Wer Kultureinrichtungen auf Twitter oder Facebook folgt, wird in der Regel informiert. “Morgen spielen wir das und das” oder “wir laden Sie ein zu…”, so ähnlich klingen die Botschaften, die da unter die Fans oder Follower gestreut werden. Ab und zu kommt dann noch der Link zu einer Besprechung dessen, was man da gerade anbietet. In der Regel wird das Konzert, die Austellung oder das Stück gelobt, denn sonst wäre man ja blöd, darauf zu verlinken.
Kurz und gut: vom Hocker reißt das wohl keinen Follower oder Fan. Während also die meisten Theater, Museen, etc. noch verzweifelt auf der Suche nach der zündenden Idee sind, ist die Filmbranche schon einen Schritt weiter. Sie setzt Twitter und Facebook schon fast ganz selbstverständlich für die Promotion der neuesten Filme ein und entwickelt dabei ganz gute Ideen.
Ein ganz aktuelles Beispiel habe ich in Norbert Hillingers Blog Filmvermarktung 2.0 gefunden. In seinem Beitrag “Neue Filmpromos auf Twitter” macht er auf die Kampagne für den gerade anlaufenden Film “Das Kabinett des Dr. Parnassus” aufmerksam.
Im Film geht es um Doktor Parnassus, der für seine Unsterblichkeit einen hohen Preis zahlen muss. Seinem Gegenspieler Mr. Nick verspricht er dafür die Seelen seiner Kinder, wenn die das 16. Lebensjahr erreichen. Kurz bevor seine Tochter das entsprechende Alter erreicht, bietet ihm Mr. Nick eine Wette an: Schafft er es, innerhalb von drei Tagen fünf Seelen aufzutreiben, darf er seine Tochter behalten.
Hier setzt nun die Twitter-Kampagne an. Die Agentur Inpromo hat die beiden Kontrahenten mit einem Twitteraccount ausgestattet und so kann man Doktor Parnassus und Mr. Nick auf Twitter verfolgen. Hier setzen die beiden ihren Kampf um die Seelen fort. Um zu verstehen, worum es konkret geht, muss man eine Fanseite auf Facebook besuchen. Dort heißt es dann:
“Parnassus braucht eure Hilfe – bringt eure Follower dazu, Mr. Nick zu folgen. Je mehr Seelen ihr ihm beschert, desto hoeher ist eure Chance auf den Haupt- und Tagesgewinn.”
Wobei jeder Follower als eine Seele zählt. Die Idee ist also, die eigenen Follower dazu zu bringen, Dr. Parnassus und Mr. Nick zu folgen. Wer über gute Überredungskünste verfügt, hat also gute Chancen auf die Preise.
Das Zusammenspiel zwischen Facebook und Twitter funktioniert ganz gut, wie dieses Beispiel zeigt:
Diese Wette hat Mr. Nick verloren, auf Facebook finden sich unter dem Video genau 31 Kommentare.
Die Intention ist es also, die Geschichte des Films im Social Web weiterleben zu lassen und die Fans dabei einzubeziehen. Dieser Ansatz funktioniert vermutlich bei Filmen besonders gut, aber auch in anderen Kunstsparten, etwa Theater und Literatur sollte so etwas möglich sein. Schließlich werden auch hier Geschichten erzählt.
Eines wird aber bei diesem Beispiel deutlich: Kampagnen funktionieren im Social Web nicht wirklich. So kommt Mr. Nick nur auf aktuell 83 Follower, Dr. Parnassus schafft 93. Und auch die 52 Fans auf Facebook reißen einen nicht von den Socken. Heißt das nun, dass Social Media-Kampagnen keinen Sinn machen? Ich denke nicht, allerdings muss man sich vom reinen Kampagnendenken verabschieden. Bei Null beginnen und dann vier Wochen auf Twitter und Facebook aktiv zu sein, um danach wieder zu verschwinden, ist eine (vermutlich) teure Geschichte, die wenig bringt bzw. mehr bringen könnte. Bis jemand davon erfährt, ist die Sache schon wieder vorbei.
Notwendig ist, so denke ich, eine gewissen Kontinuität, d.h. es bedarf einer Community, die sich schon gebildet hat, bevor die Kampagne startet. Das heißt: erst die Community, dann die Kampagne. Sonst wird da meiner Meinung nach viel Potenzial verschenkt. Für die Filmbranche ist das eine echte Herausforderung, denn schließlich sind die verfilmten Geschichten recht unterschiedlich und richten sich an unterschiedliche Zielgruppen. Für ein Theater oder ein Museum könnte das leichter sein, denn hier ist das inhaltliche Feld meist nicht so weit gesteckt wie bei einer Fimproduktionsfirma. Ideen sind also gefragt, da kommen solche Beispiele gerade recht.
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