Bild: The Irish Museum of Modern Art“; von William Murphy (CC BY-SA 2.0) auf Flickr
Am stARTcamp in Münster kam der Vorwurf auf, die Kunstvermittlung sei oft banal und als dann ein paar Tage später Wolfgang Ullrich, Professor für Kunstgeschichte, in der ZEIT “Stoppt die Banalisierung!” forderte, begann eine ganz interessante Diskussion. Tanja Praske hat die Links dankenswerterweise gesammelt, und stellt gleich eingangs in ihrem Blogbeitrag die Frage, ob die Kunstvermittlung die Schuld an der Banalisierung der Kunst trage?
Im Wikipedia-Eintrag kann man nachlesen, dass etwas dann banal ist, wenn es einen durchschnittlichen Ideengehalt aufweist. Wenn ich Kunst banalisiere, dann kann das bedeuten, dass ich mit meiner Vermittlungsarbeit der hohen Qualität der Kunst nicht gerecht werde. Es kann aber auch andersherum sein und eine eher banale Kunst erfährt durch die Vermittlungsarbeit eine Aufwertung. Außerdem besteht noch die Möglichkeit der bewusst inszenierten Banalität, um meine Zielgruppe nicht zu überfordern. Ach ja, es kann ja auch sein, dass die Kunst eine ganz tolle ist und die Vermittlungsarbeit ebenso. Theoretisch kann, aber muss Kulturvermittlung also nicht banal sein und wenn sie banal ist, gibt es dafür verschiedene mögliche Ursachen.
Und wie sieht die Praxis aus? Daniel Tyradellis hat vor einem Jahr das Buch “Müde Museen” (Affiliate Link) veröffentlicht, in dem er den Museen Ideenmangel und fehlenden gedanklichen Tiefgang vorwirft. Für ihn erstarren die Museen in Routine und kümmern sich zuwenig um die Inhalte. Inhalte, auf die die Kunstvermittlung gar keinen Zugriff hat:
“Mangels Zugriff auf den Inhalt wird eine Qualität und Attraktivität auf der Oberfläche angestrebt; hier erst etabliert sich das Verständnis von ‘Vermittlung’ als methodische und vom konkreten Inhalt weitgehend unabhängige Disziplin” (Position 653),
schreibt Tyradellis und ist davon überzeugt, dass diese Expertise durchaus Anerkennung in den Museen findet, weil sie das “Terrain der anderen” nicht bedroht.
Dieser Punkt kommt mir bekannt vor. Frank Tentler erklärt den Kultureinrichtungen schon seit Jahren, dass sie im Bereich Social Media gegenüber allen anderen einen großen Vorteil hätten, weil sie über unendlich viele Inhalte verfügen würden. Das sehe ich auch so, allerdings hat die Sache einen Haken: Die Inhalte bleiben bei denen hängen, die für die inhaltliche Konzeption zuständig sind, alle anderen bekommen die Inhalte entweder gar nicht oder viel zu spät. Ob Kunstvermittlung oder Marketing, was in einer Ausstellung zu sehen ist und welche Konzeption dahinter steckt, das bleibt lange ein Geheimnis. Zu lange, genau aus diesem Grund bleibt die Kunstvermittlung an der Oberfläche und ergeht sich in der Verwendung neuer Technologien. Auch ein vernünftiges Contentmarketing bleibt so auf der Strecke. Beide Bereiche sollten eigentlich den Entstehungsprozess begleiten und entsprechend kommunizieren. Derzeit liegt das Hauptaugenmerk vor allem auf dem fertigen “Produkt”, der Ausstellung.
Dabei sind es vor allem die Inhalte, die mich dazu bringen, eine Ausstellung zu besuchen. Inhalte gibt es aber anfangs noch keine, stattdessen wird lieber auf Namen und die große Anzahl an ausgestellten Werken verwiesen. Mich lockt man damit nicht an und vermutlich geht es nicht nur mir so. Wenn wir mal davon ausgehen, dass die Konzeption einer Ausstellung qualitativ hochwertig ist, dann müssen die Inhalte einfach viel früher kommuniziert werden, um neugierig zu machen, um Menschen für das Thema zu gewinnen und vielleicht sogar deren Expertise nutzen zu können.
Natürlich sind die Strukturen in den Museen über Jahrzehnte beziehungsweise Jahrhunderte gewachsen. Aber ich denke, es wäre an der Zeit, über ihre Veränderung nachzudenken. Nötig ist es in meinen Augen, das gesamte Haus und darüber hinaus alle, die mit der jeweiligen Ausstellung zu tun haben, am Entstehungsprozess zu beteiligen. Sonst wird der Vorwurf der Banalität nicht zum letzten Mal zu hören gewesen sein.
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