Orchester und Social Media: eine Umfrage

Vielleicht erinnern Sie sich noch an das eBook “Orchestras and New Media” , das Marc van Bree vor einiger Zeit veröffentlicht hat? Nun hat der gebürtige Niederländer, der derzeit in Chikago lebt, die Ergebnisse einer Umfrage veröffentlicht, die er in den letzten Monaten durchgeführt hat.

Social Media ist im Orchesterbereich angekommen, dessen Bedeutung wird anerkannt, allerdings weiß noch niemand so recht, was man damit machen soll. Oder mit den Worten Marc van Brees:

“(…) the survey found that social media activities, familiarity and usage seem to be widespread among orchestras. Managers find social media important and organizations are generally enthusiastic. However, the efforts are far from organized and strategic. It seems many orchestras are dipping their feet in the social media pool, but do not have the policies, budgets, and metrics in place to effectively use the tools at their disposal, even if they do recognize the need for checks and balances.”

So fasst er die Ergebnisse in einem Blogpost zusammen. Vereinfacht gesagt geht es mittlerweile nicht mehr um die Frage, was Social Media ist, sondern was man damit erreichen kann? Aber schauen wir uns die Ergebnisse, die Marc van Bree in einer Präsentation zusammengefasst hat, doch einmal genauer an.

Von den 53 verschickten Fragebögen erhielt van Bree 15 ausgefüllt wieder zurück, die Orchester teilte er nach ihren Umsätzen in drei verschiedene Gruppen ein (2,5 – 5,2 Mio $, 5,2 – 13,6 Mio $, >13,6 Mio $). Mehr als die Hälfte von ihnen, nämlich 53% verfügen über kein Budget für Social Media-Aktivitäten, 20% von ihnen bleiben unter der 1.000 $ Grenze, d.h. nur 27% verfügen über ein Budget von mehr als 1.000 $ (siehe dazu Folie 5). Bei jährlichen Umsätzen von 2,5 Mio $ aufwärts eine Relation, die das steigende Interesse an Social Media noch nicht ganz ausdrückt, auch wenn Löhne und Gehälter nicht im Social Media-Budget enthalten sind.

Folie 6 macht deutlich, dass die Bedeutung von Social Media mittlerweile anerkannt wird. Dass die Aktivitäten nicht nur als Spielerei gesehen werden, zeigt der verbreitete Wunsch, diese auch messen zu können. Interessant ist in meinen Augen die Tatsache, dass die Orchester, die über ein Social Media-Budget verfügen, unterdurchnittlich wenig Ahnung von dieser Materie haben. Man könnte vermuten, dass dieses Budget dafür da ist, sich Expertenwissen einzukaufen. Allerdings ist das bei den relativ bescheidenen Budgets nicht so ganz einfach.

Keine Überraschung ist es, dass von den 15 Orchestern, die den Fragebogen zurücksandten, alle über ein Facebook-Profil und 12 Orchester über einen Twitteraccount verfügen (Folie 7). Nur relativ wenige Orchester hingegen nutzen die Fotoplattform Flickr. Das ist erstaunlich, schließlich sind Fotos schnell gemacht und lassen sich vielseitig einsetzen.

Dass nur ein Drittel der Befragten ein Weblog betreibt, bedauere ich persönlich, denn dieses Tool ist für die inhaltliche Diskussion besser geeignet als alle anderen. Aber vielleicht sind die Orchester da einfach noch nicht so weit?

Ein Facebook-Profil, einen Twitteraccount oder einen YouTube-Channel zu haben ist die eine Sache. Wie aktiv aber sind die Orchester im Social Web? Immerhin 80% der befragten Orchester reagieren auf Fragen oder Kommentare (siehe Seite 11 desReports, den Sie hier downloaden können), gut die Hälfte von ihnen bereitet Presse- und Marketingmaterial für Social Media-Aktivitäten auf und immerhin 40% von ihnen sprechen Blogger an.

Welche Ziele werden mit den Social Media-Aktivitäten verfolgt? Es geht vor allem um höhere Zugriffszahlen, der Wunsch, den Kundenservice zu verbessern, folgt erst an vierter Stelle. Interessant, dass unter insgesamt acht aufgeführten Zielen Fundraising an letzter Stelle liegt (Folie 8). Im Report finden sich auf Seite 13 zwei wichtige Ergänzungen. Zum einen taucht dort die Idee des Community-Building auf, darüber hinaus wird dort der Wunsch genannt, mit Hilfe von Social Media mehr über das Publikum zu erfahren.

Die größte Herausforderung besteht wohl darin, geeignete Kennzahlen zu entwickeln, um den Erfolg der Social Media-Aktivitäten messen zu können.

“None of the orchestras indicated they have implemented or established metrics for measuring social media activities”,

schreibt Marc van Bree in seiner Präsentation (Folie 9). Die Notwendigkeit solcher Kennzahlen haben 73% der befragten Orchester erkannt, die restlichen 27% arbeiten bereits an der Entwicklung solcher Kennzahlen.

Beim Monitoring verwenden die meisten der befragten Orchestermanager Google Alerts (87%), womit aber kein dezidiertes Monitoring der Social Media-Aktivitäten möglich ist (mehr dazu siehe Report S. 13).

Zusammenfassend lässt sich sagen: die Orchester haben die Startblöcke verlassen, nun geht es ans Laufen. Ohne Geld wird es wohl nicht gehen, d.h. es müssen entsprechende Budgets bereitgestellt werden, sonst bringen Facebook, Twitter und die anderen Kanäle relativ wenig. Welche Ziele aber lassen sich damit erreichen, was bringt Social Media? Und wie lassen sich dann die Erfolge messen? Ich habe hier in diesem Blog immer wieder auf das Potenzial hingewiesen und mich auch mit der Frage, wie sich der Erfolg von Social Media messen lässt, beschäftigt (siehe dazu den Beitrag “Social Media: wann weiß ich, ob ich erfolgreich bin?“). Ich denke, um genau diese Themen muss es in den nächsten Monaten gehen, nicht zuletzt auf der stART.10.

Mein Dank geht an Marc van Bree für seine Arbeit und die Bereitschaft, die Ergebnisse mit anderen zu teilen.

Update: Mittlerweile gibt es dazu auch einen Beitrag von Drew McManus auf Adaptistration sowie einen Gastbeitrag von Marc van Bree bei Beth Kanter.


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4 Antworten zu „Orchester und Social Media: eine Umfrage“

  1. […] have chimed in already: Drew McManus: Adaptistration Christian Henner-Fehr: Das Kulturmanagement Blog Guest post on Beth’s […]

  2. Vielen Dank, Christian, für diesen Beitrag. Und ich stimme zu, vielleicht der interessanteste Punkt ist dass Orchester ihre Aktivitäten nicht sehr gut messen.

    Ich werde einige der anderen Punkte in der laufenden Diskussion zu verwenden. Danke!

  3. Interessanter Beitrag und gut aufbereitet.
    Beste Grüße – FRank

  4. @Marc: But before you can measure your activities, you have to define your goals. May be we can give support talking about goals, objectives and strategies concerning social media.

    @frank: danke :-)

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