Bild: Old Idea“; von Fran Parra Carrión (CC BY-SA 2.0) auf Flickr
Eigentlich ist das, was wir derzeit rund um die Entwicklung der digitalen Technologien erleben, genau das, wovon Kulturbetriebe immer geschwärmt haben. Noch heute stehen viele derer, die voller Idealismus und inhaltlich getrieben im Kunst- und Kulturbereich arbeiten, Marketing und Werbung skeptisch bis ablehnend gegenüber. “Wir wollen unsere künstlerische Arbeit nicht bewerben, uns geht es um die Inhalte.” Solche Aussagen gab es früher, solche Aussagen gibt es auch heute noch. Der Unterschied: Heute entsprechen sie den Entwicklungen, die wir derzeit erleben. Brian Solis spricht in diesem Zusammenhang von digitaler Transformation. In seinem Beitrag “2014 – The Embolden Years: Change agents lead the way for digital transformation” stellt er seine Agenda für das gerade begonnene Jahr vor. Dabei geht es im besonders um die Weiterentwicklung des Social Business, ein Thema, mit dem er sich bereits im letzten Jahr intensiv beschäftigt hat.
Während Social Media für Solis eher ein Ansatz ist, mit dessen Hilfe wir vom Broadcasting-Modell Abschied nehmen können, siedelt er den Begriff Social Business auf einer Ebene an, auf der es um Werte, Haltungen und Weltanschauungen geht (Die wichtigsten Punkte seines dazu erschienenen eBooks habe ich in meinem Beitrag “Und es geht weiter: von Social Media zum Social Business” zusammengefasst).
Social Business betrifft das ganze Unternehmen
Die Aktivitäten im Social Web sind für Solis nur der Teil eines großen Ganzen, wo die alles entscheidende Frage nicht mehr die nach der Zahl der Fans auf der Facebookseite ist, sondern die nach der Unternehmenskultur. Veränderungen stehen an und dass die nicht bei den PraktikantInnen, die für Social Media zuständig sind, ihren Ausgangspunkt nehmen können, dürfte uns allen klar sein. Wobei: Wir sollten den Beitrag nicht unterschätzen, den die Kommunikation im Social Web hierzu leistet. Allerdings geschieht das meist unbeabsichtigt. Noch. Aber keine Sorge, das ist kein Phänomen, das wir nur im Kunst- und Kulturbereich antreffen.
Social Business, das heißt vereinfacht gesagt, die Aktivitäten im Social Web mit den Zielen eines Unternehmens und auch mit den Zielen einer Kultureinrichtung zu verbinden. Diese Entwicklung hin zum “social” muss von oben erfolgen, also von den Führungskräften ausgehen.
“This is less about technology and more about how transparency, authenticity, internal and external engagement, et al are used to influence new vision, philosophies, strategies and supporting systems that build meaning relationships and experiences with customers, employees and stakeholders alike,”
schreibt Solis und macht damit deutlich, dass es um mehr geht als die Frage nach der richtigen Plattform. Gefragt sind neue Managementansätze, die über das im Kunst- und Kulturbereich noch immer als innovativ geltende “Management by Objectives” hinausgehen.
Aber nicht nur intern stehen Entwicklungen an, die an den Kulturbetrieben nicht spurlos vorüber gehen werden. Auch das Publikum, die KundInnen werden an Bedeutung gewinnen und mit dazu beitragen, dass Innovation stattfindet.
Customer Experience führt Marketing, Verkauf, Kundenservice und IT zusammen
Während in den USA Stiftungen immer wieder Studien in Auftrag geben, die versuchen, etwas über die NutzerInnen von Kunst und Kultur herauszufinden, wissen wir hier noch relativ wenig über diese Menschen. Auf welchen Wegen finden sie in die Ausstellungen, Konzerte oder kaufen Bücher und CDs? Wo lassen sich diese Menschen überhaupt ansprechen und für kulturelle Angebote gewinnen? Immer häufiger taucht in diesem Zusammenhang der Begriff der “Customer Journey” auf, um herauszufinden, wie diese Wege eigentlich aussehen. Wichtig in diesem Zusammenhang ist die Customer Experience (CX), ein weites Feld, das für Solis nicht mehr nur auf das Marketing beschränkt bleibt:
“New areas of expertise will also be necessary to support these new efforts ranging from experience architects to digital anthropologists to data scientists to cross media strategists.”
Welche Kultureinrichtung beschäftigt sich mit solchen Themen? Vermutlich noch keine, aber nachdem diese Entwicklung gerade erst begonnen hat, ist das (noch) kein Problem. Aber diese Herausforderungen komen auf den Kunst- und Kulturbereich zu, was bedeutet, dass wir uns schon mal anfreunden können mit Begriffen wie “journey mapping”, “experience architecture” oder “digital anthropology”, um nur einige zu nennen, die Solis in seinem Artikel anspricht.
Die Begriffe sind das eine, entscheidend sind aber Erkenntnis und Bereitschaft, sich auf diejenigen einzulassen, für die wir die Arbeit in den Kultureinrichtungen machen, die BesucherInnen, das Publikum. Und das ist genau das, was Kultureinrichtungen immer als ihr Anliegen genannt haben, wenn sie sich gegen Marketing und Werbung gewehrt haben. Jetzt ist die Chance da, mit ausgelöst durch die Entwicklungen im Technologiebereich.
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