-Einsatz sprechen, denn ob mir dann jemand Geld spendet (NPO) oder meine Ausstellung besucht (Kunst), hängt ja nicht von Twitter ab, sondern von vielen anderen Faktoren, die mit Social Media nicht unbedingt etwas zu tun haben.
Auf der anderen Seite ist es schwierig, über Erfolgskriterien zu sprechen, wenn sich mir das Potenzial des Web 2.0 noch nicht vollständig erschlossen hat. Ein erfolgreicher Social Media-Einsatz kann auch darin bestehen, interne Prozesse zu verbessern. Ob das nun die konkrete Zusammenarbeit ist oder das Bewahren des vorhandenen Wissens, der interne Nutzen der verschiedenen Tools wird gerne übersehen oder ist vielleicht gar nicht gewünscht.
Enterprise 2.0 als Voraussetzung für Web 2.0?
Womit wir bei der Frage wären, ob sich in einer normalen – in der Regel hierarchischen – Struktur so einfach neue Strukturen einbauen lassen, die ganz anderen Grundsätzen gehorchen und völlig andere Abläufe haben als sie die Organisation kennt? Ich denke, die Behauptung, eine Organisation muss die Werte Transparenz, Vertrauen, etc. leben, damit sie auch über die Social Media-Kanäle authentisch rüberkommt, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Das würde dann aber heißen: erst wenn die Unternehmenskultur den Werten des Social Web entspricht, lohnt sich der Einsatz von Social Media.
Das hieße: bitte warten, denn welches Unternehmen ändert seine Unternehmenskultur, um dann später mal twittern zu können? Der Ansatz, auf die passende Unternehmenskultur zu warten, ist also unrealistisch. Auf der anderen Seite wird aber eine streng hierarchische Organisation, die nur Top-Down-Entscheidungsprozesse kennt, Schwierigkeiten haben, ein Blog einzusetzen. Die Gefahr, die Kommunikation nicht kontrollieren zu können und öffentlicher Kritik ausgesetzt zu sein, wiegt zu schwer. Zwar gibt es dann unter Umständen eine Facebook-Seite, einen Twitter-Account oder ein Blog. Aber das ist dann halt lediglich alter Wein in neuen Schläuchen. Das heißt, Web 2.0 garantiert keine Unternehmenskultur 2.0.
Vielleicht lohnt es sich, noch einmal einen Blick auf die dreiteilige Präsentation “Wissensmanagement im Enterprise 2.0” (Teil 1, Teil 2, Teil 3) von Simone Happ, Christoph Rauhut und Frank Wolf zu werfen.
“Die passende Kultur ist ein Ziel, keine Voraussetzung”
Dieser Satz befindet sich auf Folie 56 von Teil 3 und drückt für mich aus, dass sich die Unternehmenskultur und die Kommunikation (via Social Media) gleichzeitig oder im Wechselspiel entwickeln müssen. Das eine kann ohne das andere nicht funktionieren. Die Frage ist, ob man das wirklich will. Würde man es ausdiskutieren, dann käme wahrscheinlich häufig ein klares Nein heraus. Veränderung ist immer mit einem Aufwand verbunden und wenn man sich irgendwo gemütlich eingerichtet hat, warum sollte man dann diesen netten Platz wieder aufgeben?
Das heißt, eine Kommunikation über die verschiedenen Social Media-Kanäle unter Einbeziehung aller einzurichten ist eine ziemlich große Herausforderung, wenn man weiß, dass damit manch alte Strukturen und Werte obsolet werden. Dieser von allen getragene Veränderungswille ist wahrscheinlich nur selten irgendwo anzutreffen. Wie aber kommt die Sache ins Rollen? Häufig sind es Kleinigkeiten, die den Einstieg möglich machen und dann eine Entwicklung anstoßen, deren Ende man zu dieser Zeit gar nicht abschätzen und deren Konsequenzen man nicht einschätzen kann.
Manchmal kann es eine Facebook-Seite sein, auf der ein Mitarbeiter zu kommunizieren beginnt, ein Twitter-Account, über den plötzlich aus dem Theater, dem Museum berichtet wird. Und das ohne irgendwelche Marketingziele, einfach, weil es Spaß macht. Die Impulse, die von solch einer “Aktion” ausgehen, soll man nicht unterschätzen. Das Problem ist nur, dass sich so etwas kaum planen lässt. Solche Dinge passieren einfach und so weiß ich nicht, ob sich die Frage, die Katrin Kiefer im Rahmen der NPO-Blogparade gestellt hat, eigentlich wirklich beantworten lässt?
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